Weg der Träume
oder?«
Miles verweigerte die Antwort, und Sarah spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte.
»Hör mir zu, Miles«, begann sie. »Ich weiß, dass es dir nicht gefällt, aber ich finde, dass Charlie Recht hat. Überlass Otis den anderen.«
»Warum? Damit sie es ein zweites Mal verpfuschen können?«
»Niemand hat es verpfuscht.« Miles' Augen blitzten.
»Nein? Warum läuft dann Otis frei herum? Warum musste ich Leute finden, die gegen ihn aussagen? Warum haben sie damals nicht genauer nach Beweismitteln gesucht?«
»Vielleicht gab es keine«, antwortete sie ruhig.
»Warum musst du unbedingt den Advocatus Diaboli spielen? Diesen Unfug hast du gestern auch schon verzapft.«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Doch. Du hast mir überhaupt nicht zugehört.«
»Ich wollte nur nicht, dass du irgendetwas unternimmst, das…«
Er hob abwehrend die Hände. »Ja, ich weiß schon. Du und Charlie. Ihr habt beide keine Ahnung, worum zum Teufel es hier geht.«
»O doch«, sagte Sarah und versuchte, gleichmütig zu klingen.
»Du glaubst, Otis ist schuld, und willst Rache. Aber was ist , wenn du später herausfindest, dass Sims und Earl sich getäuscht haben?«
»Getäuscht?«
»Bei dem, was sie gehört haben, meine ich…«
»Du glaubst, sie lügen? Alle beide?«
»Nein. Ich sage nur, sie haben sich vielleicht verhört. Vielleicht hat Otis es gesagt, aber nicht so gemeint. Vielleicht hat er es nicht getan.«
Miles war wie vom Donner gerührt. Sarah sprach weiter, ohne den Kloß in ihrer Kehle zu beachten.
»Ich meine - was ist, wenn du merkst, dass Otis unschuldig ist? Ich weiß, ihr beide habt Probleme miteinander…«
»Probleme?«, unterbrach er sie. Den Blick unverwandt auf sie gerichtet, trat er näher. »Wovon redest du, zum Teufel? Er hat meine Frau umgebracht, Sarah!«
»Das weißt du doch nicht…«
»Doch, das weiß ich.«
Er kam noch näher. »Was ich nicht weiß, ist, warum du so davon überzeugt bist, dass er unschuldig ist.«
Sie schluckte. »Das sage ich gar nicht. Ich sage nur, du solltest die Sache Charlie überlassen, damit du nichts tust, was…«
»Was zum Beispiel? Ihn umbringen?«
Sarah antwortete nicht. Miles stand dicht vor ihr. Seine Stimme war seltsam tonlos. »So wie er meine Frau umgebracht hat, meinst du?«
Sie wurde blass. »Miles - bitte sag so etwas nicht. Du musst an Jonah denken.«
»Lass Jonah aus dem Spiel.«
»Es ist aber wahr. Er ist alles, was du hast.«
»Glaubst du, das weiß ich nicht? Was meinst du, warum ich nicht gleich abgedrückt habe? Ich hatte die Gelegenheit, aber ich habe es nicht getan.«
Miles schnaubte und wandte sich von ihr ab. »Ja, ich wo llte ihn erschießen. Ich finde, das verdient er für seine Tat - Aug um Auge, richtig?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich will, dass er bezahlt. Und das wird er. So oder so.«
Damit ging er abrupt zur Tür und knallte sie hinter sich zu.
Kapitel 32
In dieser Nacht schlief Sarah nicht. Sie würde ihren Bruder verlieren. Und sie würde Miles Ryan verlieren.
Im Bett fiel ihr der Abend ein, an dem sie und Miles sich zum ersten Mal in diesem Raum geliebt hatten. Sie erinnerte sich an alles - wie er ihr zugehört hatte, als sie ihm erzählte, sie könne keine Kinder bekommen, sein Gesicht, als er ihr sagte, er liebe sie, daran, wie sie hinterher stundenlang miteinander geflüstert hatten, und an den Frieden, den sie in seinen Armen gefunden hatte.
Es hatte sich so gut angefühlt, so richtig.
Die Stunden nach Miles Aufbruch hatten ihr keine Antwort gebracht. Doch das taube Gefühl war vergangen, und sie konnte wieder klar denken und wusste, dass - ganz gleich, wie sie sich entscheiden würde - nichts jemals wieder so sein würde wie vorher.
Es war vorbei.
Wenn sie es Miles nicht erzählte - wie sollte sie ihm dann in Zukunft in die Augen schauen? Undenkbar, dass sie mit Miles und Jonah bei sich in der Wohnung unter dem Weihnachtsbaum saß und Geschenke auspackte, während sie und Brian mit einem Lächeln auf dem Gesicht so taten, als wäre alles in Ordnung. Undenkbar, dass sie in Miles' Haus die Fotos von Missy anschaute oder mit Jonah spielte - und verschwieg, dass Brian Jonahs Mutter überfahren hatte. Es wäre Unrecht. Miles war wild entschlossen, Otis für sein Verbrechen bezahlen zu lassen. Sie musste ihm die Wahrheit sagen, und wenn auch nur, um dafür zu sorgen, dass Otis nicht für etwas bestraft wurde, das er nicht getan hatte.
Und vor allem hatte Miles ein Recht darauf, zu erfahren, was seiner Frau wirklich
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