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Weihnachtsgeschichten am Kamin 02

Weihnachtsgeschichten am Kamin 02

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Richter , Stubel,Wolf-Dieter
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Bus, aus dem zwei Menschen ihm freundlich zuwinkten.

Magda Bils
Engelsgeläut

    Tante Lieschen war gekommen, für uns Kinder war Heiligabend ohne sie nicht denkbar. Sie half uns ungeduldigen sechs Rangen die letzten Stunden bis zur Bescherung zu ertragen und zu verkürzen.
    Während meine Eltern die Weihnachtsstube herrichteten, saßen wir in der Wohnküche. Unsere Gedichte, fein säuberlich auf extra dafür bestimmte Weihnachtsbogen übertragen, wurden von Tante Lieschen nochmals abgehört. Ebenso sorgte sie dafür, daß wir sauber gewaschen und hübsch angezogen vor den Tannenbaum traten.
    Obwohl wir Kinder wußten, daß die Bescherung erst abends um acht erfolgte, horchten wir in den Korridor hinein, ob das feine Klingen aus der Stube noch nicht ertönte. Dieses feine Klingen war für uns das Zeichen, daß die Kerzen am Christbaum angezündet waren, die letzte Handhabung der Eltern vollzogen war.
    Endlich hörten wir es, zuerst die Klänge, dann das Umdrehen des Schlüssels in der Zimmertür.
    Unwahrscheinlich artig und leise traten wir in die feierlich geschmückte Stube. Ich sah den großen, bis zur Decke reichenden, bunt und glänzend geschmückten Baum, die vielen Päckchen und Spielsachen darunter.
    Dann hing mein Blick fasziniert an der Zimmerdecke. Dreimal der sich drehende flackernde Schein, ausgelöst vom Engelsgeläut, der Tannenbaumspitze. Drei Engel trugen je einen Teller, an dem jeweils drei Ketten mit einer Perle befestigt waren. Diese drehten sich durch die Wärme der Kerzen und schlugen an drei unterschiedlich große Glocken an, so daß es einen Dreiklang ergab von wunderbarer Süße. Engelsgeläut!
    Dieses zarte Klingen erfüllte mein Herz mit Freude und Glück, unbeschreiblich schön.
    Wir wuchsen heran, doch der Heilige Abend blieb uns in seiner alten Form erhalten.
    Der Krieg machte diesem Zauber ein Ende, wir mußten die Heimat verlassen.
    Ich heiratete in Hamburg, und bald darauf hatten Alf und ich eine kleine Tochter. Unsere Weihnachtsfeste gestalteten wir so gut es ging in Anlehnung an zu Hause. Unser Tannenbaum wurde von Jahr zu Jahr größer, bis auch er vom Fußboden bis zur Decke reichte. Nur das Engelsgeläut fehlte, und es gab kein Weihnachten, ohne daß ich davon erzählte. Von Tante Lieschen, die uns diese wunderbare Tannenbaumspitze aus dem Erzgebirge einmal mitgebracht hatte, und wie es bei uns zu Hause war.
    Inzwischen war unsere Deern sechs Jahre alt geworden, und wieder stand Weihnachten vor der Tür. Mein Mann hatte die Aufgabe übernommen, den Christbaum und das Zimmer zu schmücken. Ich hingegen hatte Mühe, unsere Kleine zu besänftigen, bis das Messingglöckchen ertönte, das den Einlaß ins Zimmer erlaubte.
    Freudig traten wir ein, doch gebannt blieb ich stehen. Ein Schauer rieselte durch meinen Körper. Das ist doch nicht möglich, dachte ich, mein Gott, das Engelsgeläut! So lieblich schön, wie damals zu Hause. Tränen des Glücks schossen mir in die Augen, verschwommen sah ich auf den Weihnachtsbaum, konnte nichts erkennen.
    Betroffen nahm Alf mich in den Arm und trocknete meine Tränen.
    Ich suchte an der Zimmerdecke nach dem flackernden Schein der sich drehenden Teller. Nein, da war nichts, aber das wundersame Klingen blieb. Langsam faßte ich mich, lauschte und tastete mit meinen Blicken den Tannenbaum ab.
    Das Jauchzen unserer Tochter nach dem Entdecken des ersehnten Spielzeugs brachte mich in die Wirklichkeit zurück. Auch das Klingen wurde langsamer und verebbte.
    «Was war das, Alf?» fragte ich.
    Er ging zum Baum und holte aus den dichten Zweigen eine Spieluhr, eingebaut in ein Puppenradio. Die Melodie des Frühlingsliedes «Alle Vögel sind schon da» hatte ich nicht herausgehört. Für mich war es mein Engelsgeläut, und meinem Alf war ich für diese Bescherung unendlich dankbar und von Liebe erfüllt.

    Gerhart Asche

Nachkriegsweihnachtstannenbaumkerzen

    Ich sehe sie noch wie heute vor mir, die Weihnachtskerzen des Jahres 1946. Nie wieder hat ein Christbaum für mich so wunderschön, so intensiv gestrahlt wie damals.
    Ich war ein Kind, und für Kinder gab es zum Weihnachtsfest eine Kerze. Pro Kind eine Kerze, wohlgemerkt, käuflich zu erwerben unter Einlösung des entsprechenden Abschnittes auf der Lebensmittelkarte. Und just ein paar Tage vor diesem zweiten Nachkriegsweihnachtsfest fand mein Vater auf einem Trümmergrundstück, das er aufzuräumen half, einen dicken Klumpen Wachs. Einen Wachsklumpen, der beim Angriff vielleicht aus einem Bündel Kerzen

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