Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
Vom Netzwerk:
geprägten allopathischen Weg einzuschlagen. Stattdessen traf ich alle Vorbereitungen für eine natürliche, vaginale, von einer Hebamme begleitete Geburt. Aber dieser Ausdruck erschöpften Mitleids im Blick meiner Hebamme, als sie mich leise tröstete: »Dieses Baby wird nur auf die Welt kommen, wenn wir es herausschneiden«, versetzte mich in eine Starre. Wie man einen Gegenstand den steifen Händen eines Toten entringt, so musste man mir die Wunschvorstellung von der Geburt, die ich meinem Kind bereiten wollte, gewaltsam entreißen. Ich hatte beweisen wollen, dass meine Mutter unrecht hat. Ihre Worte widerlegen, dass »Frauen im Kindbett sterben. Es ist unverantwortlich von dir, dein Leben und das deines Kindes mit einer Hausgeburt aufs Spiel zu setzen.«
    Jetzt, mit Ereka als einer meiner besten Freundinnen, weiß ich es besser. Angefacht von ein paar Büchern über sanfte und natürliche Geburt, hegte ich den arglosen Wunsch, eine andere Erfahrung der Geburt zu erleben, als meine Mutter sie mir aus ihrer Erinnerung geschildert hat, doch dieser Wunsch hätte einen sehr unglücklichen Ausgang nehmen können. Den Ausgang, vor dem meine Mutter mich gewarnt hatte: »Es kann immer etwas schiefgehen.« Das war die eine Lebensphilosophie, die ich widerlegen wollte. Ich habe es nur dem gleichgültigen Schicksal zu verdanken, dass mir mein Baby doch noch gesund in die Arme gelegt wurde.
    In den Wochen nach Jamies Geburt rief diese Erkenntnis bei mir eine Reihe von Panikattacken hervor, die sich schließlich als Flugangst niederschlugen, und in zwanghaften Gedanken an den Tod. Bevor Jamie geboren wurde, hatte ich nur Angst davor, kein normales, gesundes Baby zu bekommen. Ich stellte mir vor, dass ich nach der Geburt keine Angst mehr haben müsste. Ha! Die Erleichterung, ein normales Baby geboren zu haben, wurde beinahe augenblicklich von einer Flutwelle von neuen Ängsten fortgespült: Angst vor dem plötzlichen Kindstod. Angst vor Fieber. Angst vor Austrocknung. Angst, sie könnte ersticken. Angst, ich könnte sie ersticken. Angst, sie könnte aus dem Bett fallen. Angst vor Allergien. Angst vor Stürzen. Angst vor Unfällen. Angst, sie könnte ertrinken. Meine Freude darüber, Mutter zu sein, war ein winziges Fleckchen auf dem Radar, verglichen mit dem Geschwader von Ängsten, die sich ungebeten eingestellt hatten.
    »Ich habe die Termine für die Kaiserschnitte jedes Mal bei der ersten Schwangerschaftsuntersuchung gemacht«, sagt Liz. »Meine beiden Kinder sind schnell und leicht zur Welt gekommen, ich brauchte nicht auf dieses oder jenes zu hoffen. Warum quält ihr euch mit all diesem Mist? Es ist schwer genug, auch ohne diese ganzen zusätzlichen Sorgen und Ängste.«
    »Eine natürliche Geburt hat viele Vorteile«, springt Tam ein.
    »Zum Beispiel? Eine überdehnte Vagina? Einen Dammschnitt? Stundenlange, unerträgliche Schmerzen?« Liz lacht.
    »Eine Geburt ohne Medikamente, zum einen«, sagt Tam. »Und das Gefühl, etwas geleistet zu haben, es so gemacht zu haben, wie die Natur sich das gedacht hat, ohne all diese Eingriffe von außen.«
    »Wenn es diese Eingriffe von außen nicht gegeben hätte, wären Jo und Jamie wahrscheinlich im Kindbett gestorben«, sagt Liz. »Was hat das mit dem Gefühl zu tun, etwas geleistet zu haben?«
    »Ja, es nur lebend und an einem Stück zu überstehen, gibt einem bereits das Gefühl, etwas geleistet zu haben«, sage ich. »Aber Kinder zu bekommen, hat mich verletzlicher gemacht, als ich es mir je vorstellen konnte.«
    Um mich herum nicken Köpfe zustimmend.
    »Vielleicht geht es beim Kinderkriegen vor allem darum«, sagt Fiona. »Darum, dass wir uns unserer Sterblichkeit stellen.«
    »Sich der Sterblichkeit im Allgemeinen stellen, Punkt«, sagt Ereka. »Ich meine, einfach nur ein Kind zu gebären, ist schon so, als würde man seine schlimmste Angst – dass ihm etwas Schreckliches passieren könnte – offen in den Raum stellen.«
    Fiona beginnt, sich das lange Haar zu einem Zopf zu flechten. Wir alle beobachten sie, gebannt von ihren rhythmischen Handbewegungen.
    »Ein Kind zu verlieren, muss das Schlimmste sein, was Menschen zustoßen kann«, sagt Helen.
    »Was könnte schlimmer sein?«, fragt Dooly.
    »Ihr müsst dreimal ausspucken«, sage ich zu den Mädels. Fiona, Dooly und Ereka gehorchen. Liz schüttelt den Kopf. Helen schnaubt nur.
    »Ich habe früher mit einer jungen Frau zusammengearbeitet, Tharshni hieß sie«, sage ich. »Sie war wunderschön und klug, eine Tochter, auf

Weitere Kostenlose Bücher