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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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leere Schüssel. »Vielleicht morgen Abend.«
    Ich nickte und schaute auf den Fernseher, wo gerade Werbung für ein Asthmamittel lief. Der Schauspieler, der den Arzt spielte, sah aus wie Tim. Jeden Tag fielen mir Dinge ein, die ich ihm sagen wollte, aber ich konnte es nicht, weil er nicht anrief. Ich guckte in meine Schüssel mit Eiscreme. Obwohl ich erst die Hälfte davon gegessen hatte, stellte ich sie auf den Fußboden.
    Mein Vater beugte sich vor und streckte seine Arme. »Ich werde das Laufband nehmen und den Crosstrainer. Und mit Gewichten arbeiten. Ich fahre einfach nach der Arbeit auf dem Heimweg vorbei. Duschen kann ich dort. Das heißt, dass ich morgen eher spät nach Hause komme.«
    Ich nickte wieder. Mein Vater war erst vor Kurzem in einen Fitnessclub eingetreten; normalerweise sei er drei bis vier Mal pro Woche dort, behauptete er. Er hatte schon einiges an Bauchumfang verloren und sah insgesamt gut aus. Es machte den Eindruck, dass er sich mehr Mühe mit seiner Kleidung gab, auch wenn er nicht zur Arbeit ging. Solange ich mich erinnern konnte, hatte er seine Abende in einem alten, weißen T-Shirt und einer blauen Trainingshose verbracht, die meine Mutter verabscheute. Jetzt lief er in der Wohnung in neuen T-Shirts und Khakishorts herum, die aussahen, als ob Tim sie auch tragen würde. Er hatte schicke, gestreifte Schlafanzüge und einen eleganten Bademantel, den er anzog, wenn er aus der Dusche kam.
    »Und es macht dir bestimmt nichts aus?« Er bückte sich, um seine und meine Dessertschalen aufzuheben. »Ich möchte an den Feiertagen nicht zu träge werden. Aber du schläfst wahrscheinlich schon, wenn ich zurückkomme.«
    »Macht nichts.« Ich starrte weiter auf den Bildschirm. Die Asthmamittelwerbung hatte mich in eine Abwärtsspirale gezogen. Tim würde eine neue Freundin finden, und ich würde sie zusammen auf dem Campus sehen.
    »Liebes?« Mein Vater stand auf, beide Schüsseln im Arm.
    »Dad. Geh morgen ruhig ins Fitnesscenter.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich finde es toll, dass du so auf dich achtest.«
    Er schaute weg. Dann sah er wieder zu mir und biss sich auf die Lippe.
    »Ich bin so nervös«, gestand er. »Ich hasse das.«
    Als ich ihn ansah, griff er nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.
    »Ich treffe mich mit jemandem.« Er stellte die Dessertschalen ein bisschen zu fest auf den Glastisch. Eine von ihnen kippte um, und Vanillecreme floss auf die Tischplatte. Er fluchte halblaut. »Okay? Es ist heraus. Ich treffe mich mit jemandem. Das ist bestimmt ein komisches Gefühl für dich. Glaub mir, Veronica, für mich ist es auch ein komisches Gefühl, in dein liebes Gesicht zu sehen und dir das zu sagen, aber ich habe eine Freundin. Sie ist ein Teil meines Lebens. Ich habe mich weiterentwickelt. Und sie ist es auch, die ich morgen Abend sehen möchte.«
    Ich rührte mich nicht, reagierte nicht. Ich wollte nichts mehr hören, aber wenn er weiterredete, musste ich zuhören. Ich konnte mir ja schlecht die Ohren zuhalten wie ein Kind. Mein Vater schaute mich über den Rand seiner Brille hinweg an und guckte mir in die Augen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn schon jemals so verunsichert erlebt zu haben.
    »Sie ist sehr nett«, fuhr er fort. »Susan O'Dell. Du hast sie vor Jahren in der Kanzlei kennengelernt, auf der Labor-Day-Party, als sie diese riesige Wassermelone mitgebracht hat. Sie konnte sie kaum tragen, weißt du noch? Kastanienbraunes Haar. Schlank. Auf Elises Hochzeit war sie auch.« Er hob abwehrend seine Hände. »Damals lief gar nichts zwischen uns. Sie war bloß eine Kollegin, eine gute Bekannte. Aber wir haben angefangen, uns öfter zu sehen ...«
    Ich versuchte, mich an diese Party zu erinnern oder auch nur an den flüchtigen Eindruck einer Frau, die eine Wassermelone getragen hatte. Nichts. Ich konzentrierte mich darauf, ruhig zu bleiben und meine Lippen nicht einmal ein kleines bisschen zu verziehen.
    »Du wirst sie mögen. Sie ist wirklich klug, eine tolle Anwältin. Ihr geht es nicht darum, gut versorgt zu sein, weißt du. Sie hat ihr Leben lang hart gearbeitet.«
    Mein Blick verhärtete sich. Ich war mir nicht sicher, ob er nicht einen Vergleich mit meiner Mutter beabsichtigt hatte.
    Er trat einen Schritt zurück und strich sich das Haar glatt. »Ich möchte, dass du sie kennenlernst«, sagte er. »Ich möchte, dass sie zum Essen kommt, wenn Elise hier ist. Dann kann sie euch beide kennenlernen.

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