Weiberregiment
lernte, dass eine Kunstform, die ihm Bruchteil einer Sekunde
geschieht, doch sehr lange dauern kann, wodurch sich ein Lächeln in
eine irre Grimasse oder, gar, in besonders schlimmen Fäl en, in
Totenstarre verwandelt. Otto murmelte vor sich hin, während er seine
Vorbereitungen traf. Heinrich und Pol y behielten den Händedruck bei
und blickten zum Bilderkasten.
»Der Soldatenjunge ist also gar kein Soldatenjunge«, murmelte der
Prinz. »Da kannst du von Glück sagen!«
Pol y bewahrte ihr starres Lächeln. »Bedrohst du oft ängstliche
Frauen?«, fragte sie.
»Ach, das war gar nichts! Schließlich bist du nur ein Bauernmädchen!
Was weißt du schon vom Leben? Und du hast Temperament gezeigt!«
»Alle schön lächeln!«, befahl Otto. »Eins, zwei, drrei… o Mi…«
Als sich die Nachbilder aufgelöst hatten, war Otto wieder auf den
Beinen. »Ich hoffe, dass ich eines Tages einen funktionierrenden Filterr
finde«, brummte er. »Vielen Dank.«
»Das war für den Frieden und die Verständigungsbereitschaft
zwischen den Nationen«, sagte Pol y süß und ließ die Hand des Prinzen
los. Sie trat einen Schritt zurück. »Und dies, Euer Hoheit, ist für
mich…«
Sie trat nicht zu. Das Leben bestand darin herauszufinden, wie weit
man gehen konnte, und wahrscheinlich konnte man zu weit dabei
gehen herauszufinden, wie weit man gehen konnte. Ein kurzes Zucken
des Beins genügte, um zu sehen, wie sich der Prinz in die lächerlich
wirkende, x-beinige Schutzhaltung duckte.
Pol y ging fort und sang innerlich. Dies war kein Märchenschloss, und
es gab kein märchenhaftes Ende, aber manchmal konnte man damit
drohen, dem hübschen Prinzen in die Weichteile zu treten.
Und jetzt gab es nur noch eine andere kleine Sache.
Die Sonne ging unter, als Pol y Jackrum fand, und blutrotes Licht fiel
durch die hohen Fenster der größten Küche in der Festung. Er saß
allein an einem langen Tisch beim Feuer, in voller Uniform, und aß eine
dicke Scheibe Brot mit Schweineschmalz. Ein Krug Bier stand nicht
weit von seiner anderen Hand entfernt. Er sah auf, als Pol y näher kam,
und nickte kameradschaftlich in Richtung eines anderen Stuhls. Um sie
herum eilten Frauen hin und her.
»Schweineschmalz mit Salz und Pfeffer, und ein Krug Bier«, sagte er.
»Genau das Richtige. Von wegen Kochkunst und so. Möchtest du eine
Scheibe?« Er deutete auf eins der Küchenmädchen, die ihn
umschwirrten.
»Vielleicht später, Feldwebel.«
»Bist du sicher?«, fragte Jackrum. »Wie heißt es so schön? ›Küsse
währen nicht lange, das Kochen schon!‹ Ich hoffe, du hast keinen
Grund, darüber nachzudenken.«
Polly setzte sich. »Dieser Kuss dauert noch an«, sagte sie.
»Hat Knaller bekommen, was sie wollte?«, fragte Jackrum. Er trank
den Rest Bier, sah zu einem Dienstmädchen, schnippte mit den Fingern
und deutete auf den leeren Krug.
»Die Sache ist zu ihrer Zufriedenheit geregelt, Feldwebel.«
»Na bitte, mehr kann man nicht verlangen. Und was jetzt, Perks?«
»Keine Ahnung, Feldwebel. Ich bleibe bei Rei… bei Alice und dem
Heer und warte ab, was passiert.«
»Viel Glück«, sagte Jackrum. »Kümmere dich gut um die anderen,
denn ich komme nicht mit.«
»Feldwebel?«, fragte Pol y schockiert.
»Tja, es scheint, dass uns derzeit ein Krieg fehlt. Wie dem auch sei,
das ist es. Das Ende der Straße. Ich habe meinen Teil geleistet. Ich
kann jetzt nicht mehr weiter. Beim General habe ich mich mächtig ins
Zeug gelegt – er dürfte sich freuen, wenn ich meinen Abschied nehme.
Außerdem werde ich langsam alt. Beim heutigen Angriff habe ich fünf
arme Burschen getötet und mich anschließend nach dem Grund dafür
gefragt. So etwas ist nicht gut. Wird Zeit, das Militär zu verlassen, bevor
meine Klinge stumpf wird.«
»Bist du sicher, Feldwebel?«
»Ja. Die alte ›Mein Land, ob richtig oder falsch‹-Angelegenheit scheint
vorbei zu sein. Wird Zeit, dass ich die Füße hochlege und herausfinde,
wofür ich gekämpft habe. Möchtest du wirklich kein Schmalz? Es sind
knusprige Brocken darin. Das nenne ich Stil, bei Schweineschmalz.«
Pol y lehnte die angebotene, mit Schmalz bestrichene Schnitte Brot ab
und beobachtete, wie Jackrum sie mit Genuss verschlang.
»Eigentlich komisch«, sagte sie schließlich.
»Was meinst du, Perks?«
»Herauszufinden, dass es nicht um einen selbst geht. Man hält sich für
den Helden, und dann stellt sich heraus, dass man Teil der Geschichte
eines anderen ist. Reiß…
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