Weil wir glücklich waren - Roman
besser. Er habe es nicht einmal gemerkt, als sie ging.
Kurz bevor wir am Flughafen ankamen, nahm sie die Duftscheibe ab und legte sie unter ihren Sitz. Sie merkte, dass ich sie anschaute.
»Das Ding sieht ein bisschen billig aus«, erklärte sie.
Elise stieg in Jeans, einem weiten Hemd und Flipflops aus dem Flugzeug. In ihrem hellbraunen Haar waren goldene Strähnchen, und sie hatte es zu einem Pferdeschwanz gebunden. Eine Tasche trug sie nicht, nur mehrere Aktenordner. Sie fing an zu gähnen, aber als sie uns sah, lächelte sie. Meine Mutter und ich waren gleichzeitig bei ihr. Als ich sie umarmte, klemmte sie sich ihre Ordner unter einen Arm und kitzelte mich. Das machte sie so lange, bis ich lachte und kreischte.
»Mädchen«, sagte meine Mutter. »Mädchen!« Aber sie lachte auch ein bisschen. Als sie Elises nackte Zehen sah, stutzte sie.
»Liebling«, sagte sie. »Es schneit!«
»Keine Angst, ich habe Stiefel mitgebracht.« Sogar in Flipflops war Elise größer als wir. »Und einen Mantel. Wisst ihr noch, wie mein Koffer aussieht? Er ist silbern. Könnt ihr am Gepäckband darauf warten? Ich muss aufs Klo. Dringend!« Sie drückte mir die Aktenordner in die Hand. »Hier«, sagte sie. »Halt das mal.«
Meine Mutter und ich beobachteten, wie ihre Flipflops über den Boden schlappten, als sie zu den Toiletten lief.
»Sie sieht gut aus«, sagte meine Mutter leise. Ich wusste, was sie meinte. Elise war von Natur aus groß und dünn, aber wenn sie unter Stress stand, konnte sie so viel abnehmen, dass ihr Kopf zu groß für ihren Körper zu sein schien und ihr Gesicht hager wurde und jede Farbe verlor. Dieser Zustand hielt nie lange an, aber meine Mutter hatte sich deshalb fünfzehn Jahre lang Sorgen gemacht. So, wie meine Schwester ihr Leben in Kalifornien beschrieben hatte, hatten wir wohl beide erwartet, dass sie viel zu dünn sein würde. Aber sie sah wirklich gut aus. Als sie mit schwingenden Hüften im Waschraum verschwand, sah sie gesund aus, sogar kurvig.
»Was hast du für sie besorgt?«
»Zu Weihnachten?« Ich drehte mich auf den Zehenspitzen um und hielt nach dem Gepäckband Ausschau. »Einen Kerzenständer.« Das war gelogen. Ich hatte schon meine »Mathe ist schwer«-Barbie für Elise als Geschenk eingepackt. Als ich ihr ein Jahr zuvor von der Puppe erzählt hatte, wollte sie auch eine haben, aber sie konnte bei eBay keine finden. Ich wollte nicht mit meiner Mutter darüber reden und wieder erklären - weder die Puppe noch warum Elise sie gern gehabt hätte und ich sie nicht mehr haben wollte. Es schien das perfekte Geschenk zu sein, nicht zuletzt deshalb, weil es nichts kostete und ich kein Geld hatte.
»Was hast du für sie?«, fragte ich.
»Ohrringe.« Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, ob es das Richtige ist. Ich weiß nie, was ihr gefällt.«
Als wir den Flughafen verließen, trug Elise einen grauen Wollmantel über einem Rollkragenpullover und einer schwarzen Hose, die unerklärlicherweise nicht zerknittert waren. Sie öffnete die Seitentür des Vans, um ihre Sachen hineinzustellen. »Warum riecht es hier drin nach billigem Parfum?« Sie wedelte mit einer behandschuhten Hand vor ihrem Gesicht herum. »Oh mein Gott. Flieder? Eher Chemie. Igitt!«
Wir fuhren mit offenen Fenstern, sodass Schnee hereinwehte. Elise saß auf dem Beifahrersitz. Sie erzählte von ihrem lästigen Sitznachbarn im Flugzeug, einem Mann, der nichts mitgenommen hatte, um sich während des Fluges zu beschäftigen. Anscheinend war er der Meinung gewesen, dass Elise verpflichtet sei, sich mit ihm zu unterhalten, und er hatte ständig versucht, ihr von den Tücken in seinem Job als Vertreter für Autoersatzteile zu erzählen, obwohl nicht zu übersehen gewesen war, dass sie gern gelesen hätte.
»Er wollte mich nicht anbaggern«, sagte Elise. »Gleich zweimal erwähnte er seine Frau. Er schien einfach zu glauben, dass ich für ihn da zu sein hätte. Vielleicht hätte ich ihm Buntstifte oder Klebebildchen besorgen sollen. Nach einer Weile habe ich ihm das Bordmagazin gegeben. Ich fand das ziemlich deutlich, aber er quasselte trotzdem einfach weiter und stellte mir ständig Fragen. Also habe ich gesagt: ›Entschuldigen Sie, ich kann mich nicht mit Ihnen unterhalten. Ich muss diese Fälle bis Dienstag vorbereitend Doch dann wollte er meinen Rat als Anwältin! Irgendein Besitzrechtsstreit mit seinem Cousin. Er fing an, mir davon zu erzählen. Im Ernst. Die ganze Zeit hatte ich meine Brille auf und den Kopf nach vorne
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