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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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entschuldigt. Sie hat gemeint, sie habe einen schlechten Tag gehabt.«
    »Aber sie wusste, dass du einen Autounfall hattest, korrekt? Sie wusste, dass du irgendwo da draußen auf dem Highway bist?«
    Ich runzelte die Stirn. Korrekt. Er sprach wie vor Gericht. »Ich kann mich nicht erinnern«, antwortete ich. Er lächelte geduldig, beugte sich noch ein bisschen weiter vor und langte an meiner Gabel vorbei, um meine Hand zu berühren.
    »Versuch es.« Er wirkte verärgert oder vielleicht auch enttäuscht. »Erzähl mir einfach, was sie zu dir gesagt hat. Erzähl mir genau, was sie gesagt hat.«
    Ich wollte ihn gerade fragen, worauf er hinauswollte und warum er sich so sehr darauf versteifte, als mein Blick - noch während ich all meinen Mut zusammennahm - auf den Stift in seiner Brusttasche fiel, der, wie ich jetzt feststellte, gar nicht wie ein Stift aussah. Er war rechteckig. Und er schien an der Spitze mehrere Öffnungen zu haben.
    Er sah, wo ich hinschaute, und setzte sich rasch auf.
    Ich hörte auf zu kauen und legte mein Besteck hin.
    »Was hast du da in deiner Brusttasche?«
    Er sah mich hilflos an. Ich glaube, es war das erste Mal in meinem ganzen Leben, dass ich ihn überrascht hatte.
    »Ist das dein Diktiergerät?« Ich schüttelte den Kopf. Ausgeschlossen. Ich konnte es einfach nicht glauben. Es war das Diktiergerät, das meine Mutter ihm zu Weihnachten geschenkt hatte. Es war schick, elegant und sah fast wie ein Kugelschreiber aus. Sie hatte gehofft, dass mein Vater es bei der Arbeit brauchen könnte.
    »Hast du etwa aufgenommen, was ich gerade gesagt habe?«
    »Na schön. Ich stelle es ab.« Er drückte auf einen Knopf an dem Rekorder und griff nach seinem Besteck. Mit verkniffenem Mund griff er nach der Steaksauce.
    »Warum machst du so was?« Ich war völlig verwirrt. Meine Hände lagen schlaff in meinem Schoß.
    »Sie hat eine Grenze überschritten, okay?« Er zeigte mit seiner Gabel auf mich. Es war keine bedrohliche Geste, eher ein Zeichen von Trägheit: Er aß noch und hatte keine Lust, Messer und Gabel hinzulegen, aber trotzdem musste er auf mich zeigen. »Das, was deine Mutter getan hat - dich einfach da draußen hängen zu lassen -, ist absolut inakzeptabel. Und es muss dokumentiert werden.«
    Warmer Speichel sammelte sich in meinem Mund. Ich starrte auf mein Steak. Mein Magen existierte nicht mehr. »Dokumentiert wofür?«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Es hat nichts mit dir zu tun. Es ist nicht dein Problem.« Er blickte auf und machte wieder die ungeduldige Handbewegung. »Warum isst du nicht?«
    Ich rührte mich nicht. »Du willst das bei der Scheidung verwenden? Du willst es gegen sie verwenden?«
    Statt zu antworten, verdrehte er die Augen, er kaute noch. Dann tupfte er sich den Mund mit der Serviette ab. Als er wieder sprach, war seine Stimme ganz ruhig, aber seine Worte waren knapp und hart. »Worauf du wetten kannst. Das kannst du aber glauben. Sie macht sich Illusionen über mein Vermögen. Sie glaubt, dass ich Berge von Geld vor ihr verstecke.«
    »Ja«, erwiderte ich matt. »Das höre ich von euch beiden.«
    »Okay. Sei nur sarkastisch. Sei bockig. Aber denk wenigstens über das nach, was ich sage. Halten wir uns einmal die Tatsachen vor Augen: Deine Mutter hatte, wie du weißt, eine Affäre. Sie hat beschlossen, das Ehegelöbnis zu brechen, den gesetzlichen Vertrag.« Er schob sich ein Stück Steak in den Mund und schnitt weiter das Fleisch. »Deshalb trägt allein sie die Verantwortung für das Scheitern unserer Ehe. Aber aufgrund der Gesetzeslage bekommt sie trotzdem die Hälfte von allem, was ich verdient habe, wofür ich mir fast dreißig Jahre lang den Arsch aufgerissen habe. Und nicht einmal das ist ihr genug. Sie findet, dass sie trotzdem schlecht abschneidet!« Er zerkleinerte immer noch das Steak. Sein Messer kratzte auf dem Teller, und seine Stimme wurde immer lauter. Das Lachen am Nebentisch verstummte. »Deine Mutter hatte es ziemlich gut, weißt du? Sie musste nie arbeiten, hatte immer ein schönes Zuhause, ihren Garten. Hübsche Kleider. Guter Friseur. Ich dachte, sie wäre ein kleines bisschen dankbar. Aber weißt du was? Ich habe mich geirrt.«
    Das war nicht fair. Mein Körper wusste das noch vor mir. Ich spürte, wie eine Art Strom durch mich hindurchlief und meine Hände unter dem Tisch hervorzog. »Sie hat sich um uns gekümmert«, empörte ich mich. »Und sie hat sich um deine Mutter gekümmert. Bei dir klingt es, als hätte sie bloß Däumchen gedreht. Sie

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