Wege des Herzens
Ordnung war. Nun tat es ihr sehr leid, unnötig Alarm geschlagen zu haben. Ein Mann, der die falsche Nummer gewählt hatte, erklärte langatmig, dass es ihm unendlich leidtäte, den Termin verpasst zu haben, aber beim nächsten Mal werde er sich umso mehr beeilen. Und dann war ein Anruf von Ania, die etwas von einer Krise erzählte. Auch sie bedauerte von Herzen und wollte alles in ein paar Tagen erklären. Die Schlüssel zur Klinik habe sie in einem Umschlag in dem Restaurant unter ihrer Wohnung hinterlegt. Johnny könne sie dort abholen.
Eine Krise, die gleich ein paar
Tage
andauerte? Ania? Hilary war sehr überrascht.
Lidia und Tim hatten in dieser Nacht nicht ein Auge zugetan. Wohin konnte Ania gegangen sein? Sie hatte nicht den geringsten Hinweis hinterlassen.
»Ich
kenne
alle ihre Freunde«, sagte Lidia, »und habe bei allen angerufen, hatte aber nirgendwo Glück.«
»Was ist mit Father Flynn?«
»Ich habe noch nichts gehört von ihm. Er wollte sich bei den Leuten im Zentrum erkundigen, aber bisher kein Wort.«
»Zum Flughafen kann sie nicht gefahren sein. Es war schon zu spät«, sagte Tim, um Carl Walsh zu beruhigen, der fast verrückt vor Sorge war und ständig behauptete, dass alles nur seine Schuld sei, weil er sie nicht habe willkommen heißen können. Lidia hatte nicht ganz begriffen, was auf der Party vorgefallen war, und versuchte ebenfalls, ihn zu beruhigen.
»Es war bestimmt nicht Ihre Schuld. Sie hat sich sehr über die Einladung gefreut. Und hat Ihrer Mutter das Geschenk gefallen?«
»Hören Sie mir auf mit diesem Geschenk!«, rief Carl aufgebracht. »Es
muss
doch noch jemanden geben, an den wir bisher noch nicht gedacht haben!«
Fiona kam im St. Jarlath’s Crescent vorbei, um Declan die Neuigkeit zu erzählen, dass Ania verschwunden war. Dabei teilten sie sich die Grapefruit, die Molly übrig gelassen hatte und die auf jeden Fall viel gesünder war als die zwei Spiegeleier, die Würstchen und das Toastbrot, die Molly ihnen sonst aufgezwungen hätte.
Sie hatten bereits mit Lidia, Carl und Father Flynn telefoniert. Jetzt bestand noch die vage Möglichkeit, dass Ania in der Herzklinik auftauchen würde, aber für sehr wahrscheinlich hielten sie das nicht. Als Hilary ihnen dann von der Nachricht auf dem Anrufbeantworter erzählte, waren sie erst recht alarmiert.
»Sollten wir vielleicht die Polizei verständigen?«, fragte Fiona.
»Sie hat Lidia doch extra gebeten, nichts zu unternehmen«, sagte Declan.
»Aber sie war sicher vollkommen durcheinander.«
»Ich weiß, Fiona, aber was hat es für einen Sinn, seine Freunde zu bitten, nichts zu unternehmen, wenn man nicht darauf vertrauen kann, dass sie sich auch an die Bitte halten?«
Überrascht sah Fiona ihn an. »Was wirst du denn mal für ein Arzt werden, Declan Carroll?«
»Einer, der die Wünsche seiner Patienten ernst nimmt.«
»Wie weit würdest du dabei gehen?«
»Das wird sich wahrscheinlich erst mit der Zeit herausstellen, und wenn ich dann auch noch eine kluge Frau an meiner Seite habe, die mir sagt, was zu tun ist, dann kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Was hast du übrigens am Samstag vor? Ich dachte, wir könnten uns ein paar Ringe anschauen. Würde dir ein Opal gefallen?«
»Du sollst doch nicht so viel Geld ausgeben, Declan. Bitte – mir gefällt alles. Ehrlich. Ich brauche keinen teuren Ring – mir reicht es, zu wissen, dass du mich liebst.«
»Aber das ist der Stein, der zu deinem Sternzeichen passt. Ich dachte, das sei dir wichtig. Doch jetzt sollten wir besser in die Klinik fahren und uns um unsere Patienten kümmern. Das ist schließlich unser Beruf.«
Und dabei schaute er sie so liebevoll an, dass Fiona fast flau im Magen wurde. Womit hatte sie all diese Liebe nur verdient?
Father Brian Flynn gelang es, eine junge Polin ausfindig zu machen, die Ania gesehen hatte, wie sie auf einen Bus, der zum Flughafen fuhr, wartete.
»Aber so spät abends gibt es keine Flüge mehr nach Polen«, sagte er.
»Ich glaube, sie wollte über London fliegen.«
»Aber auch dorthin gehen die ersten Flüge erst am Morgen.« Brian Flynn konnte es nicht glauben, dass sich die sonst so vernünftige Ania quasi in Luft aufgelöst hatte.
»Ich weiß es nicht, Father Flynn.«
»Natürlich kannst du das nicht wissen. Ich mache mir nur Sorgen, das ist alles.«
»Sie würden sich noch mehr Sorgen machen, wenn Sie sie gestern Abend gesehen hätten. Sie wirkte wie jemand, der etwas Schreckliches erlebt
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