Weiberregiment
vol kommen unberechenbar, was sie
nur noch schrecklicher machte. Mumm hatte gehört, dass die
scharfkantigen Scheiben mehrere hundert Meter weit flogen, und dabei
spielte es keine Rol e, auf wie viele Pferde und Soldaten sie unterwegs
trafen. Und das waren nur die neuesten Ideen. Es gab reichlich
konventionel e Waffen, Riesenbögen, Katapulte und Wurfmaschinen,
die Kugeln aus Ephebianischem Feuer schleuderten, das festklebte,
während es brannte.
Von so weit oben im zugigen Turm sah Mumm die Lagerfeuer des
verschanzten Heers überal auf der Ebene. Es konnte sich nicht
zurückziehen, und die Allianz – wenn man den verdrießlichen Tumult
so nennen durfte – wagte es nicht, mit der feindlichen Streitmacht im
Rücken stromaufwärts zu ziehen, weiter nach Borograwien hinein.
Andererseits hatte sie auch nicht genug Soldaten, um die Festung zu
halten und den Feind zusammenzutreiben.
Und in einigen Wochen würde es zu schneien beginnen. Dann
bedeckten Eis und Schnee die Pässe, natürliche Barrieren, die niemand
überwinden konnte. Und an jedem Tag brauchten Tausende von
Männern und Pferden Nahrung. Die Soldaten konnten die Pferde
essen, wenn ihnen nichts anderes übrig blieb, und damit lösten sie zwei
Proviantprobleme auf einmal. Anschließend musste man auf den guten
alten Bein-Turnus zurückgreifen, der, wie Mumm von einem der
freundlicheren Zlobenen erfahren hatte, ein weit verbreitetes Merkmal
des Winterkrieges in den hiesigen Bergen war. Die Informationen
stammten von Hauptmann »Humpel« Splatzer, und Mumm sah keinen
Grund, an ihnen zu zweifeln.
Und dann würde es regnen, und der Regen und die Schneeschmelze
würden den verdammten Fluss weit über die Ufer treten lassen. Aber
bevor das geschah, war die Allianz vermutlich endgültig zerstritten und
heimgekehrt. Die Borograwier brauchten nur durchzuhalten, um ein
Unentschieden zu erzielen.
Mumm fluchte leise. Prinz Heinrich hatte den Thron eines Landes
geerbt, dessen wichtigster Exportartikel ein handbemalter Holzschuh
war, aber in zehn Jahren, so schwor er, würde seine Hauptstadt Rigor
»das Ankh-Morpork der Berge« sein! Aus irgendeinem Grund glaubte
er, dass sich Ankh-Morpork darüber freuen würde.
Angeblich war er begierig darauf, von Ankh-Morpork zu lernen. Ein
solcher unschuldiger Ehrgeiz konnte einen aufstrebenden Herrscher
dazu bringen… tatsächlich zu lernen, wie Ankh-Morpork gewisse Dinge zustande brachte. Heinrich galt als gerissen, aber Ankh-Morpork hatte
die Gerissenheit schon vor tausend Jahren überholt, war an
Verschlagenheit vorbeigerast und hatte Listigkeit hinter sich gelassen,
um auf Umwegen Direktheit zu erreichen.
Mumm blätterte durch die Unterlagen auf seinem Schreibtisch und
sah auf, als er draußen einen schrillen, gellenden Schrei hörte.
Ein Bussard kam tief durch das offene Fenster geflogen und landete
auf der Stange im rückwärtigen Teil des Raums. Mumm schlenderte
näher, als die kleine Gestalt auf dem Rücken des Vogels die Flugbril e
abnahm.
»Wie ist die Lage, Knuddel?«, fragte er.
»Sie werden misstrauisch, Herr Mumm. Und Feldwebel Angua meint,
dass es jetzt riskant geworden ist, da sie so nahe sind.«
»Sag ihr, sie soll zurückkehren.«
»In Ordnung, Herr. Und sie brauchen noch immer Kaffee.«
»Oh, verdammt! Haben sie überhaupt keinen gefunden?«
»Nein, Herr, und mit dem Vampir wird’s immer brenzliger.«
»Wenn sie jetzt schon misstrauisch sind, dann erst recht, wenn wir eine Feldflasche mit Kaffee über ihnen abwerfen!«
»Feldwebel Angua meint, wir kämen vermutlich damit durch, Herr.
Den Grund dafür nannte sie nicht.« Der Gnom sah Mumm
erwartungsvoll an. Ebenso sein Bussard. »Sie sind sehr weit gekommen,
Herr. Für einen Haufen Mädchen… größtenteils Mädchen.«
Mumm streckte geistesabwesend die Hand aus, um den Vogel zu
streicheln.
»Nicht, Herr!«, rief Knuddel. »Sie reißt dir den Daumen ab!«
Jemand klopfte an die Tür, und Reg kam mit einem Tablett herein,
auf dem rohes Fleisch lag. »Hab Knuddel am Himmel gesehen und
einen Abstecher in die Küche gemacht, Herr.«
»Bravo, Reg. Hat man dich gefragt, für wen das rohe Fleisch
bestimmt ist?«
»Ja, Herr. Ich habe gesagt, dass du es isst, Herr.«
»Es kann meinem Ruf vermutlich nicht schaden«, sagte Mumm.
»Übrigens, wie geht es in den Verliesen zu?«
»Oh, ich würde die Leute dort nicht als richtige Zombies bezeichnen,
Herr«, sagte Reg, wählte ein Stück Fleisch und ließ es vor
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