Weg mit den Pillen
ausreichenden Konsum von Obst und Gemüse dürften neben dem Verzicht auf Rauchen und Einschränkung des Alkoholkonsums die wichtigsten Maßnahmen sein, um Krebs zu verhindern. 62 Während Rauchen vor allem für Lungenkrebs eine wichtige Rolle spielt, der sehr aggressiv und schwer zu behandeln ist, und Alkohol vor allem für Darmkrebs, ist Übergewicht ein Risikofaktor, der über alle Krebsarten hinweg von Bedeutung ist. Frauen mit Brustkrebs zum Beispiel, die seit ihrem 20. Lebensjahr bis zur Diagnose 16 Kilogramm zugenommen haben, haben ein doppelt so hohes Risiko, an der Erkrankung zu sterben. Die Bedeutung des Alkohols illustrieren folgende Zahlen: Frauen, die 22 – 27 alkoholische Einheiten (eine Einheit ist ein kleines Bier oder ein kleines Glas Wein) pro Woche konsumieren, haben ein 2,3-fach so hohes Risiko an Brustkrebs zu erkranken als solche, die nur eine bis drei alkoholische Einheiten pro Woche zu sich nehmen. 63
Mit einer Gewichtszunahme meistens eng vergesellschaftet ist der überhöhte Konsum gesättigter und hydrogenierter Fette. Sie leisten einen weiteren Beitrag zur Erhöhung des Krebsrisikos und kommen vor allem in tierischen Produkten, in billigen Pflanzenölen und Margarinen vor. 64
Prostatakrebs ist auf dem Vormarsch. Weltweit und in den USA ist er bereits die häufigste Krebserkrankung bei Männern – häufiger als Brustkrebs bei Frauen. Weltweit ist es der zweithäufigste Krebs nach Lungenkrebs. Es gibt zwar auch sehr gute Behandlungsmöglichkeiten und die Sterblichkeit an Prostatakrebs hat eindeutig abgenommen. In Europa liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 78 Prozent, das heißt gut drei Viertel aller Patienten, bei denen Prostatakrebs diagnostiziert und behandelt wurde, überleben mindestens fünf Jahre. 65
Die Cochrane Collaboration ist ein loses Netzwerk von Wissenschaftlern, die unabhängig von irgendwelchen Interessen wissenschaftliche Informationen zusammentragen und sogenannte »systematische Überblicksarbeiten« veröffentlichen, also die Zusammenfassung dessen, was es auf einem Gebiet derzeit an verlässlichen Informationen gibt. Die Wissenschaftler gehen dabei nach einem klaren Protokoll vor, das von anderen geprüft wird, und versuchen alle auch nur irgendwo verfügbaren Informationen zusammenzutragen. Studien werden nach methodischen Gütekriterien ausgewählt und nur solche berücksichtigt, deren Information zuverlässig ist. Ein solcher Cochrane-Review wurde vor Kurzem zu der Frage vorgelegt, ob bei diagnostiziertem Prostatakrebs die radikale chirurgische Prostataentfernung oder das Abwarten eine bessere Strategie sei. Man würde ja eigentlich erwarten, dass es zu einem solchen wichtigen Thema jede Menge Studien gäbe, oder? Hier ist ein kleiner Test. Vorab zum Vergleich: Zu der Frage, ob man zur Behandlung des Prostatakarzinoms besser Hormontherapie oder volle chemische Kastration einsetzen soll (also die Blockade aller männlichen Hormone), gibt es 20 Studien. 66 Zu der Frage, ob man durch die prophylaktische Gabe von Hormonen den Prostatakrebs verhindern kann, gibt es acht riesige Studien, mit insgesamt mehr als 22 000 Patienten. 67 Der Cochrane-Review, der diese Daten zusammenstellt, kommt zu einem wenig ermunternden Ergebnis: Gemäß diesen acht großen Studien beträgt die Risikoreduktion absolut gesehen 1,4 Prozent. Dies ist erkauft mit 18 Prozent berichteten Nebenwirkungen. Das sind bei solchen Therapien in der Regel Impotenz und Inkontinenz. Es gibt also insgesamt 28 große Studien, die sich der Frage widmen, ob man mit Hormonen Prostatakrebs gut behandeln oder Prävention betreiben kann. Man muss dabei im Auge behalten: Diese Studien dürften jede für sich mehrere Millionen gekostet haben. Sie werden selbstverständlich von denen finanziert, die die Arzneimittel herstellen, also den Pharmakonzernen. Konservativ geschätzt dürften also 100 bis 200 Millionen Dollar in diese Studien geflossen sein, wenn es reicht.
Nun zurück zu meiner Testfrage: Angesichts dieser Situation und angesichts der Tatsache, dass die Prostataentfernung über lange Zeit einer der wichtigsten therapeutischen Eingriffe bei Prostatakrebs war, der immer noch dann angewandt wird, wenn der Krebs nicht mehr beherrschbar scheint – schätzen Sie mal, wie viele Studien der entsprechende Cochrane-Review gefunden hat, die die radikale chirurgische Therapie mit einer abwartenden Behandlung vergleichen? 20, glauben Sie? Falsch. Zehn vielleicht? Auch falsch. Ganze zwei, in Ziffern: 2. Davon
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