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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fragte Polly und fühlte sich elend dabei.
    »Die Herzogin kann nur sehr, sehr kleine Dinge bewegen«, sagte
    Reißer.
    »Viel eicht einige Bohnen? Wir brauchen den Kaffee wirklich
    dringend, Reißer! Ich glaube, die Eicheln sind kein guter Ersatz.«
    »Ich werde beten«, versprach Reißer.
    »Gut, mach das«, sagte Polly, und seltsamerweise fühlte sie ein wenig
    mehr Hoffnung. Maladikt hatte Hal uzinationen, aber Reißer hatte eine
    Gewissheit, an der man Stahl biegen konnte. Es war irgendwie das
    Gegenteil einer Hal uzination. Sie schien etwas sehen zu können, das real war und einem selbst verborgen blieb.
    »Polly?«, fragte Reißer.
    »Ja?«
    »Du glaubst nicht an die Herzogin, oder? Ich meine die richtige
    Herzogin, nicht dein Wirtshaus.«
    Pol y blickte in das kleine, verhärmte und aufmerksame Gesicht.
    »Nun, ich meine, es heißt, sie sei tot, und ich habe zu ihr gebetet, als ich klein war, aber wenn du mich so fragst, äh, nein, ich glaube nicht in dem Sinne an sie…«, plapperte sie.
    »Sie steht direkt hinter dir. Direkt hinter deiner rechten Schulter.«
    In der Stille des Waldes drehte sich Polly um. »Ich sehe sie nicht«,
    sagte sie.
    »Ich freue mich für dich«, sagte Reißer und reichte ihr den leeren
    Becher.
    »Aber ich habe doch gar nichts gesehen«, sagte Pol y.
    »Nein«, erwiderte Reißer. »Aber du hast dich umgedreht…«
    Pol y hatte nie zu viele Fragen über die Mädchenschule gestellt. Sie
    war per definitionem ein gutes Mädchen. Ihr Vater war ein
    einflussreicher Mann in der Gemeinde, und sie arbeitete hart, hatte
    nicht viel mit Männern zu tun und war klug, ein Punkt, dem besondere
    Bedeutung zukam. Sie war klug genug, das zu tun, was die anderen
    Leute im chronischen, vernunftlosen Wahnsinn des al täglichen Lebens
    in Münz machten. Sie wusste, was man sehen und was man ignorieren
    sol te, wann man gehorchte oder nur die Maske des Gehorsams trug,
    wann man sprechen durfte und wann es besser war, die Gedanken für
    sich zu behalten. Sie lernte die Kunst des Überlebens. Die meisten
    Menschen lernten sie. Aber wenn man rebellierte oder gefährliche
    Ehrlichkeit zeigte, die falsche Krankheit bekam, unerwünscht war, zu
    einem Mädchen wurde, das an Jungen mehr Gefal en fand, als die Alten
    für zulässig hielten, und, schlimmer noch, nicht gut zählen konnte…
    Dann kam man in die Schule.
    Pol y wusste nicht, was dort geschah, aber ihre Phantasie war bereit,
    die Lücke zu füllen. Und sie fragte sich, was in dem höllischen
    Schnel kochtopf mit einem passierte. Wenn man stark und zäh war wie
    Toller, wurde man hartgekocht und bekam eine Schale. Stecher…
    schwer zu sagen. Sie wirkte still und scheu, bis man sah, wie sich der
    Schein des Feuers in ihren Augen spiegelte, und manchmal standen
    selbst ohne Feuer Flammen darin. Aber wenn man wie Reißer war und
    von Anfang an schlechte Karten hatte, wenn man Hunger leiden
    musste, eingesperrt, geschlagen und al ein Nuggan wusste wie
    misshandelt wurde (und ja, dachte Polly, Nuggan wusste es
    wahrscheinlich), wenn man sich immer tiefer ins eigene Selbst
    zurückzog – was fand man dann schließlich? Und dann sah man aus
    jenen Tiefen in das einzige Lächeln auf, das man kannte.

    Der letzte Mann des Wachdienstes war Jackrum, denn Knal er kochte.
    Er saß auf einem moosigen Felsen, die Armbrust in der einen Hand,
    und betrachtete etwas, das er in der anderen Hand hielt. Er drehte sich
    ruckartig um, als Polly näher kam, und sie bemerkte den Glanz von
    Gold, als etwas hastig in der Jacke verstaut wurde.
    Der Feldwebel senkte die Armbrust. »Du machst so viel Lärm wie ein
    Elefant, Perks«, sagte er.
    »Tut mir Leid, Feldwebel«, erwiderte Polly, die wusste, dass sie leise
    gewesen war. Jackrum nahm den Becher Tee entgegen und deutete den
    Hang des Hügels hinunter.
    »Siehst du den Busch dort unten, Perks?«, fragte er. »Unmittelbar
    rechts von dem umgestürzten Baum?«
    Pol y blickte in die entsprechende Richtung. »Ja, Feldwebel.«
    »Fällt dir daran etwas auf?«
    Pol y hielt erneut Ausschau. Etwas konnte mit dem Busch nicht
    stimmen, andernfalls hätte der Feldwebel sie kaum gefragt. »Der
    Schatten ist verkehrt«, entschied sie schließlich.
    »Gut, Junge. Und der Grund ist: Dahinter verbirgt sich jemand. Unser
    Verfolger. Er beobachtet mich, und ich beobachte ihn. Und damit hat
    es sich. Er macht sich aus dem Staub, sobald er sieht, dass sich jemand
    nähert. Und er ist zu weit entfernt, als dass ich ihn mit der

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