Weiberregiment
in Wind und Regen zurück. Etwa eine Stunde
nachdem sie hinter einer Biegung im Tal verschwunden waren, brannte
seltsamerweise der Schuppen nieder, in dem sie übernachtet hatten.
Selbst Pinguine konnten besser marschieren. Feldwebel Jackrum bildete
mit seinem Karren die Nachhut und gab Anweisungen, aber die
Rekruten bewegten sich, als wären sie nie zuvor von einem Ort zu
einem anderen gegangen. Der Feldwebel trieb den Rekruten das
Stolzieren aus und stoppte den Karren für einige improvisierte
Lektionen über das Konzept von »rechts« und »links«. Auf diese Weise
verließen sie die Berge nach und nach.
Pol y erinnerte sich mit gemischten Gefühlen an diese ersten Tage. Sie
marschierten nur, aber sie war daran gewöhnt, lange zu Fuß unterwegs
zu sein, und sie trug gute Stiefel. Nach einer Weile scheuerte die Hose
nicht mehr. Eine wässrige Sonne machte sich die Mühe zu scheinen. Es
war nicht kalt. Alles hätte ganz nett sein können ohne den Korporal.
Pol y hatte sich gefragt, wie Strappi, dessen Nase inzwischen die
Farbe einer Pflaume angenommen hatte, mit der Situation umgehen
würde. Offenbar wol te er damit fertig werden, indem er so tat, als wäre
überhaupt nichts geschehen. Und indem er so wenig wie möglich mit
Pol y zu tun bekam.
Die anderen verschonte er nicht, ging dabei aber selektiv vor.
Maladikt wurde strikt in Ruhe gelassen, ebenso Karborund. Was auch
immer Strappi sein mochte, ein Selbstmörder war er nicht. Und Igor
verwirrte ihn. Der kleine Mann erledigte al e Aufgaben, die Strappi für
ihn fand. Er erledigte sie schnel und kompetent und schien sich über
die Arbeit zu freuen, und das verblüffte den Korporal.
Die anderen schikanierte er ohne Grund und setzte ihnen so lange zu,
bis sie irgendeinen dummen Fehler machten, um sie dann anzubrül en.
Sein Lieblingsopfer war Soldat Goom, besser bekannt als Reißer, ein
dürrer, nervöser Junge mit runden Augen, der vor den Mahlzeiten das
Tischgebet sprach. Am Ende des ersten Tages konnte Strappi ihn dazu
bringen, sich zu übergeben, indem er ihn einfach nur anschrie. Und
dann lachte er.
Aber er lachte nie richtig, bemerkte Pol y. Es klang eher wie das
Gurgeln von Spucke tief im Hals, ein Geräusch wie Ghnssssh.
Die Gegenwart des Feldwebels wirkte auf alles dämpfend. Jackrum
griff nur selten ein. Er beobachtete Strappi oft, und einmal, als Pol y
seinem Blick begegnete, zwinkerte er.
Am ersten Abend schrie Strappi ein Zelt vom Karren und schrie es
aufrecht, und nach dem Abendessen aus altem Brot und Wurst schrie
er die Rekruten vor eine Tafel, um sie anzuschreien. Auf die Tafel hatte
der Korporal geschrieben: WOFÜR WIR KÄMPFEN, und an der Seite
stand 1, 2, 3.
»Also gut, passt auf!«, sagte er und klopfte mit einem Stock an die
Tafel. »Einige Leute meinen, ihr Jungs solltet wissen, warum wir diesen Krieg führen. Hier sind die Gründe. Erstens, erinnert ihr euch an den
Ort Lipz? Vor einem Jahr gab es dort einen gemeinen, hinterhältigen
Angriff der zlobenischen Truppen! Sie…«
»Entschuldigung, aber ich dachte, wir hätten Lipz angegriffen,
Korporal«, sagte Knaller. »Es hieß, letztes Jahr…«
»Versuchst du etwa, gescheit zu sein, Soldat Manickel?«, fragte Strappi
und nannte damit die größte Sünde auf seiner persönlichen Liste.
»Wollte nur Bescheid wissen, Korporal«, erwiderte Knaller. Er war
untersetzt, fast pummelig, und er gehörte zu den Leuten, die auf eine
lästige Weise hilfsbereit sind: Er übernahm kleine Aufgaben, um die
man sich auch selbst gekümmert hätte. Irgendetwas war seltsam an ihm,
wobei man al erdings berücksichtigen musste, dass er derzeit neben
Reißer saß, der genug Seltsames für alle hatte und vermutlich
ansteckend wirkte…
…und Strappis Blick auf sich zog. Es machte keinen Spaß, Knaller zu
schikanieren, aber Reißer… Reißer war immer ein Gebrül wert.
»Hörst du zu, Soldat Goom?«, kreischte er.
Reißer, der das Geschehen mit geschlossenen Augen beobachtet
hatte, zuckte zusammen und erwachte. »Korporal?«, brachte er mit
zittriger Stimme hervor, als Strappi näher kam.
»Ich möchte wissen, ob du zuhörst, Goom!«
»Ja, Korporal!«
» Wirklich ? Und was hast du gehört, wenn ich fragen darf?«, fragte
Strappi mit einer Stimme aus Sirup und Säure.
»Nichts, Korporal. Sie spricht nicht.«
Strappi atmete tief durch, holte zufrieden und böse Luft. »Du bist ein
nutzloser, wertloser Haufen…«
Sie hörten ein Geräusch. Es war
Weitere Kostenlose Bücher