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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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fummelte Gerhard sein Handy heraus. Er betete nie. Aber
jetzt – und es war keine Floskel – sandte er eine Bitte nach oben. Lass das
hier gut gehen! Und er atmete auf. Sein Handy funktionierte, und er schaffte
es, Meierl eine Positionsangabe durchzugeben.
    Zwanzig Minuten später war der gelbe Christopher über ihnen. Sie
verständigten sich durch Handzeichen. Eine Trage wurde heruntergelassen. Wie
viele Male hatte Gerhard solche Bergungen geübt, wie oft war er dabei gewesen!
Jeder Handgriff saß, auch heute, aber früher waren es Fremde gewesen. Heute war
es Jo. Gerhard schwebte mit der Trage hinauf in den Helikopter, der Notarzt
erschien ihm irgendwie beruhigend, weil er so sachlich war.
    »Die Schulter ist luxiert. Die Frau ist ohne Bewusstsein, und da
lassen wir sie auch.«
    Noch im Hubschrauber versetzten sie Jo in ein künstliches Koma,
flogen sie nach Kempten und schafften sie auf die Intensivstation. Im Klinikum
versicherten die Ärzte Gerhard, dass Jo nicht lebensbedrohlich verletzt sei.
Nichts hätte er jetzt lieber getan, als neben ihr sitzen zu bleiben. Stunden,
Tage, ein Leben lang. Aber er hatte noch einen Mord aufzuklären und einen
versuchten Mord gleich dazu!
    Gerhard saß auf einem orangefarbenen Plastikstuhl und starrte zu
Boden, als Evi kam, ihn abzuholen. Evi drückte ihm einmal kurz die Schulter.
    »Die Kollegen im Walsertal haben Steffen Schaller, Quirin Seegmüller
und Heini Pfefferle verhaftet. Sie haben sie auf dem Weg zur Bushaltestelle
gefasst. Alle drei sitzen bei uns im Präsidium. Ich dachte mir, dass du die
Vernehmung leiten solltest, nein leiten musst.«
    Schweigend fuhren sie den Ring hinunter. Gerhard schaute aus dem
Fenster. Er wollte nicht reden. Seine Beherrschung war gespielt, aber er war
froh, sich zusammenreißen zu müssen. Wäre er jetzt außerhalb seiner beruflichen
Mauern gewesen, hätte er Heini besinnungslos geschlagen und Quirin so lange
geohrfeigt, bis Farbe in sein blasses Gesicht gekommen wäre.
    Seine Stimme war eiskalt, als er zu Evi, die vor dem Präsidium
einparkte, sagte: »Nimm du dir Quirin vor. Ich würde ihn auf der Stelle
erwürgen. Meierl und Markus sollen mit Steffen Schaller reden. Ich werde mir Heini
vornehmen.«
    Heini Pfefferle konnte Gerhard nicht in die Augen sehen, als dieser
in den Raum trat. Er starrte auf die Tischplatte und wippte mit einem Fuß
nervös auf und ab. Gerhard setzte sich ihm gegenüber und sagte lange nichts. So
lange, bis Heini hochsah. Seine Augen waren rot, Äderchen durchzogen das Weiß
seiner Pupillen.
    »Warum Heini? Warum du?«, fragte Gerhard mit bebender Stimme.
    »Weil ich tot bin da drinnen.« Er klopfte auf seine Brust. »Weil ich
ein Zombie geworden bin. Weil ich keine Nacht schlafe. Aber ich wollte wieder
leben, zusammen mit meiner Familie.«
    »Hast du wirklich geglaubt, euer wahnsinniger Plan hätte dir
Linderung bringen können? Dieser Irrsinn, Adi Feneberg in ein Fegefeuer zu
werfen? Heini, du bist doch kein Phantast!«
    »Das wird einer wie du nie verstehen, Gerhard. Du bist
unerschütterlich. Ich habe immer nur unerschütterlich gewirkt. Wir drei,
Quirin, Steffen und ich, wir mussten es einfach tun. Die Idee war wirklich
phantastisch, wenn du das so formulieren willst.«
    Gerhard war wirklich nahe dran, ihm ins Gesicht zu schlagen.
    »Und wie ist das Ganze abgelaufen?«, fragte er mit kalter Stimme.
    »Es war einfach. Adi kam vorbeigejoggt, und ich habe ihn
aufgehalten. Ich habe gesagt, dass wir doch einmal miteinander reden müssten.
Dass er ja wohl in vielem Recht behalten habe.« Heini lachte bitter. »Da ist er
sofort stehen geblieben. Kurzzeitig war er sogar richtig nett. Ich war schon
versucht, die ganze Sache abzublasen, als er Quirin mit so einem gönnerhaften
Blick ansah und meinte, er würde ihn gern mal zum Sport mitnehmen. Er sähe ja
nicht mehr aus wie ein Kerl. Quirin hat nur genickt und gesagt, er werde sich
das überlegen. Dann war alles klar. Wir haben ihm Tee angeboten, ihn noch ein
bisschen belabert, bis er wegsackte. Dann haben wir ihn am Rand des Funkens in
eine Art Loch geschoben und außen nur ein paar Äste locker draufgelegt. Er wäre
da leicht rausgekommen.«
    »Ihr wolltet also wirklich, dass er aufwacht?«, wollte Gerhard
wissen.
    »Ja, natürlich! Steffen hat das Rohypnol besorgt. Er war sich so
sicher. Wir haben in den letzten Tagen tausendmal darüber nachgedacht, wieso
das passieren konnte. Er war sich der Dosierung so sicher!« Es war
Verzweiflung, die jetzt aus Heini

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