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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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Helen.
    »Aber dir wird nichts passieren …«, geht Liz dazwischen. »Du wirst keinen Krebs bekommen und nicht jung sterben … das wirst du nicht.«
    »Kann ich das schriftlich haben?«, fragt CJ.
    »Anwälte«, sagt Liz kopfschüttelnd.
    »Solche Ängste sind bei Müttern völlig normal«, sagt Tam. »Alle Mütter haben Angst davor, zu sterben und ihre Kinder im Stich zu lassen.«
    Ich nicke heftig.
    »… aber zumindest wisst ihr, dass eure Kinder Väter haben, die sich um sie kümmern werden, falls ihr sterbt«, sagt CJ, und Tränen laufen ihr über die Wangen.
    »Du wirst nicht sterben«, sagt Ereka eindringlich.
    »Du wirst dich noch lange gelegentlich mit uns besaufen«, sagt Helen.
    »Nur gute Menschen sterben jung«, scherzt Liz.
    CJ schnieft und lächelt gezwungen. »Ja …«
    Ich habe einen Kloß in der Kehle. Wie CJ, so erlebe auch ich das Muttersein als von intuitiver Angst geprägt. Ich beäuge die Zabaglione. Ich muss widerstehen.
    »Wisst ihr, was mir Angst macht?«, sagt Fiona leise. »Wenn ich mit Gabriel allein bin, Ben geschäftlich verreist ist und Kirsty bei ihrer Mutter, dann bekomme ich Angst, ich könnte einen Schlaganfall erleiden oder einen Herzinfarkt oder so und auf der Stelle sterben, und wenn Gabriel mich dann findet, weiß er nicht, was er tun soll.«
    »Weiß er denn nicht, wie man eins-eins-null wählt?«, fragt Tam.
    »Schon, theoretisch, im Notfall. Aber was, wenn er es vor lauter Schock vergisst, weil er mich tot auf dem Fußboden liegen sieht? Was, wenn ihn tagelang niemand findet?«
    »Wir hatten mal an der Uni eine Fallstudie mit einer alleinerziehenden Mutter, die an Asthma gestorben war«, erzählt Dooly. »Sie haben ihren Leichnam und ihr elf Monate altes Baby erst Tage später entdeckt. Das Baby war völlig verdreckt, ausgehungert und dehydriert.«
    »O Gott, das ist ja eine grässliche Geschichte«, sagt Fiona. »Das ist meine größte Angst.«
    »Aber Gabriel ist alt genug – er könnte den Kühlschrank öffnen und sich etwas zu Essen nehmen, und er kann allein auf die Toilette gehen«, sagt Liz.
    »Ja, aber was ist mit dem Trauma, mich so zu finden?«, fragt Fiona.
    »Du kannst sie nicht vor allem beschützen«, sagt Liz.
    Und natürlich hat sie damit recht, aber wir alle wollen, dass unsere Kinder angstfrei leben, nicht gehemmt von zahllosen, schrecklichen Möglichkeiten des »Was wäre, wenn?«. Deshalb nehmen wir um ihretwillen unseren Mut zusammen. Wir versuchen, tapfer zu sein. Und wenn wir das nicht schaffen, lügen wir. Wir erzählen ihnen, wir hätten keine Angst vor großen Wellen (»Mir ist nur kalt, deswegen will ich nicht schwimmen gehen«); vor dem Fliegen (»Diese kleinen Pillen sind gegen Mamis Kopfschmerzen, Schätzchen. Fliegen macht ja so viel Spaß! «); Krebs (»Mami geht nur kurz ins Krankenhaus, damit der Arzt sehen kann, dass auch alles in Ordnung ist, du brauchst dir überhaupt keine Sorgen zu machen!«); Achterbahnen (»Jemand muss doch hier bleiben und die Taschen und die Eistüten halten«); Betäubungsmitteln (»Das ist, wie wenn man richtig schön tief schläft«). Aber unsere Kinder durchschauen diese dünnen Versuche und erkennen die nackte Wahrheit darunter. Man kann seine Ängste vor seinen Kindern ebenso wenig verbergen wie einen Buckel unter einem Bikini.
    »Tyler hat mich neulich gefragt, wovor ich Angst habe, und ich habe behauptet, mir fiele nichts ein«, erzählt uns Dooly. »Und Luke hat gesagt: ›Ich weiß, wovor du Angst hast.‹ ›Und was ist das?‹, habe ich gefragt. Und er hat gesagt: ›Du hast Angst davor, dass Tyler und ich sterben.‹«
    »Du lieber Himmel, er hat dich wirklich durchschaut, nicht?«, sagt Liz.
    »Ich habe ihn gefragt, warum er so etwas sagt, und er hat geantwortet: ›Weil wir deine Schätze sind. Das kostbarste auf der Welt für dich … und weil du keine Kinder mehr bekommen kannst.‹«
    »Der Kleine ist einfach zu schlau«, sagt Helen und leckt ihren Löffel ab.
    »Ich kann den Gedanken überhaupt nicht ertragen, dass meine Kinder sterben könnten. Ich will diese zwei Wörter nicht einmal in demselben Satz denken«, sage ich. Es gibt einen jüdischen Aberglauben, der besagt, wenn man vom Tod spricht, müsse man dreimal ausspucken. Das soll Unglück abwehren. Ich spucke dreimal aus – natürlich in die entgegengesetzte Richtung der Zabaglione.
    »Das ist ja ekelhaft«, sagt Helen zu mir.
    »Soll aber Unglück abwehren«, erkläre ich.
    »Wisst ihr, was komisch ist? Ich habe früher immer einen

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