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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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beim
    dritten Versuch in die Scheide. »Das fördert die Moral.«
    Pol y sah zum Tisch. Ein offenes Buch lag dort auf einem Stapel aus
    anderen Büchern. Es schien sich um ein Lehrbuch für die Schwertkunst
    zu handeln, und aufgeschlagen war es bei Seite fünf. Daneben lag eine
    Brille mit dicken Gläsern.
    »Liest du gern, Perks?«, fragte Bluse und klappte das Buch zu.
    Pol y zögerte. Doch was hatte Schnieke schon zu befürchten? »Ja,
    gelegentlich«, antwortete sie.
    »Ich fürchte, ich muss die meisten zurücklassen«, sagte Bluse. »Nimm
    dir eins, wenn du möchtest.« Er deutete auf die Bücher, und Pol y las
    die Titel. Die Kunst des Krieges. Prinzipien des Gefechts. Kampfstudien.
    Taktische Verteidigung.
    »Zu anstrengende Lektüre für mich, Herr«, sagte sie. »Trotzdem
    vielen Dank.«
    »Nun, Perks, sind die Rekruten in, äh, guter Stimmung?«, fragte der
    Leutnant.
    Polly glaubte, in seinem Blick echte Anteilnahme zu erkennen. Er
    hatte kein Kinn, stel te sie fest. Das Gesicht ging unten einfach in den
    Hals über, ohne dabei auf Hindernisse zu stoßen. Der Adamsapfel
    hingegen war preisverdächtig groß. Wie ein Bal an einem Gummiband
    hüpfte er auf und ab.
    Pol y war erst seit zwei Tagen Soldat, hatte aber schon einen Instinkt
    entwickelt. Im Großen und Ganzen lief er auf Folgendes hinaus: Belüge
    Offiziere. »Ja, Herr«, sagte sie.
    »Haben sie alles, was sie brauchen?«
    Der bereits erwähnte Instinkt fragte sich, ob Beschwerden dazu
    führten, dass sie mehr bekamen, als sie schon hatten, und Pol y
    antwortete: »Ja, Herr.«
    »Es steht uns natürlich nicht zu, die Befehle infrage zu stellen«, sagte
    Bluse.
    »Das wollte ich auch gar nicht«, erwiderte Polly verwundert.
    »Obwohl man manchmal den Eindruck gewinnen könnte, dass…«,
    begann der Leutnant und unterbrach sich. »Die Kriegsführung ist
    natürlich eine sehr unbeständige Sache, und im Kampf kann sich das
    Blatt jederzeit wenden.«
    »Jaherr«, sagte Pol y und musterte den Offizier noch immer. An
    seiner Nase entdeckte sie eine Druckstelle von der Brille.
    Dem Leutnant schien etwas durch den Kopf zu gehen. »Warum hast
    du dich anwerben lassen, Perks?«, fragte er, tastete über den Tisch und
    fand schließlich die Brille. Er trug Handschuhe aus Wol e, die Finger
    abgeschnitten.
    »Patriotische Pflicht, Herr!«, antwortete Polly sofort.
    »Hast du über dein Alter gelogen?«
    »Neinherr!«
    » Nur patriotische Pflicht, Perks?«
    Es gab solche und solche Lügen. Polly verlagerte das Gewicht voller
    Unbehagen auf das andere Bein. »Ich würde gern herausfinden, was mit
    meinem Bruder Paul geschehen ist, Herr.«
    »Ah, ja.« Leutnant Bluses Gesicht, das ohnehin nicht sehr glücklich
    wirkte, nahm einen gequälten Ausdruck an.
    »Paul Perks, Herr«, fügte Pol y hinzu.
    »Ich bin, äh, nicht in der Position, darüber Bescheid zu wissen,
    Perks«, sagte Bluse. »Meine frühere Arbeit betraf… Ich war zuständig
    für, äh, ich habe im Hauptquartier spezielle Arbeit geleistet, äh…
    Natürlich kenne ich nicht alle Soldaten, Perks. Wa… Ist er dein älterer
    Bruder?«
    »Jaherr. Wurde im vergangenen Jahr Soldat bei den Rein-und-
    Raussern, Herr.«
    »Und, äh, hast du jüngere Brüder?«, fragte der Leutnant.
    »Nein, Herr.«
    »Oh, gut. Zumindest dafür sol te man dankbar sein.«
    Polly fand diese Worte seltsam und runzelte verwirrt die Stirn.
    »Herr?«, fragte sie.
    Und dann fühlte sie eine unangenehme Bewegung. Etwas rutschte an
    der Innenseite ihres Schenkels herab.
    »Stimmt was nicht, Perks?« Der Leutnant hatte ihren
    Gesichtsausdruck bemerkt.
    »Neinherr! Nur ein… ein kleiner Krampf, Herr! Von al dem
    Marschieren, Herr!« Pol y presste beide Hände an ein Knie und wich in
    Richtung Tür zurück. »Ich gehe jetzt und… und hole dein Essen,
    Herr!«
    »Ja«, sagte Bluse und starrte auf ihr Bein. »Ja… bitte…«
    Pol y verharrte im Flur, zog die Socken hoch und hakte ein Ende als
    Anker hinter den Gürtel. Dann eilte sie hinunter in die Küche des
    Gasthauses. Ein Blick teilte ihr all das mit, was sie wissen wollte. Die
    Nahrungsmittelhygiene an diesem Ort bestand aus dem halbherzigen
    Versuch, nicht in den Eintopf zu spucken.
    »Ich möchte Zwiebeln, Salz, Pfeffer…«, begann sie.
    Die Magd, die den rußschwarzen Topf auf dem rußschwarzen Herd
    umrührte, sah auf, stellte fest, dass sie von einem Mann angesprochen
    worden war, und strich sich rasch das feuchte Haar aus den Augen.
    »Es gibt Eintopf, Herr«, verkündete

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