Weil wir glücklich waren - Roman
zusammen und starrte die Betonwand an. »Lächerlich«, sagte er dann langsam und betrachtete eingehend die Rohre. »Es ist lächerlich, dass man nicht in jedem Zimmer die Wärme selbst regulieren kann. Ich frage mich, ob es möglich wäre, so etwas wie einen separaten Thermostat einzubauen.«
Sein Verstand arbeitete tatsächlich so. Schon oft war es vorgekommen, dass er mitten in einem Gespräch über unsere Beziehung oder meine Gefühle plötzlich durch irgendeine Frage über die Schaltkreise oder die Heizanlage eines Gebäudes abgelenkt worden war. Es war wie ein Tick, an dem er nichts ändern konnte. Aber in diesem Fall war ich mir ziemlich sicher, dass es bloß ein Vorwand war. Er wechselte das Thema, um mir Zeit zu geben und mir den Druck zu nehmen.
Und dann, weil es so einfach schien, so logisch und vor allem so wahr, sagte ich: »Ich würde gern mit dir zusammenleben.«
Auf dem Schreibtisch klingelte mein Handy. Wir schauten es beide an.
»Willst du nicht rangehen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber ich weiß es nicht. Ich meine jetzt nicht das Handy. Ich meine, ob ich bei dir einziehen soll. Ich muss darüber nachdenken. Ich brauche einfach Zeit zum Nachdenken.«
»Klar. Sicher. Kein Problem.« Er beugte sich vor und küsste mich auf die Stirn. »Wann musst du dich für diesen Job fürs nächste Jahr bewerben?«
»Im Januar.« Mein Handy war verstummt. Über uns endete der Reggae-Song - und fing wieder von vorne an.
Ich wachte im Dunkeln auf, die Bettdecke hatte ich über meinen Kopf gezogen. Als ich die Lampe neben meinem Bett anknipste, sah ich, dass es Viertel nach zwei war. Auf meiner Wange klebte ein Notizzettel.
Schlaf gut. Viel Spaß im Jacuzzi. Fahr vorsichtig. Ich liebe dich.
Neben das Wort »dich« hatte er ein Kaninchen gezeichnet, das auf eine neurotische, total gestresste Art ein bisschen wie ich aussah. Ich stand auf und stellte den Zettel vorsichtig auf meinen Schreibtisch, so gegen meinen Taschenrechner gelehnt, dass ich ihn sehen konnte. Mein Physiologiebuch war immer noch auf derselben Seite aufgeschlagen, die ich studiert hatte, bevor Tim gekommen war. Aber das Hundshai-Diagramm sah völlig fremd aus, und die Wörter verschwammen vor meinen Augen. Ich musste schlafen. Am nächsten Morgen würde ich alles über Hundshaie lernen, entweder vor oder nach der Fahrt zum Flughafen. Zeit genug. Es musste Zeit genug sein.
Gerade wollte ich mich wieder hinlegen, als mir einfiel, dass vorhin jemand angerufen hatte. Ich setzte mich auf das Bett und tippte meine PIN ein.
»Hey, hier ist deine große Schwester. Ich weiß, dass es bei euch schon spät ist. Entschuldige. Liegst du schon im Bett?« Es folgte eine Pause. »Vergiss es. Das muss ich nicht wissen. Hör mal, ich wollte dir sagen, dass ich neulich mit Mom gesprochen habe. Ich habe sie angerufen, und sie klang komisch. Sogar für ihre Verhältnisse. Sie redete davon, ihren Namen in Natalie Wood ändern zu lassen. Vielleicht hat sie bloß Spaß gemacht. Aber es hörte sich nicht so an. Veronica, sie hörte sich irgendwie ... verrückt an. Ich mache mir Sorgen. Vielleicht hat sie so etwas wie einen Nervenzusammenbruch.«
Ich gähnte und hielt das Handy an mein anderes Ohr. Meine Schwester war nicht ganz auf dem Laufenden. Meine Mutter hatte seit ungefähr einem Jahr einen Nervenzusammenbruch. Schön, dass Elise das im fernen San Diego mittlerweile auch mitbekommen hatte.
»Ich kenne keinen ihrer neuen Nachbarn. Also, ich hoffe, du schaffst es wenigstens, sie anzurufen. Aber noch lieber wäre mir, du würdest sie besuchen. Ich weiß, dass du kein Auto hast. Aber ... ich weiß nicht. Irgendwas stimmt da nicht, Veronica. So habe ich sie noch nie erlebt. Okay. Ruf mich an. Ruf mich noch heute Abend an. Ich bleibe auf.«
Ich legte das Handy hin, ging ins Bett und machte das Licht aus. Es war zu spät - oder zu früh, wie auch immer -, um in Kalifornien anzurufen. Und ich war müde. Ich hatte schon genug Sorgen, auch ohne dass ich meine Mutter weckte, nur um festzustellen, dass sie immer noch unglücklich war, sich immer noch schuldig fühlte und immer noch unschlüssig war, was sie mit sich anfangen sollte. Die Wahrheit war, dass sie sich all das mit ein paar schlechten Entscheidungen, die sie getroffen hatte, selbst eingebrockt hatte. Wie mein Vater zu sagen pflegte: Sie hatte sich das Bett gemacht, in dem sie jetzt lag. Und so, verhärtet gegen sie und sehr müde, legte ich mich in mein eigenes.
Kapitel 4
Ihre eigene Tochter hatte sie
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