Weiberabend: Roman (German Edition)
für ein paar Monate auf Alkohol und Zigaretten zu verzichten, um dem Baby die bestmöglichen Chancen zu geben.«
»Nun regt euch alle mal wieder ab«, sagt Helen. »Jeder zieht diese Grenze irgendwo anders, und ich ziehe sie hier.« Damit steckt sie ihren Kopf tief in die leere Daiquiri-Schüssel.
»Du bist wirklich irre«, sagt Liz.
Helens Kopf taucht wieder auf. Sie grinst von einem Ohr zum anderen und hat Erdbeerfitzelchen im ganzen Gesicht.
»Geh und wasch dich, Weib«, sagt CJ, wickelt den Schal von ihrem Hals und hängt ihn beiläufig über eine Stuhllehne. »Danke, Dooly, jetzt ist mir wieder warm …«, sagt sie. Dooly nickt und lächelt ihr vom Sofa aus zu.
»Bitte trink nichts mehr«, sagt Tam flehentlich zu Helen.
»Komm wieder runter«, sagt Helen. »Aber ich gehe mal pinkeln, wenn ihr mich entschuldigen wollt.« Sie wackelt in Richtung Bad davon.
»Vergiss nicht, spülen und Hände waschen«, ruft CJ ihr nach.
»Ist kein großes Geschäft«, ruft Helen zurück.
»Mach dir bitte Notizen, damit du uns einen detaillierten Bericht über deine Abenteuer auf dem Klo liefern kannst, wenn du zurückkommst«, sagt Liz tadelnd.
»Habt ihr kein interessanteres Gesprächsthema als Hels Besuch der sanitären Anlagen?«, frage ich.
»Wenn nicht, dann erschießt mich bitte«, sagt Liz.
Genau wie Tiere freien Auslauf bekommen sollten, so muss es Müttern erlaubt sein, gewisse Themen zu diskutieren, die ansonsten tabu sind. Die Verdauung beispielsweise. Menstruation. Verstopfung. Blasenentzündung. Sexuell übertragbare Krankheiten. Wenn uns diese Themen nicht zur Verfügung stünden, würden unsere Gespräche beim Abendessen sehr darunter leiden.
Aa ist ein bedeutender Gesprächsstoff. Normalerweise meiden wir dabei unser eigenes Aa, außer, eine von uns muss zur Darmspiegelung oder hatte eine besonders scheußliche Woche mit ihren Hämorrhoiden. Irgendwo ziehen selbst wir die Grenze. Aber für Mütter ist die Verdauung ein alltägliches Geschäft. Wir sind schließlich für die Häufigkeit wie für die Konsistenz des Pipis und Aas unserer Kinder verantwortlich. Das Tarot unserer Fähigkeiten als Mutter wird aus der Toilettenschüssel gelesen, wie aus Teeblättern in einer Tasse. Verstopfung bedeutet, dass unsere Kinder offensichtlich zu wenig Obst und Ballaststoffe zu essen bekommen. Letztes Jahr hat Liz geflucht, weil sie eines Nachts vor einer wichtigen Präsentation mit Chloe in die Notaufnahme musste – Chloes »Bauchweh« war in Wahrheit zwei Wochen aufgestauter Stuhl. Seitdem hat Lily strenge Anweisung, genau zu notieren, wann Brandon oder Chloe zur Toilette gehen, sie muss sogar fragen: »Groß oder klein?« An ihrem Kühlschrank hängt eine dieser Listen, die diese armen Kinder bis in alle Ewigkeit verfolgen wird (Montag Chloe kkkgkk; Brandon kgkkgk), aber Liz beruhigt.
Durchfall bedeutet, dass wir unseren Sprösslingen Unmengen von Flüssigkeit zuführen müssen, weil Kinder alarmierend schnell dehydrieren. Und wenn man diesen besonders aufmerksamen Blick fürs Detail hat, stellt man auch fest, dass man ziemlich vergeblich darum gekämpft hat, die Kinder zum Verzehr von Mais zu bewegen; diese kleinen Maiskörner kommen genauso gelb und ganz unten wieder heraus, wie sie oben hineingegangen sind. Mais gehört natürlich zu den wenigen Dingen, die Aaron zu essen bereit ist.
Doch die Goldmedaille für exzellente Elternschaft geht zweifellos an diejenige, der es gelingt, die Entwicklung von der Windel über Töpfchen und Toilette bis hin zum Selberabwischen so zu gestalten, dass sich das Trauma für alle Beteiligten in Grenzen hält. Ganz gleich, wie sehr wir uns vor Fäkalien ekeln, wie zimperlich oder anal verkniffen wir sind, die Last, diese Fortschritte zu bewirken, müssen wir schon selbst tragen, davon können wir uns nicht freikaufen.
Es ist ein sehr tröstlicher Gedanke, dass die meisten Kinder das Erwachsenenalter windelfrei erreichen und bis dahin gelernt haben, sich den Hintern selbst abzuwischen, was ja immerhin eine ziemlich wichtige Fähigkeit im Leben ist. Aber wann genau zwischen Geburt und Schulabschluss wir energisch werden und von unseren Kindern erwarten, in diesem Punkt unabhängig zu werden, ist eine Frage persönlicher Vorlieben. Jamie beobachtete mich auf der Toilette und fing mit zweieinhalb Jahren einfach an, mich nachzuahmen, und das war’s dann mit der Sauberkeitserziehung. Aaron hingegen schien mit dreieinhalb noch völlig zufrieden zu sein mit der Aussicht, den Rest
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