Weihnachtszauber 02
er angewidert und erhob sich.
„Aber ...“
„Ich hätte niemals herkommen sollen.“ Gray sah mit eisigem Blick auf sie hinab.
„Niemals ...“ Er schüttelte den Kopf. „Ursprünglich habe ich beabsichtigt, lediglich zwei Tage in Steadley Manor zu weilen und anschließend nach Gloucestershire weiterzureisen, um die Weihnachtsfeiertage bei Freunden zu verbringen. Nach meiner Ankunft hatte ich zunächst vor, diese Pläne zu ändern. Aber angesichts dessen, was soeben geschehen ist, denke ich, es ist besser, wenn ich meine Pläne nicht ändere.“
Amelia sank das Herz. „Du willst abreisen?“
Seine Augen verengten sich. „Gleich morgen in aller Frühe.“
Sie schluckte schwer und blinzelte rasch, um die Tränen, die in ihre Augen getreten waren, zurückzuhalten. Sie wusste, nichts, was sie sagte, nichts, was sie tat, würde seine Meinung ändern. Scheinbar war er so sehr von ihr abgestoßen, so schockiert über ihr Benehmen, dass er es kaum über sich brachte, sie anzusehen, geschweige denn mehr Zeit in ihrer Gesellschaft zu verbringen.
8. KAPITEL
Letztendlich verließ er Steadley Manor am nächsten Morgen nicht bereits in aller Früh, sondern sehr viel später als geplant.
Da er sich der Notwendigkeit bewusst war, sich von Amelias Schlafgemach fernzuhalten, wartete Gray im Frühstückszimmer auf sie. Die Uhr schlug acht und schließlich neun, doch Amelia erschien nicht. Schließlich sah er sich gezwungen, eines der Dienstmädchen nach oben zu schicken und ihr ausrichten zu lassen, er wünsche sie unverzüglich zu sehen.
Ihr Widerwillen, sich in seiner Nähe aufzuhalten, war mehr als offenkundig, als sie wenige Minuten später erschien. Sie verharrte an der Tür, blass und schön, anscheinend bereit, bei der nächstbesten Gelegenheit die Flucht zu ergreifen.
Er erinnerte sich an den Grund, der ihren Widerwillen ausgelöst hatte, und presste fest die Lippen zusammen. Er wusste, er hätte Amelia nicht küssen dürfen, ganz zu schweigen davon, sie so intim zu berühren, wie er es getan hatte. Zweifellos hatte seine große Leidenschaft ihr Angst eingejagt.
Gray verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Ich warte seit zwei Stunden darauf, abreisen zu können, Amelia.“
Ebenso lange hatte sie sich in ihrem Zimmer die Seele aus dem Leib geweint. Auch in der vorangegangenen Nacht hatte sie lange und bitterlich geweint. Die heißen Tränen der Scham hatten ihre Spuren hinterlassen und zeigten sich in den dunklen Augenschatten und ihrem leichenblassen Teint.
Sie hatte ihn nicht wiedersehen wollen, hatte sich nicht erneut seinem eiskalten Blick aussetzen wollen. Sie legte keinen Wert darauf, zu erfahren – oder zu spüren –, wie sehr er sie verachtete. Es war grausam, dass er nun darauf bestand, sich vor seiner Abreise nach Gloucestershire von ihr zu verabschieden.
Stolz hob sie das Kinn. „Ich denke, wir haben uns nichts mehr zu sagen, Gideon.“
Entschlossen hielt sie seinem kühlen, forschenden Blick stand, aufmüpfig darauf beharrend, ihn weiterhin beim Vornamen zu nennen.
„Wenn dies dein Wunsch ist“, sagte er abweisend. „Mich kümmert im Augenblick allein, wann du fertig sein wirst, damit wir endlich aufbrechen können.“
Amelia sah ihn erstaunt an. „Aufbrechen? Wohin?“
Gray betrachtete sie ungehalten. Ihre Situation war schwierig genug. Das lange Warten hatte bereits sehr an seiner Geduld gezerrt, und dass er sich nun auch noch wiederholen musste, trug nicht eben dazu bei, ihn zu besänftigen. „Ganz gewiss habe ich dir mitgeteilt, dass ich unsere Reise nach Gloucestershire in aller Frühe antreten will.“
Sie schüttelte den Kopf. Ihre goldblonden Locken waren an diesem Morgen straff zurückgekämmt und wurden durch ein goldbraunes Band im Zaum gehalten, das dieselbe Farbe hatte wie ihr langärmeliges Kleid. „Du hast nicht erwähnt, dass ich dich begleiten soll.“
„Natürlich sollst du mich begleiten!“, meinte er schroff. „Hältst du mich wirklich für ein solch großes Monster, dass du annimmst, ich würde dich über Weihnachten hier allein zurücklassen?“
Die Antwort auf diese Frage kannte Gray allerdings bereits – und sie gefiel ihm nicht.
Ebenso wusste er, warum sich Amelia an diesem Morgen nur widerwillig in seiner Nähe aufhielt. Und dieser Widerwillen war vollkommen gerechtfertigt, genügte doch allein ihr liebreizender Anblick, um in ihm erneut den Wunsch zu wecken, ihr seine Liebe zu beweisen.
Zur Hölle noch mal! „Nun?“, fragte er.
Aus
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