Weiberregiment
Noch eine Unterschrift? Meine Güte, heute haben wir einen
ganzen Haufen gebildeter Rekruten. Gib ihm seinen Pappschilling,
Korporal.«
»Danke«, sagte Igor. »Und ich würde daf Bild gern abwischen, wenn
ihr nichtf dagegen habt.« Er holte ein kleines Tuch hervor.
»Abwischen?«, fragte Strappi. »Ist das erlaubt, Feldwebel?«
»Warum willst du das Bild abwischen?«, erkundigte sich Jackrum.
»Um die unfichtbaren Dämonen fu entfernen«, erklärte Igor.
»Ich sehe gar keine unsichtbaren…«, begann Strappi und unterbrach
sich.
»Lass ihn einfach«, sagte Jackrum. »Es ist nur eine kleine komische
Igor-Angewohnheit.«
»Scheint mir nicht richtig zu sein«, brummte Strappi. »Läuft praktisch
auf Verrat hinaus…«
»Warum sollte es falsch sein, das alte Mädchen ein wenig zu putzen?«,
erwiderte der Feldwebel. »Der Nächste. Oh…«
Igor wischte das Bild sorgfältig ab, hauchte einen kurzen Kuss darauf,
trat dann neben Pol y, sah sie an und lächelte verlegen. Aber ihre
Aufmerksamkeit galt dem nächsten Rekruten.
Er war klein und recht dünn, kein Wunder in einem Land, in dem
man kaum genug zu essen bekam, um dick zu werden. Er trug ebenfal s
schwarze Kleidung, aber teure, wie ein Aristokrat, und er hatte sogar
ein Schwert. Deshalb wirkte der Feldwebel besorgt. Man konnte in
Schwierigkeiten geraten, wenn man die falschen Worte an einen feinen
Pinkel mit einflussreichen Freunden richtete.
»Bist du sicher, dass du hier am richtigen Ort bist, Herr?«, fragte er.
»Ja, Feldwebel. Ich möchte Soldat werden.«
Feldwebel Jackrum rutschte auf seinem Stuhl unruhig zur Seite.
»Ja, aber ein vornehmer Herr wie du…«
»Willst du mich nun rekrutieren oder nicht, Feldwebel?«
»Es ist unüblich, dass ein Vornehmer zu einem einfachen Soldaten
wird, Herr«, murmelte Jackrum.
»Du möchtest wissen: Verfolgt mich jemand? Ist ein Preis auf meinen
Kopf ausgesetzt? Die Antwort lautet nein.«
»Und eine aufgebrachte Menge mit Heugabeln?«, fragte Korporal
Strappi. »Er ist ein verdammter Vampir, Feldwebel! Das sieht man auf den ersten Blick! Ein Schwarzbandler! Sieh nur, er trägt das
Abzeichen!«
»Und darauf steht ›Nicht ein Tropfen‹«, sagte der junge Mann ruhig.
»Nicht ein Tropfen Menschenblut, Feldwebel. An dieses Verbot halte
ich mich seit fast zwei Jahren, was ich der Liga der Enthaltsamkeit
verdanke. Wenn du persönliche Einwände hast, brauchst du sie mir nur
schriftlich zu geben.«
Pol y fand diesen Hinweis sehr schlau. Der junge Mann trug sehr
teure Kleidung, und die meisten Vampirfamilien waren piekfein. Man
wusste nie, wer mit wem – besser gesagt: wer mit Wem – in
Verbindung stand. Die »Wem« konnten in diesem Zusammenhang
weitaus mehr Probleme verursachen als gewöhnliche »wem«. Der
Feldwebel blickte über einen sehr holprigen Weg.
»Man muss mit der Zeit gehen, Korporal«, sagte er und beschloss,
den Weg nicht zu beschreiten. »Und wir brauchen Soldaten.«
»Ja, aber angenommen, er will mir mitten in der Nacht das Blut aus
dem Leib saugen?«, fragte Strappi.
»Dann muss er warten, bis Soldat Igor die Suche nach deinem Gehirn
beendet hat«, erwiderte der Feldwebel scharf. »Unterschreib hier,
Rekrut.«
Die Feder kratzte übers Papier. Nach ein oder zwei Minuten drehte
der Vampir das Blatt und schrieb auf der anderen Seite weiter. Vampire
hatten lange Namen.
»Aber ihr könnt mich Maladikt nennen«, sagte er und ließ die Feder
wieder ins Tintenfass sinken.
»Ich danke dir sehr, He… Soldat. Gib ihm den Schilling, Korporal.
Was für ein Glück, dass er nicht aus Silber ist. Haha!«
»Ja«, sagte Maladikt. »Welch ein Glück.«
»Der Nächste!«, rief Jackrum. Pol y sah einen Bauernjungen, dessen
Kniehose von Bindfäden zusammengehalten wurde. Er schlurfte zum
Tisch und betrachtete den Federkiel mit der Verwirrung jener
Menschen, die mit neuer Technik konfrontiert werden.
Pol y wandte sich wieder der Theke zu. Der Wirt richtete den
finsteren Blick auf sie, der allen ungemütlichen Wirten eigen war. Wie
ihr Vater immer gesagt hatte: Wenn man ein Gasthaus hatte, mochte
man die Leute entweder oder man schnappte über. Seltsamerweise
waren es gerade die Übergeschnappten, die sich am besten um ihr Bier
kümmerten. Hier schien das nicht der Fal zu sein, nach dem Geruch zu
urteilen.
Pol y stützte die Ellenbogen auf die Theke. »Ein Bier, bitte«, sagte sie.
Der Wirt bestätigte, indem er das Gesicht verzog, und wandte sich
dann den
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