Weiberregiment
sich. »Nun, Herr, er war… größtenteils grün,
teilweise in Blau übergehend, mit Schattierungen von Grl ss und
Andeutungen von…«
»Geh bei deinen Beschreibungen von der Annahme aus, dass ich
nicht wie ein Werwolf mit der Nase sehe«, sagte Mumm.
»Oh, ja«, erwiderte Angua. »Tut mir Leid, Herr. Er ist gut eins achtzig
groß und etwa neunzig Kilo schwer. Hat blondes Haar, grünblaue
Augen, eine Schwertnarbe an der linken Wange, einen gezwirbelten
Schnurrbart, trägt ein Monokel vor dem rechten Auge…«
»Gut beobachtet. Und sieh dir jetzt ›Hauptmann Horentz‹ auf diesem
Bild an.«
Angua sah noch einmal hin. »Meine Güte«, sagte sie leise. »Und sie
wussten es nicht?«
»Er hat es ihnen bestimmt nicht gesagt. Könnten sie ein Bild von ihm
gesehen haben?«
Angua zuckte mit den Schultern. »Ich bezweifle es, Herr. Ich meine,
wo sol ten sie es gesehen haben? Hier hat es nie eine Zeitung gegeben,
bis die Wagen der Times letzte Woche kamen.«
»Vielleicht ein Holzschnitt?«
»Nein, so etwas sind Abscheulichkeiten, wenn sie nicht die Herzogin
zeigen.«
»Also wissen sie nicht, wer er ist«, sagte Mumm. »Und de Worde hat
ihn nie gesehen. Aber du hast ihn gesehen, als wir hier eintrafen. Was
hältst du von ihm? Unter uns.«
»Er ist ein arroganter Hurensohn, Herr. Ein Mann, der zu wissen
glaubt, was einer Frau gefäl t: er selbst. Ganz die Freundlichkeit selbst,
bis jemand nein sagt.«
»Dumm?«
»Ich glaube nicht. Aber er ist auch nicht so schlau, wie er glaubt.«
»Er hat unserem Reporterfreund nicht seinen Namen genannt. Hast
du den letzten Teil gelesen?«
Angua las ihn noch einmal. »›Der Hauptmann drohte mir und
bedrängte mich, nachdem die Rekruten davonmarschiert waren. Leider
hatte ich keine Zeit, im Abort nach dem Schlüssel für die Handschel en
zu suchen. Bitte teilt dem Prinzen so bald wie möglich mit, wo sich die
Kavalleristen befinden. WDW.‹«
»Er scheint auch William nicht sonderlich gefallen zu haben«, sagte
Angua. »Warum war der Prinz mit einem Spähtrupp unterwegs?«
»Du hast ihn einen arroganten Hurensohn genannt«, erwiderte
Mumm. »Viel eicht hatte er einen kleinen Abstecher im Sinn, um
festzustellen, ob sein Tantchen noch atmet…«
Seine Stimme verklang. Angua sah Mumm an, der ins Leere blickte.
Sie kannte ihren Chef. Er hielt den Krieg für ein Verbrechen wie Mord.
Leute mit Titeln mochte er nicht besonders, und darin, dass er selbst
ein Herzog war, sah er mehr eine Tätigkeitsbeschreibung als einen
Hebel zu Größe. Er hatte einen sonderbaren Sinn für Humor. Und er
hatte ein Gespür für die kleinen Vorboten von größeren Ereignissen –
wie die kleinen Strohhalme im Wind, die einen Sturm ankündigten.
»Nackt«, kicherte er. »Sie hätten ihnen die Kehlen durchschneiden
können. Aber das haben sie nicht getan. Stattdessen nahmen sie ihnen
die Stiefel weg und ließen sie nackt zurück.« Die Rekruten, so schien es,
hatten einen Freund gefunden.
Angua wartete.
»Die Borograwier tun mir Leid«, sagte Mumm.
»Mir auch«, entgegnete Angua.
»Ach? Warum?«
»Ihre Religion spielt ihnen übel mit. Hast du die neuesten
Abscheulichkeiten gesehen? Als abscheulich gelten jetzt auch der
Geruch von Rüben und Leute mit rotem Haar. Recht zittrige Schrift
weist darauf hin. Und hier wird viel Wurzelgemüse angebaut. Vor drei
Jahren galten Erbsen und Getreide als abscheulich.«
Mumms Gesicht blieb leer, und Angua erinnerte sich daran, dass er in
der Stadt aufgewachsen war.
»Es bedeutet, dass hier kein richtiger Fruchtwechsel stattfindet, Herr«,
erklärte Angua. »Der Boden übersäuert. Krankheiten breiten sich aus.
Du hattest Recht, als du gesagt hast, dass die Leute verrückt werden.
Die… Gebote sind irre , was jeder Bauer auf den ersten Blick erkennt.
Die Borograwier versuchen wahrscheinlich, so gut wie möglich damit
zurechtzukommen, aber früher oder später müssen sie gegen
irgendwelche Gebote verstoßen und sich deshalb schuldig fühlen, wenn
sie nicht zu sehr leiden wollen. Und für all das gibt es überhaupt keinen
Grund, Herr. Ich habe mich umgesehen. Die Leute hier sind sehr
religiös, aber ihr Gott enttäuscht sie. Kein Wunder, dass die meisten
von ihnen zur herzoglichen Familie beten.«
Angua beobachtete, wie Mumms Blick auf der Brieftaubenpost
verweilte. »Wie weit ist es nach Plotz?«, fragte er schließlich.
»Etwa fünfzig Meilen«, sagte Angua und fügte hinzu: »Etwa sechs
Stunden für einen
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