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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Wenn der Schreiber Hunger bekommt, kann er seine Worte essen, meinst du nicht, Leutnant?«
    »Äh… ja«, erwiderte Bluse vorsichtig. »Ja. Natürlich. Gute Initiative, Soldat.«
    »Oh, ich bin nicht von selbst darauf gekommen, Herr«, sagte Knaller fröhlich. »Der Feldwebel hat mich dazu aufgefordert.«
    Polly verharrte, den Löffel auf halbem Weg zum Mund. Ihr Blick glitt zwischen Feldwebel und Leutnant hin und her.
    »Du lehrst sie zu plündern, Feldwebel?«, fragte Bluse. Die Rekruten schnappten kollektiv nach Luft. Wäre dies das Wirtshaus »Zur Herzogin« gewesen, hätten die Stammgäste die Flucht ergriffen, und Polly hätte ihrem Vater dabei geholfen, die Flaschen aus den Regalen zu nehmen.
    »Es ist kein Plündern, Herr, nicht in dem Sinn«, sagte Jackrum und leckte ruhig seinen Löffel ab. »Nach dem Reglement der Herzogin, Vorschrift 611, Abschnitt 1 [c], Paragraph I, Herr, ist es Kriegsbeute, da der Wagen Eigentum der verdammten Stadt Ankh-Morpork ist, Herr, die dem Feind hilft und Vorschub leistet. Kriegsbeute ist
zulässig
, Herr.«
    Die beiden Männer hielten den Blickkontakt für einen Moment, dann griff Bluse nach hinten in seinen Rucksack. Polly sah, wie er ein kleines, aber recht dickes Buch hervorholte.
    »Vorschrift 611«, murmelte Bluse und sah zum Feldwebel.
    Dünne, glänzende Seiten knisterten unter seinen Fingern, als er blätterte. »611. Plündern, Rauben und Erbeuten. Ah, ja. Und… mal sehen… du verdankst es der Vorschrift 796, dass du bei uns bist, nicht wahr, Feldwebel Jackrum? Du hast sie doch zitiert.«
    Es folgte eine weitere Pause, in der man nur das Knistern hörte. Polly erinnerte sich daran, dass es die Vorschrift 796 überhaupt nicht gab. Stand deshalb jetzt eine
Auseinandersetzung
bevor?
    »796, 796«, sagte Bluse leise. »Ah…« Er blickte auf die Seite, und Jackrum starrte ihn an.
    Der Leutnant schloss das Buch mit einem ledrigen
Flapp.
»Absolut korrekt, Feldwebel!«, sagte er munter. »Ich bewundere deine enzyklopädische Kenntnis der Vorschriften!«
    Jackrum schien kurz vor der Explosion zu stehen. »Was?«
    »Du hast die Vorschrift praktisch wortwörtlich zitiert, Feldwebel!«, sagte Bluse. Es glänzte in seinen Augen. Polly erinnerte sich, wie der Leutnant den gefangenen Kavallerie-Hauptmann angesehen hatte. Dies war der gleiche Blick, und er verkündete: Jetzt habe
ich
die Oberhand.
    Jackrums Kinn wackelte.
    »Möchtest du etwas hinzufügen, Feldwebel?«, fragte Bluse.
    »Äh, nein… Herr«, sagte Jackrum, und sein Gesicht war eine offene Kriegserklärung.
    »Wir setzen den Weg fort, wenn der Mond aufgeht«, sagte Bluse. »Wir sollten die Zeit bis dahin nutzen, um auszuruhen. Und dann… Möge uns Erfolg beschieden sein.« Er nickte der Gruppe zu und ging dann dorthin, wo Polly eine Decke auf der windgeschützten Seite eines Busches ausgebreitet hatte. Nach einigen Momenten hörte Polly ein Schnarchen, an das sie aber nicht glaubte. Jackrum ließ sich davon gewiss nicht täuschen. Er stand auf und trat aus dem Schein des Feuers. Polly folgte ihm hastig.
    »Hast du das gehört?«, knurrte der Feldwebel und blickte zu den dunkler werdenden Hügeln. »Der kleine Mistkerl! Welches Recht hat er, in dem kleinen Buch voller Worte nachzusehen?«
    »Du hast die Vorschrift genau zitiert, Feldwebel«, sagte Polly.
    »Na und? Offiziere sollen glauben, was man ihnen sagt. Und dann hat er
gelächelt
! Hast du’s gesehen? Hat mich ertappt und gelächelt! Jetzt glaubt er, er hat mich in der Hand, nur weil er mich ertappt hat!«
    »Du hast gelogen, Feldwebel.«
    »
Habe ich nicht, Perks
! Man lügt nicht, wenn man Offizieren die Unwahrheit sagt! Man präsentiert ihnen die Welt so, wie sie ihrer Meinung nach sein sollte! Man kann nicht zulassen, dass sie damit beginnen, Dinge zu überprüfen. Sie kommen auf die falschen Ideen. Er wird für uns alle der Tod sein, ich hab’s dir gesagt. Die verdammte Festung angreifen? Der Mann hat sie doch nicht mehr alle!«
    »Feldwebel!«, sagte Polly mit Nachdruck.
    »Was ist?«
    »Signale, Feldwebel!«
    Auf der Kuppe eines fernen Hügels, funkelnd wie ein Stern, blitzte ein weißes Licht.
     
    Bluse ließ das Fernrohr sinken. »Sie wiederholen immer wieder ›SE‹«, sagte er. »Und ich glaube, die längeren Pausen entstehen dann, wenn sie das Rohr in andere Richtungen halten. Sie suchen nach ihren Spionen: SE, ›suchen euch‹, versteht ihr? Soldat Igor?«
    »Herr?«
    »Du weißt doch, wie das Rohr funktioniert, nicht wahr?«
    »O ja,

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