Weiberregiment
Polly fragte sich, ob den Medaillen ein Brief von der Herzogin
beigelegen hatte, mit gedruckter Unterschrift und dem Namen des
Sohns, ganz eng geschrieben, damit er in die Lücke passte:
Wir ehren und beglückwünschen dich,
Frau L. Lappschick,
wohnhaft in Münz, Hauptstraße,
zum Tod deines Sohns
Otto PjotrHansLappschick
am 25. Juni in ████
Der Ort wurde nie genannt, um den Feind nicht zu begünstigen. Es
erstaunte Pol y, dass das billige Metal und die gedankenlosen Worte
den Müttern tatsächlich Trost spendeten. Die Frauen von Münz, die
mit den Medaillen ausgezeichnet worden waren, trugen sie mit
grimmigem, empörtem Stolz.
Sie wusste nicht recht, ob Frau Enid Vertrauen verdiente. Die
Chefwäscherin hatte einen Sohn und einen Ehemann in den Verliesen
und außerdem Gelegenheit gehabt, sich ein Bild von Bluse zu machen.
Sie fragte sich vermutlich: Was ist wahrscheinlicher: dass er alle befreien
und in Sicherheit bringen kann oder dass er ein riesiges Durcheinander
anrichtet, bei dem wir al e zu Schaden kommen? Pol y hatte durchaus
Verständnis dafür, wenn sie zu einem bestimmten Schluss gelangte…
Sie bemerkte, dass jemand zu ihr sprach. »Hmm?«, fragte sie.
»Sieh dir das an.« Knal er hob eine nasse lange Unterhose. »Sie
stopfen die bunten Sachen zu den weißen!«
»Na und?«, erwiderte Polly. »Dies sind feindliche lange Unterhosen.«
»Ja, aber man sol te es richtig machen, oder? Jemand hat diese rote
hier dazugetan, und das macht al die weißen rosa!«
»Mir hat Rosa gefallen, als ich etwa sieben war.«*
»Aber ein blasses Rosarot? Bei einem Mann?«
Pol y sah kurz in die nächste Wanne und klopfte Knal er auf die
Schulter. »Ja. Es ist ein sehr blasses Rosarot. Du sol test noch einige andere rote Sachen besorgen.«
»Aber dann wird es nur noch schlimmer…«, wandte Knal er ein.
»Das war ein Befehl, Soldat«, flüsterte ihr Polly ins Ohr. »Und gib mehr Stärke hinzu.«
»Wieviel?«
»So viel, wie du auftreiben kannst.«
Igorina kehrte zurück. Sie hatte gute Augen. Pol y fragte sich, ob sie
mal jemand anderem gehört hatten. Igorina zwinkerte ihr zu und hob
einen Daumen. Pol y stellte erleichtert fest, dass es einer ihrer eigenen
war.
Im riesigen Bügelraum arbeitete nur eine Person an den langen
Brettern, als Pol y Frau Enids Abwesenheit zu einem Abstecher dorthin
nutzte: Daphne. Die anderen Frauen hatten sich so um »sie« herum
versammelt, als beobachteten sie eine Vorführung.
Und das war tatsächlich der Fal .
»…den Kragen, seht ihr?«, sagte Leutnant Bluse und hob ein großes,
dampfendes, mit glühenden Kohlen gefül tes Bügeleisen. » Dann die
Manschetten und schließlich die Ärmel. Jeweils die eine Hälfte.
Anschließend solltet ihr die Sachen sofort aufhängen. Und hier noch
ein nützlicher Tipp: Bügelt sie nicht ganz trocken. Man braucht nur ein
wenig Übung, aber…«
Polly beobachtete fasziniert und staunte. Sie hatte das Bügeln gehasst.
»Könnte ich kurz mit dir reden, Daphne?«, fragte sie in einer Pause.
Bluse sah auf. »Oh, P… Polly«, sagte er. »Äh, ja, natürlich.«
* Es ist eine gesicherte Tatsache, dass ungeachtet aller Maßnahmen, die eine Gesellschaft ergreifen kann, siebenjährige Mädchen wie magnetisch von der
Farbe Rosa angezogen werden.
»Es ist beeindruckend, was Daphne alles übers Plissieren weiß«, sagte
eine junge Frau vol er Ehrfurcht. » Und übers Bügeln!«
»Ich bin beeindruckt«, kommentierte Pol y.
Bluse reichte das Bügeleisen der jungen Frau. »Hier, nimm, Dympha«,
sagte er großzügig. »Denk daran, immer zuerst die linke Seite bügeln,
und bei dunkler Wäsche nur die linke Seite. Das wird oft falsch
gemacht. Komme gleich, Pol y.«
Während Pol y ungeduldig draußen wartete, kam eine der Frauen mit
frisch gebügelter Wäsche und flüsterte ihr im Vorbeigehen zu: »Wir
wissen al e, dass er ein Mann ist, aber er hat so viel Spaß und bügelt wie ein Wilder!«
»Wieso kennst du dich so gut mit dem Bügeln aus, Herr?«, fragte
Pol y, als sie wieder im Waschraum waren.
»Im Hauptquartier musste ich meine Sachen selbst bügeln«, sagte
Bluse. »Ich konnte mir kein Dienstmädchen leisten, und der Bursche
war ein strenger Nugganit und meinte, es wäre Frauenarbeit. Deshalb
dachte ich, na, so schwer kann es ja nicht sein, sonst würden wir es
nicht den Frauen überlassen. Hier wird keine besonders gute Arbeit
geleistet. Hast du gewusst, dass sie die bunten Sachen zu den
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