Weiberabend: Roman (German Edition)
Menschen zur Essenszeit würden mich binnen einer Woche ruinieren. Ich riss das Buch in Fetzen und schenkte mir ein Glas Rotwein ein. Es ist keine Berufung, dass man seinen Kindern nicht zu viel Zucker oder Salz zu essen gibt und das Verhältnis von Kohlehydraten, Eiweiß und Ballaststoffen ausgewogen hält. Es ist eine Lebensaufgabe. Ich kann geradezu schon meine Grabinschrift sehen: »Hier ruht Joanne Fedler. Eine wunderbare Mutter, die ihre Kinder gut ernährte.« Das Problem ist nur, dass ich in meinem Leben auch noch andere Dinge vorhabe.
Eines Tages wird es eine Dschungelshow für Mütter geben, und eine der Überlebensaufgaben wird sein, den statisch unmöglichsten und absolut kompliziertesten Geburtstagskuchen aller Zeiten zu backen. Eine Straßenkarte von Australien. Einsteins Relativitätstheorie. Den menschlichen Körper in 3D. Dooly ist zwar eine miserable Köchin, bäckt aber nicht schlecht, und sie hätte bei diesem Wettbewerb durchaus Chancen. Eines Abends habe ich sie nach neun Uhr angerufen, nur um zu hören: »Ich kann jetzt nicht, ich muss zu Woolworth, weil Max die falsche Sorte Lakritz für Lukes Pokemon-Kuchen gekauft hat.« Das war kein Witz. Dooly nimmt eine Woche bleierner Erschöpfung auf sich, um den Kuchen genau richtig hinzubekommen. Perfektionismus ist eine Form von Masochismus, von der Mütter besonders betroffen sind. Luke, das versichere ich dir, hätte den Unterschied nie bemerkt, aber darum geht es natürlich nicht, und nur eine Frau, die es sich noch nie zur Aufgabe gemacht hat, »Barbie in Schwanensee « aus Biskuitkuchen und Glasur zu erschaffen, wäre so ungehobelt, das laut zu sagen.
Ich will nicht behaupten, ich sei besser als meine Freundinnen. Auch ich bin schon so tief gesunken, dass ich Essensspielchen veranstaltet habe. An einem der drei Abende, an denen Frank und ich in den vergangenen drei Jahren zusammen ausgegangen sind, wollten wir die Kinder in der Obhut eines neuen Babysitters zurücklassen. Aaron gefiel ihre Frisur nicht. Ihr Haar war zu kurz. Er wollte einen Babysitter mit langem Haar. Einer genialen Eingebung folgend, schnitt ich sein Würstchen in »Goldmünzen« und versteckte sie in einem Hügel aus Kartoffelbrei. Ich überreichte ihm feierlich den Magischen Speer (eine Gabel), denn er sei auserwählt worden, den Schatz zu suchen, der in dem Berg vergraben lag. Doch er musste den Schatz zerstören, sonst würden die Mächte der Finsternis die Erde beherrschen. Ich empfahl ihm, das Gold am besten herunterzuschlucken. Dann schossen Frank und ich zur Tür.
Aaron ließ sich vielleicht zu seinem Glück drängen, seine Geschäfte auf der Toilette zu erledigen, doch jeden Abend, wenn die Essenszeit näherrückt, wird es schwierig. Was nur beweist, dass trotz der riesigen Dinosauriersammlung sein Lieblingsspielzeug immer noch dasjenige ist, das er nach Gutdünken verbiegen und zerbrechen kann, auf dem er herumtrampeln kann, wie er lustig ist, und das auf den Namen »Mama« hört, wenn er den Hintern abgewischt haben möchte.
Liz kehrt mit einer Schachtel ins Wohnzimmer zurück und öffnet sie. Sie ist voll kleiner Fläschchen Nagellack in jeder nur erdenklichen Farbe.
»Gratisproben«, sagt sie. »Wir haben gerade eine neue Anzeigenkampagne für die gemacht. Nehmt euch, was ihr wollt.«
Wir drängen uns um die Schachtel, obwohl keine von uns – außer Liz – Nagellack benutzt.
Ohne darüber nachzudenken, greife ich nach einem Fläschchen Feuerwehr-Rot.
»Meinst du, die Farbe steht dir?«, fragt Tam. »Ich hätte gedacht, ein Braunton wäre eher dein Stil.«
»Also«, sage ich, »ich finde, Rot ist genau mein Stil«, schraube das Fläschchen auf und bepinsele meine Nägel, rauh und rissig, wie sie nach stundenlanger Arbeit in der Küche eben sind.
»Aber ich bin sicher, es gibt da drin irgendwo auch Hellrosa«, sage ich, »passend zu deinem Outfit«.
»Ach, ich benutze doch dieses Zeug nicht«, erklärt sie beiläufig. »Voller Toxine … krebserregend …«
Und sie lässt mich mit zerplatzter Freude und meinen tödlichen roten Fingernägeln zurück.
11 Krieg zur Hexenstunde
I ch bin mit dem Lackieren an der linken Hand fertig und bemerke, dass Tam auf ihre Armbanduhr schaut. Ich strecke meine Finger aus, um mein Werk zu bewundern. Rot ist ein bisschen zu heftig für mich. Ich sehe mit knallrotem Nagellack absurd aus. Nuttig. Hammel, der sich als Lamm ausgibt – ich kann beinahe schon hören, wie Frank spötteln wird, wenn ich morgen Früh zur Tür
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