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Weg mit den Pillen

Weg mit den Pillen

Titel: Weg mit den Pillen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Walach
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eine einzige Substanz verwendet wird, deren
Chemie bekannt, deren Wirkung im Tier- und im Pflanzenmodell sowie außerhalb des lebenden Organismus (in vitro, also »im Reagenzglas«) beschrieben ist und deren klinische Wirkung in Versuchen am Menschen gefunden wird. Dazu dient eine Reihe von Versuchen – am Schluss der Doppelblindversuch. Nun sind aber alle Pflanzenstoffe Vielstoffgemische. Sie enthalten Unmengen wirksamer Substanzen. Noch komplexer wird es, wenn verschiedene Rezepturen gemischt werden. Hier sind schon die grundlegenden Definitionen schwierig, geschweige denn die nachfolgenden klinischen Versuche. Dadurch, dass die Pflanzenlobby klein ist und der Staat sich nicht zum Anwalt dieser Verfahren macht, beschränkt sich unser wissenschaftlich gesichertes Wissen auf ganz wenige Substanzen.
    Anderswo, etwa in Abu Dhabi oder in Indien, gibt es staatliche Institute, die den pflanzlichen Arzneischatz des Landes aufarbeiten, die Pflanzen chemisch charakterisieren, ihre wirksamen Prinzipien ausfindig machen. Hierzulande und in anderen westlichen Ländern gibt es so etwas nicht. In Indien hat die Regierung sehr viel Geld und Energie in die Erforschung der nationalen Heilpflanzen investiert, wie sie im Ayurveda verwendet werden, dem alten traditionellen indischen Heilsystem. Mittlerweile konnten indische Forscher eine ganze Reihe von Wirkungen traditioneller Heilpflanzen rekonstruieren und wissenschaftlich dokumentieren. 97
    Das war nur möglich, weil sich der Staat zum Anwalt dieses Wissens gemacht hat. Die Herausforderung wird nun sein, das Wissen in guten klinischen Studien als klinisch effektiv und brauchbar zu belegen. Dies kostet Geld. Wer hat Interesse daran, solches Wissen zu generieren und dafür zu zahlen? Eigentlich müsste aus meiner Sicht die Öffentlichkeit Interesse an solchem Wissen haben und daher der Staat ein Förderprogramm auflegen, ähnlich wie das in den USA mit dem National Centre of Complementary and Alternative Medicine geschehen ist. Aber in Deutschland wurde das einstmals vom Forschungsministerium ausgeschriebene Programm zur Erforschung unkonventioneller medizinischer Richtungen, das mit sechs Millionen Mark dotiert war, auf halber Strecke von der Regierung
Kohl gestoppt. Grund waren damals die Sparmaßnahmen zugunsten des Aufbaus Ost. Seither wurde das Programm trotz vieler Versprechen nicht wieder aufgelegt.
    Homöopathie
    Deutschland ist die Heimat der Homöopathie. Samuel Hahnemann, ihr Begründer, hat im Wesentlichen in Sachsen gearbeitet, in Meißen, Köthen und anderen Orten. 1796 hat er sein neues Prinzip zur Behandlung von Krankheiten verkündet: Man solle Ähnliches mit Ähnlichem heilen, auf Lateinisch »Similia similibus curentur«. Das war ein an sich altbekannter Satz, den man schon bei den großen antiken Ärzten finden kann, dann wieder im Mittelalter bei Paracelsus. Nur wusste niemand so recht, wie man diesen Satz in die Wirklichkeit umsetzen sollte. Hahnemann experimentierte, wieder aufbauend auf Vorgänger, mit Arzneisubstanzen an sich selbst und anderen, indem er sie einfach zu sich nahm. Er verwendete die damals bekannten Arzneistoffe so, dass er Kranken mit einem bestimmten Symptomenbild die Arzneien gab, die beim Gesunden die entsprechenden Symptome auslösen konnten. Er hat damit das alte Ähnlichkeitsprinzip in eine therapeutische Handlungsanweisung übersetzt. So gab er etwa einem schwer Fieberkranken, der mit hochrotem Kopf, weitgestellten Pupillen, hohem Fieber, rasendem Puls und wilden Fantasien krank darniederlag, nachdem er vielleicht noch am Morgen putzmunter war, Belladonna, die Tollkirsche. Denn sie erzeugt beim Gesunden ähnliche Zustände.
    Nun waren die meisten Arzneistoffe leicht bis schwer giftig. Das wusste Hahnemann natürlich, denn er war auch Apotheker. Daher versuchte er, die Wirkung auf seine gesunden Versuchskaninchen zu reduzieren. Er verdünnte die Arzneien im Verhältnis 1:100. Dazu nahm er Milchzucker, indem er die Stoffe im Mörser verrieb, oder Alkohol, mit dem er die Substanzen verschüttelte. Er stellte fest, dass die solchermaßen verdünnten Stoffe viel wirksamer waren als die ursprüngliche Substanz. Daher sprach er davon,
dass durch das Verdünnen die Stoffe »dynamisiert«, also wirksamer, oder »potenziert«, also in ihrer Wirksamkeit verstärkt würden. Er trieb seine Verdünnung und Verschüttelung immer weiter, bis hin zur 30. Verdünnungsstufe im Verhältnis 1:100, die er C30 nannte – von Centum (100, für das

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