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Weihnachtsgeschichten am Kamin 02

Weihnachtsgeschichten am Kamin 02

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Richter , Stubel,Wolf-Dieter
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haben, sie klebten ihm jedenfalls vor Brust und Hosenbeinen. Gewaltig detonierten die Kanonenschläge unter dem Biedermeiersofa, und fast rührend wurde die gesamte Szene von den inzwischen aufsteigenden farbigen Raketen aus den Florentiner Tüllgardinen beleuchtet.
    Genauso plötzlich, wie der Spuk begonnen hatte, endete er auch. Schwer stand der Geruch von Pulver im Raum. Vater trat und schlug noch glimmende Funken aus. Dann war es ganz still. Die Hunde hechelten. Vaters Atem ging heftig. Ansonsten absolute Stille, wir hielten die Luft an — wußten wir doch, was Weihnachten für die Eltern bedeutete. Von fern klang Glockengeläut.
    Mutter hatte sich die ganze Zeit überhaupt nicht gerührt. Sie stand noch immer wie angewurzelt vor dem Baum. Irgendwann knipste mein Bruder das Licht an. Mutter schaute sich um — sie sah in ihrem blauen, festlichen Kleid und ihrem sorgfältig frisierten blonden Haar absolut makellos aus — und wandte sich meinem Vater zu. Dieser hielt noch immer die versengte Brücke in den Händen und sah aus, als sei er gerade aus einem Ofenloch gekrochen. Sie schauten sich wortlos an, bis meine Mutter, zu unser aller Befreiung, ausrief: «Hans-Otto, wie siehst du nur aus!» um gleich darauf schallend loszulachen — so wie ich es mein Lebtag selten von ihr gehört habe. Es war ein Lachanfall, der nicht endete, und irgendwann mußten auch Vater und wir Kinder lachen.
    Es wurde dann trotz allem ein ungewöhnlich fröhlicher Heiligabend, und als wir — nur unwesentlich verspätet — in all dem Chaos unseren Weihnachtskarpfen aßen, bemerkte Vater verschmitzt: «Unseren Silvesterkarpfen könnten wir ja nun eigentlich sparen!»

    Helenita Jancke

Mein ganz persönlicher Weihnachtsmann

    Der Dezember war in meiner Kinderzeit überhell von doppelter Erwartung.
    Mein Geburtstag am 21. wurde zu Hause in der Großstadt mit einem kleinen Tannenbaum gefeiert, unter dem winzige Päckchen lagen. Mein Vater bereitete das Karpfenessen, und dann musizierten wir. Es war wohl, so begriff ich später, das Ehepaarweihnachten. Das Fest für die kleine Familie mit 2 Kindern. Es war Mitte der dreißiger Jahre, und das große materielle Wünschen hatte noch keine wesentliche Bedeutung. Um so mehr hatte der Tag schon nach dem Erwachen alle Erwartungen übertroffen, wenn mein Wunsch nach «Geburtstagsschnee» in Erfüllung gegangen war. Der dunkelste Tag des Jahres war dann schon von draußen ganz hell.
    Am 22. fuhren wir aus der Großstadt in die Kleinstadt zu den Großeltern. In den großen Haushalt mit Gesellen und Lehrling und dem lustigen Hausmädchen. Zu der geliebten körperbehinderten Großmutter, die immer da war. Die nie nervös schien, die immer zu erzählen wußte und gern zuhörte. Die trotzdem souverän den großen Haushalt führte, der der Mittelpunkt der ganzen Großfamilie war. Und die einen so herrlichen Platz für ein Kind in ihrem Rock hatte, weil ihre Füße auf der Fußbank standen. In diesem Tuchsessel verbrachte ich so manche winterliche «blaue Stunde», wenn in der Ofenröhre des Kachelofens die Bratäpfel dufteten. Erst zum Verschmausen wurde Licht gemacht.
    Um solche Stunde vor Heiligabend kam auch einmal der Weihnachtsmann. Polternd, laut klopfend kam er herein. Ich erschrak fast zu Tode, und auch meine Großmutter schien mir ungewohnt verunsichert. Er war zuerst nicht besonders freundlich, fragte allerlei und erwartete Antwort. Vor Angst fielen mir die Antworten kaum ein. Aber dann wurde er ganz milde, lobte mich wegen mancher Dinge und meinte, ich könne doch sicher ein Gedicht aufsagen, bevor er uns beschenken würde. Bei diesem Gedicht blieb ich stecken vor Aufregung und drehte mich hilfesuchend nach meiner Großmutter um. Da sah ich Tränen in ihren Augen, als sie mir weiterhalf. Diese Tränen haben mich zutiefst berührt. Tränen um mich!
    Mit diesem Eindruck verwischt sich in meiner Erinnerung, was dann noch geschah.
    Ein paar Jahre später wollten Schulkameraden plötzlich wissen, daß es den Weihnachtsmann nicht wirklich gibt. Eine Welt drohte einzustürzen. Ich hatte ihn doch erlebt. Vielleicht sei es der verkleidete Onkel gewesen, zweifelte merkwürdigerweise nun auch meine Großmutter. Ich wollte und wollte es nicht glauben.
    Das große Weihnachtszimmer im Kerzenlicht mit dem Riesentisch, auf dem jeder sein Gabenplätzchen hatte. Wo für mich Träume von heißersehnten Spielsachen in Erfüllung gingen. Wo es so herrlich und ganz besonders duftete. Wo so viele zauberhafte

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