Weihnachtskatze gesucht
Das macht nämlich auch Spaß. Aber egal, die Kleine schaute mir über die Schulter, als ich mit der Pfote nach der Spinne angelte, und als ich sie hervorzerrte und für sie laufen ließ, hat sie sich so erschrocken, dass sie in heller Panik eine alte Buche hochgeschossen ist. Runter kam sie natürlich nicht, die kleine Schisserin, und so musste ich hinterherklettern und sie mit tausend Worten runterbeten.«
Ormuz’ samtpelziger Bauch bebte vor vergnügtem Brummeln.
»Ja, ja, Katzen und Bäume.«
»Ja, lustig war es, und lustig fand es auch der Mann mit seinem künstlichen Auge, der das Ganze beobachtet. Er hat ziemlich darüber gelacht.«
SueSue schmiegte sich an Ormuz, erschöpft von den vielen Erinnerungen und den neuen Erkenntnissen und döste über sein brummeliges Schnurren ein. Sie merkte kaum noch, wie er ihr liebevoll den Kopf und den Nacken leckte.
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16. Die Wahrheit
I m Briefkasten fand Salvia zwei Tage nach dem Essen mit Steve einen dicken Umschlag, der einen ganzen Stapel Ausdrucke enthielt. Alle zeigten sie die Katze, die vielleicht SueSue war, auf dem alten Friedhof.
Ja, es könnte sein. Doch! Diese Haltung – so hatte sie immer auf der Arbeitsplatte neben dem Herd gesessen, wenn sie den Einkaufskorb auspackte – mit einem lüsternen Schielen auf die Wursttüte. Und dieses Pfotenputzen nach einem Leckerbissen. Unverwechselbar die süßen kleinen Ohren gespitzt, wenn jemand an die Tür kam.
Wehmütig stupste Salvia die rosige Zungenspitze an, die SueSue manchmal selbstvergessen nach dem Bürsten aus dem Mäulchen lugte. Wie mochte sie auf diesen Friedhof geraten sein?
Wenn sie es denn war.
Entschlossen packte Salvia die Bilder zusammen und ging in den Blumenladen. Rudolf schnürte einen Strauß Rosen und Nelken zusammen, den ein Kunde gewünscht hatte.
»Darf ich, Rudi? Da fehlt noch ein bisschen Grünzeug dran.«
»Meinst du?«
|100| Kritisch betrachtete der alte Mann das Bündel Blumen.
»Ach, machen Sie sich keine Mühe«, sagte der Kunde. »Ist bloß für meine Schwester. Und ich hab’s wahnsinnig eilig.«
»Gerade, Herr Niklas, weil er für Ihre Schwester ist, machen wir uns die Mühe«, antwortete Salvia und nahm Rudolf die Blumen aus der Hand. »Hat sie Geburtstag heute?«
»Ungerne, wie sie sagt.«
Plötzlich hatte sie eine Idee. Besagte Schwester war die Nachbarin, die ihr im Frühjahr von der überfahrenen Katze berichtet hatte.
»Soll ich ihr den Strauß vorbeibringen, Herr Niklas? Dann könnte ich ihn in Ruhe hübsch zurechtmachen. Schreiben Sie ihr einfach ein paar Worte auf dieses Kärtchen.«
Manche Kunden waren überaus dankbar, wenn man sie bevormundete, und der Mann stimmte erfreut zu, kritzelte einen Gruß auf die aufgeklappte Karte, bezahlte und verließ zufrieden den Laden.
Mit geübten Griffen formte Salvia den Strauß zu einem anmutigen Gebinde und schlug ihn in Folie ein. Rudolf sah ihr mit einiger Bewunderung zu.
»Was so ein bisschen Unkraut und Gestrüpp ausmachen«, bemerkte er kopfschüttelnd. »Darauf wäre ich früher nie gekommen.«
»Du könntest ein paar Kurse besuchen, aber erst einmal sollten wir die Buchhaltung in Ordnung bringen, Rudi. Die Steuererklärung muss gemacht werden.«
|101| »Ich will nicht.«
»Weiß ich.«
»Ich hasse das Gerät.«
»Weiß ich auch.«
»Warum habe ich dich bloß in den Laden gelassen?«
»Weil du eine gute, aber erbärmlich faule Seele bist.«
»Wenn du nicht aufhörst, mich zu quälen, überschreibe ich dir den ganzen Kram, nehme das Angebot von Linda an und ziehe zu ihr nach Italien. Ach, dort in der der Bucht von Neapel liegt bestimmt kein Schnee!«
»Gute Idee, Rudolf.«
»Echt? Findest du?«
»Jetzt nach Italien zu reisen? Warum nicht?«
Rudolf rieb sich versonnen die Stirn.
»Ich war schon zweimal da, ein schönes, großes Haus haben sie dort.« Noch einmal rieb er sich zwischen den struppigen Brauen. »Aber ich würde mich langweilen.«
»Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?«, zitierte Salvia grinsend. »Du könntest ihren Garten umgestalten.«
»Da sagst du was!« Rudolf richtete sich auf und straffte die Schultern. »Hab ich immer viel lieber gemacht als Sträuße binden.«
»Hey, das war nicht ernst gemeint.« Entsetzt legte Salvia den Strauß auf die Theke. Visionen, wie Rudolf einen gepflegten mediterranen Garten verwüstete; ließen sie in kalten Angstschweiß ausbrechen.
»Vielleicht nehme ich es aber ernst!« Er wies mit dem Kinn auf die Blumen. »Jetzt
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