Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
Vom Netzwerk:
betrachten, eine Art instinktives Vermeidungsverhalten, vermutete Norma großmütig. Daraus sollte man ihm keinen Strick drehen. Anderseits erschien es angebracht, der Sache auf den Grund zu gehen. Vielleicht mithilfe der jungen Dame neben ihm? Am liebsten hätte Norma sich sofort an den Computer gesetzt, um Franziska Katz auf die Spur zu kommen. Aber man soll das Glück nicht herausfordern. Besser, sie sah zu, dass sie aus diesem Haus herauskam.
    Das Glück blieb ihr gewogen. Sie verließ das Haus durch die unverschlossene Haustür und kletterte im Schutz der Thujahecke über den Zaun. Zwei Stunden später betrat sie einen Hinterhof in der Wellritzstraße, in dem nach Auskunft der Architektenkammer das Büro der Architektin Franziska Katz liegen sollte. Schmale Stufen führten zu einem Kellereingang hinunter. Nicht unbedingt gleichzusetzen mit dem Umfeld, in dem Moritz Fischer residiert hatte. Das einfache Türschild bewies, Norma war hier richtig. Doch auf ihr Klingeln tat sich nichts. Das Ende der kurzen Glückssträhne.
    Oben im Hof wurde sie von einem jungen Mädchen angesprochen. Ihr Kopftuch erinnerte Norma an Dianes Verkleidung, doch bei diesem Mädchen wirkte es authentisch.
    Die Kleine lächelte erfreut. »Möchten Sie zu Franziska?«
    Norma bejahte. »Wann kommt sie zurück?«
    Nicht mehr in dieser Woche, erklärte das Mädchen. Vielleicht auch erst zum Ende der kommenden Woche. Franziska besuche ihre Eltern in Hamburg.
    Das Mädchen betrachtete Norma aufmerksam. »Wollen Sie ein Haus umbauen? Dann sind Sie bei Franziska genau richtig. Sie ist eine sehr gute Architektin.«
    Sie könne das beurteilen, fügte sie ernsthaft hinzu. Sie helfe Franziska im Büro und wolle später selbst Architektur studieren.
    Norma gab ihr eine Visitenkarte. »Dann kann ich mich bestimmt auf dich verlassen. Franziska Katz soll mich bitte anrufen, wenn sie zurück ist.«
    »Worum handelt es sich?«, fragte das Mädchen in geschäftsmäßigem Ton.
    »Um einen gemeinsamen Bekannten.«
     

28
    Donnerstag, der 31. August
     
    Der Anruf kam morgens um 10. Norma war damit beschäftigt, die Rechnung für Ilka Schuhmann auszudrucken. Am Tag zuvor hatte sie sich nach dem vergeblichen Besuch bei der Architektin an den Schreibtisch gesetzt und bis in den späten Abend die Internetrecherchen zu Ende geführt. Sie beugte sich vor, um das Blatt aus dem Drucker zu nehmen, und zog dabei das Telefon heran.
    Wolfert meldete sich. Seine Stimme klang so angespannt, dass Norma sofort begriff.
    Sie sank auf den Stuhl zurück. »Ihr habt ihn gefunden.«
    »Nun, wir haben einen männlichen Leichnam gefunden. Es könnte Arthur sein. Du musst ihn identifizieren.«
    »Wie … schlimm?«
    Der Stand der Verwesung sei nicht so weit fortgeschritten, erklärte Wolfert in bestem Beamtendeutsch, wie man aufgrund der Zeitdauer seines Fehlens und der Hitze der vergangenen Tage erwarten könne. Demnach müsse man vorerst davon ausgehen, dass Arthur nicht zeitgleich mit seinem Verschwinden zu Tode gekommen sei. Leider habe der Fundort dazu beigetragen, dass sich der Leichnam nicht in einem kompletten Zustand befinde.
    »In keinem kompletten Zustand?«, wiederholte Norma bestürzt. »Dirk, was redest du?«
    Mehr könne er am Telefon nicht sagen, erklärte Wolfert. In seiner Stimme schwang Mitleid mit.
    »Aber sag mir wenigstens, seit wann er tot ist!«, verlangte Norma.
    Wolfert zögerte. »Auf die Schnelle schwer festzustellen. Ein bis zwei Tage. Vielleicht länger. Warte bitte in deinem Büro.«
    Ein Wagen sei unterwegs, um sie abzuholen.
    Norma erhob sich mit weichen Knien, schloss die Tür ab und verzog sich in die Teeküche, um von draußen nicht gesehen zu werden. Wäre Arthur am Leben und vielleicht schon in Freiheit, wenn sie die Forderung der Entführer ernster genommen hätte? Hatte sie Dianes Bösartigkeit und die kriminelle Energie ihres oder ihrer Komplizen unterschätzt? Wie sollte sie mit dieser Schuld vor Lutz treten?
    Endlich kam der Wagen. Ein Streifenwagen. Er hielt auf dem Bürgersteig. Eine junge Polizistin stieg aus und klopfte an die Tür.
    »Wohin fahren wir?«, fragte Norma.
    Die Polizistin wich Normas Blick aus. »In die Fasanerie.«
    Die Fahrt zum Wiesbadener Tierpark führte quer durch die Stadt zum nordwestlich gelegenen Stadtwald. Ihr Magen meldete sich mit spitzen Stichen, als Norma vor dem Haupteingang ausstieg. Über Nacht hatte der Sommer eine Atempause eingelegt. Sie war froh über die leichte Jacke, die sie im Vorbeigehen vom

Weitere Kostenlose Bücher