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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gehen.«
    »Schon gut, Liebes«, beruhigte mich meine Mutter. »Du weißt nicht, was sie von uns will.« Trotzdem drückte sie auf den Knopf für die Zentralverriegelung.
    Als Haylie noch ungefähr fünf Meter entfernt war, steuerte sie die Fahrerseite des Vans an. Ich entriegelte meine Tür und stieg aus. Es war nicht meine Schuld, dass meine Mutter eine schwere Zeit durchmachte, wenigstens nicht direkt. Aber ich wollte nicht, dass Haylie sie jetzt belästigte.
    »Was willst du?«, fragte ich.
    Sie sah mich an, senkte den Blick und versuchte, an mir vorbeizugehen. Ich stellte mich ihr in den
    Weg.
    »Was? Willst du uns wieder etwas über euer Auto vorjammern? Wie schlimm es ist, dass du den Bus nehmen musst? Fein.« Ich zeigte auf mich. »Du kannst mir was vorjammern, Haylie. Lass meine Mutter in Ruhe.«
    Sie sah mich an, als wäre ich diejenige, die sie quälte, und nicht umgekehrt. Ihre Nase war von der Kälte gerötet.
    »Ich habe extra den Bus genommen, um herzukommen«, sagte sie und senkte wieder den Blick. »Ich will bloß mit ihr reden. Mit ihr, nicht mit dir. Ist das okay?«
    Ich schüttelte den Kopf. Der Bus fuhr nicht mal in die Gegend, in der sie lebten. Ich starrte ihre Laufschuhe an.
    »Sprich einfach mit mir«, forderte ich sie auf.
    Der Motor des Vans sprang an. Wir drehten uns beide um, als das Fenster auf der Seite meiner Mutter nach unten glitt. Sie legte ihren Arm auf den Türrahmen, und Bowzers Gesicht tauchte auf.
    »Was ist denn los?« Meine Mutter runzelte die Stirn, als kalte Luft in den Wagen kam, und wickelte sich ihren Schal fester um den Hals.
    »Ich soll Ihnen das hier geben.« Haylie griff in ihre Manteltasche und zog einen Umschlag heraus. Sie versuchte, ihn meiner Mutter zu geben. Als meine Mutter ihn nicht nahm, hob Haylie den Blick zum Himmel, der fast genau die Farbe ihrer Augen hatte. Und es war schwer, sie anzuschauen - sogar in diesem Moment - und nicht daran zu denken, wie unfair es war, dass sie so schön war. Haylie Butterfield würde immer schön sein, egal, was sie mit sich anstellte. Schwarzes Haar. Lila Haar. Zu viel Make-up. Ein Nasenring. Es wäre egal. Sie würde ihre Schönheit nicht loswerden - nicht einmal, wenn sie es versuchte.
    »Jimmy hat mir gesagt, dass Sie im Studentenwohnheim leben«, erklärte sie. »Und was heute Morgen passiert ist. Er hat es mir erzählt. Ich habe meine Mom angerufen, und sie will, dass Sie sich gleich bei ihr melden. Sie hat gesagt, dass Sie bei ihr bleiben können. Der Hund auch.«
    Wieder versuchte Haylie, den Umschlag zu überreichen, und diesmal nahm meine Mutter ihn.
    »Darin steht ihre Telefonnummer. Und ich habe aufgeschrieben, wie man zu ihr kommt.« Sie schob sich eine dunkle Haarsträhne hinter das Ohr. »Sie wohnt in einem Apartment beim Med Center. Es ist ziemlich klein, und es gibt keinen Garten. Aber sie hat gesagt, dass Sie dort bleiben und den Hund mitbringen können, wenn es wirklich nur für eine Woche ist. Sie geht zurzeit auf die Schwesternschule und ist praktisch nie zu Hause. Deshalb ist mein Bruder in Oregon.«
    Sorgenvoll betrachtete meine Mutter den Umschlag. Vielleicht dachte sie an Haylies kleinen Bruder, aber vielleicht war ihr auch gerade klargeworden, dass selbst diese neue und für sie beste Möglichkeit nicht schmerzlos sein würde. Wenn es nur für eine Woche ist. In jeder anderen Situation, in unserem früheren Leben, wäre das eine so zögerliche Einladung gewesen, dass meine Mutter sie nicht angenommen hätte. Sie und Haylies Mutter waren befreundet gewesen, mehr als nur Bekannte. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie jemals gute Freundinnen gewesen waren. Doch im Moment konnte sich meine Mutter keine Sorgen darüber machen, ob sie sich anderen aufdrängte. Wenn das die einzige Möglichkeit war und diese an Bedingungen geknüpft war, na schön.
    »Danke, Simone«, sagte meine Mutter und legte den Umschlag auf ihren Schoß.
    Haylie wirkte verlegen. Ich wusste nicht, ob es das »Danke« oder das »Simone« war, was sie nicht hören wollte. Aber in diesem Augenblick wurde mir etwas anderes klar. Es hätte mich nicht überraschen dürfen, dass sie den weiten Weg gemacht hatte, um uns zu finden. Was auch immer sie in den letzten zwei Jahren versucht hatte, aus sich zu machen, etwas in ihr musste sich daran erinnert haben, wie man sich fühlte, wenn alles in die Brüche ging. Wirklich, es wäre überraschender gewesen, wenn sie über Jimmys Geschichte gelacht und sich kein bisschen Sorgen um meine

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