Weiberregiment
im Topf sein, wenn ihr nichts Besseres habt. Etwas Gewürz wäre nicht schlecht. Wer kümmert sich um den Rupert?«
Die Rekruten wechselten verwirrte Blicke.
Der Korporal seufzte. »Der Offizier«, erklärte er. »Sie heißen immer Rupert oder Rudolf oder Reinhardt oder so. Bekommen besseren Fraß als ihr. Ihr könntet versuchen, im Gasthaus was zu organisieren.«
»Organisieren?«, wiederholte Polly.
Der alte Korporal rollte mit dem einen Auge.
»Ja. Organisieren. Beschaffen, ausleihen, schnorren, stibitzen, mitgehen lassen, klauen, so ähnlich. Das müsst ihr lernen, wenn ihr den Krieg überleben wollt. Von dem es natürlich heißt, dass wir ihn gewinnen. Vergesst das nie.« Er spuckte vage in Richtung des Feuers und verfehlte den Kochtopf sicher nur durch Zufall. »Ja, und all die Heimkehrer, die ich auf der Straße gesehen habe, wie sie Hand in Hand mit dem Tod gingen… Wahrscheinlich haben sie es bei der Siegesfeier übertrieben. Man verliert so leicht die Hand, wenn man eine Flasche Scham-pann-jer falsch öffnet. Wie ich sehe, habt ihr einen Igor dabei, ihr Glücklichen. Ich wünschte, wir hätten einen gehabt, als ich in den Kampf gezogen bin. Dann würden mich heute keine Holzwürmer wach halten.«
»Wir sollen unser Essen
stehlen
?«, fragte Maladikt.
»Nein, ihr könnt hungern, wenn euch das lieber ist«, entgegnete der Korporal. »Ich habe einige Male gehungert. Unangenehme Sache, ohne Zukunft. Hab das Bein eines Mannes gegessen, als wir während des Ibbelstein-Feldzugs eingeschneit waren, aber dafür hat er meins verspeist.« Er sah die Rekruten an. »Es ist doch nicht gut, das eigene Bein zu essen, oder? Wahrscheinlich wird man davon blind oder so.«
»Ihr habt die Beine
getauscht
?«, fragte Polly entsetzt.
»Ja, Feldwebel Hausegerda und ich. Es war seine Idee. Vernünftiger Mann, der Feldwebel. Dadurch haben wir eine Woche überlebt, bis die Ablösung zu uns durchkam. Wir waren ziemlich erleichtert, wie ihr euch vorstellen könnt. Lieber Himmel, wo bleiben denn meine Manieren? Freut mich, euch kennen zu lernen, Jungs, ich bin Korporal Skallot. Man nennt mich Dreistück.« Er streckte die Hand aus.
»Aber das ist Kannibalismus!«, entfuhr es Toller. Er wich zurück.
»Nein, ist es nicht, zumindest nicht offiziell«, widersprach Dreistück Skallot ruhig. »Von Kannibalismus spricht man nur, wenn jemand eine ganze Person isst. So steht’s in den Vorschriften des Militärs.«
Alle Blicke richteten sich auf den großen, blubbernden Kochtopf.
»Pferd«, sagte Skallot. »Hier gibt’s nichts anderes als Pferdefleisch. Das habe ich euch doch
gesagt
. Und ich würde euch nicht belügen, Jungs. So, und jetzt rüstet euch mit den besten Dingen aus, die ihr hier finden könnt. Wie lautet dein Name, Steinmann?«
»Karborund«, sagte der Troll.
»Hab dort hinten ein leckeres Stück Anthrazit beiseite gelegt und auch rote Farbe für dich, denn ich bin noch nie einem Troll begegnet, der eine Jacke tragen möchte. Ihr anderen, hört auf meinen Rat: Packt alles mit Essbarem voll. Packt es in euren Rucksack. Füllt euren Tschako damit. Gießt Suppe in eure Stiefel. Und wenn ihr ein Glas mit Senf in die Finger bekommt, gebt es bloß nicht wieder her – es ist erstaunlich, was man mit Senf alles essen kann. Und helft euren Kameraden. Und geht Offizieren aus dem Weg, denn die sind ungesund. Das lernt man beim Militär. Der Feind will eigentlich gar nicht gegen euch kämpfen, denn er besteht zum größten Teil aus Burschen wie euch, die nach Hause zurückwollen, vorzugsweise mit allen Körperteilen. Aber Offiziere bedeuten den Tod für euch.« Skallot sah sich um. »Na bitte, ich hab’s gesagt. Und wenn ein Politischer unter euch ist: Von mir aus kannst du davon erzählen und zur Hölle fahren.«
Nach einigen Momenten verlegenen Schweigens fragte Polly: »Was ist ein Politischer?«
»Eine Art Spion, nur auf der eigenen Seite«, sagte Maladikt.
»Ja«, bestätigte Skallot. »Heutzutage gibt es in jedem Bataillon welche, und sie spionieren ihre Kumpel aus. Werden dadurch schneller befördert. Man will keinen Dissens bei der Truppe. Niemand soll über verlorene Schlachten und dergleichen reden. Was natürlich völliger Blödsinn ist, weil bei der Infanterie dauernd gemurrt wird. Das Murren gehört zum Soldaten einfach dazu.« Er seufzte. »Wie dem auch sei, schlafen könnt ihr dort hinten. Ich klopfe die Strohsäcke regelmäßig aus, es sollten also nicht zu viele Flöhe drin sein.« Er sah neuerliche
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