Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Oberlicht über unseren Köpfen. Es war dunkel. »Lebt diese Simone hier mit ihm zusammen?«
    »Ich glaube schon«, antwortete ich. Ich hatte nicht einmal Gretchen erzählt, dass Simone in Wirklichkeit Haylie hieß oder dass ich sie von früher kannte. Wenn das arme Mädchen jemand anders sein will, dann lass sie eben. Ich nahm noch einen kräftigen Schluck von meinem Drink und schaute mich in der riesigen Küche um. Hier frühstückte also Haylie/Simone. Seltsam, dass ich so viel über ihr neues und auch ihr altes Leben wusste. Ich fragte mich, ob ihre Mutter oder ihr kleiner Bruder oder ihr Vater, der im Gefängnis saß, wussten, wo und wie sie lebte ... oder dass sie ihren Namen geändert hatte.
    »Was ist das?« Gretchen drückte auf ein paar Knöpfe in der Wand, und laute - aber nicht zu laute - lateinamerikanische Musik ertönte aus irgendeiner unsichtbaren Quelle. »Ist ja cool!« Sie griff nach ihrem Drink und drehte sich langsam im Kreis. »Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt.«
    Sie stellte die Lautstärke höher. Ich schwang meine Beine im Rhythmus des Schlagzeugs. Ich war mir nicht sicher, ob ich mir wegen der Nachbarn Gedanken machen sollte. Draußen sah man gepflegte Vorgärten, und alle Autos standen in Garagen. Es schien mir nicht die Art von Straße zu sein, wo man mitten in der Nacht laute Musik spielen konnte. Ich nahm mein Handy heraus, um nachzuschauen, wie spät es war, und stellte fest, dass meine Mutter angerufen hatte.
    Gretchen stellte die Musik leiser. »Was ist los? Wer hat angerufen?«
    »Niemand«, sagte ich. Ich hatte ihr nicht erzählt, dass meine Mutter heute Morgen einfach aufgelegt hatte. Vielmehr hatte ich meine Mutter überhaupt nicht erwähnt. Es war mir zu peinlich. Alles andere, was an diesem Morgen passiert war, ließ sich überwiegend auf Pech und schlechtes Timing schieben. Aber die Reaktion meiner Mutter, oder vielmehr ihre mangelnde Reaktion, schien darauf hinzuweisen, dass etwas in ihr - und vielleicht auch in mir - kaputtgegangen war.
    »Es war Tim«, log ich. »Bloß Tim.«
    »Ach so.« Sie angelte mit einer Gabel ein Stück Makkaroni aus dem kochenden Wasser, schaute mich dabei aber weiter an. »Habt ihr ... habt ihr gestritten oder so?«
    Ich schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. Nicht mal, wenn ich nüchtern war, konnte ich gut lügen. Und jetzt fühlte ich mich ziemlich benommen. Ich hielt mein Glas mit beiden Händen fest. »Er möchte, dass ich bei ihm einziehe. Nächstes Jahr. Die Miete übernimmt er, hat er gesagt.«
    Sie pustete auf das dampfende Stück Makkaroni. »Ist das ein Problem?«
    Mein Handy piepste. Ich schaute auf das Display. Schon wieder meine Mutter. Ich drückte auf »Ignorieren«. Zu spät! Zu spät für dich! Ich nahm mir noch einen Drink.
    Gretchen schaute mich besorgt an. »War das wieder Tim?«
    »Ja.« Ich nickte bestätigend. »Ja. Er ist echt ... also, er ist echt ziemlich hartnäckig. Ruft ständig an.«
    Sie zog die Nase kraus. »Um dich unter Druck zu setzen?«
    »Nein. Nein.« Ich hielt mir den Mund zu. Ich fühlte mich mies, wenn ich ihn hinstellte, als wäre er herrschsüchtig oder sogar ein bisschen verrückt. In Wirklichkeit hatte er mich noch gar nicht angerufen, seit er nach Chicago aufgebrochen war. Ich musste aufhören zu reden. »Er hat bloß angerufen, um Hallo zu sagen.«
    Sie drehte sich um, um das Wasser abzustellen, und schaute mich dann wieder verwirrt an. »Das verstehe ich nicht. Es scheint dich ja zu stören, dass er anruft. Beunruhigt es dich, dass er sich wünscht, dass du bei ihm einziehst?«
    Ich nickte.
    »Du hast doch erzählt, wie schön es neulich Abend mit ihm war. Pausenlos hast du davon geschwärmt, wie glücklich du warst.«
    »Ich habe nicht pausenlos davon geschwärmt.«
    »Na gut. Aber dein Gesicht war ...« Sie lächelte. Ihre Augen wirkten plötzlich ausdruckslos. »Und du hast gesagt, dass du total glücklich warst.« Sie warf mir einen schnellen Blick zu. »Und du hasst das Wohnheim.«
    Ich seufzte. Sie war genau wie er. Ich war offensichtlich die Einzige, die das Problem erkannte. »Ja, aber was ist, wenn wir uns trennen?« Ich hob mein Glas, als wollte ich anstoßen. »Dann kann ich nirgendwohin. Dann habe ich keinen Job mehr.«
    Sie nickte und kippte die Nudeln in ein Sieb. Dampf stieg auf. »Okay. Da hast du recht.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass du recht hast. Zieh nicht bei ihm ein.«
    Das war nicht das, was ich von ihr hören wollte. Ich stützte mich mit den Ellbogen auf die

Weitere Kostenlose Bücher