Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
Schal und den Brief gegeben. Genügt das denn nicht?«
Meine Stimme überschlug sich beinahe, als ich hörte, dass der Besuch der Polizei bei Bella ergebnislos verlaufen war.
»Unsere Befragung hat nichts ergeben, was uns in irgendeiner Weise befugt, sie zu diesem Test zu zwingen. Für beide Abende, an denen Ihre Stiefmutter Sie angeblich ermorden wollte, kann sie ein Alibi nachweisen. Am ersten Abend war sie in einer Bar namens Lehmitz auf der Reeperbahn, wie der dortige Barkeeper bezeugt hat, und am Tag der Explosion war sie bei ihrer Nachbarin, Frau Schmittke.« Die Stimme des Beamten klang freundlich, aber bestimmt.
Ich ließ beinahe den Telefonhörer fallen, so fassungslos war ich. Nun hatte ich schon allen Mut zusammengenommen, hatte Beweise und trotzdem genügte das alles nicht?
»Aber es ist doch egal, wo sie war, als ich das Paket geöffnet habe.« Achtung, Sarah. Jetzt nur nicht hysterisch werden!»Ist es nicht viel entscheidender, dass kein anderer als sie infrage kommt? Birgit Drohne von der Agentur AltvonPlatt hat das Paket nicht geschickt, sie haben doch selbst mit ihr gesprochen!«
»Jetzt beruhigen Sie sich bitte, Frau Sandmann! Ich weiß auch, dass das eine unschöne Situation für Sie ist, aber was soll ich machen? Mir sind in diesem Fall leider die Hände gebunden.«
Unschöne Situation?!… Der Typ hatte ja keine Ahnung!
»Können Sie nicht zumindest so etwas wie eine einstweilige Verfügung erwirken? Irgendeine Regelung, die besagt, dass meine Stiefmutter sich mir nicht dichter als fünf Kilometer nähern darf?!«
JamieTim hielt den Daumen hoch und nickte heftig.
»Auch das kann ich im Moment nicht tun, weil aus unserer Sicht kein Tatverdacht vorliegt. Alles, was ich machen kann, ist, ein Auge zuzudrücken und Sie in der Karolinenpassage wohnen zu lassen, bis Ihr Vater wieder in Hamburg ist. Durch die Adoption hat ihre Stiefmutter von Rechts wegen Ihnen gegenüber die Aufsichtspflicht. Eigentlich hätte ich die Aufgabe, das Jugendamt zu informieren und Sie persönlich nach Langenhorn zurückzubringen.«
Okay, es schien keinen Sinn zu haben, die Situation mit dem Beamten weiter zuzuspitzen. Ich konnte tatsächlich froh sein, wenn er mich nicht direkt in Bellas Arme beförderte.
»Sieht nicht gut aus, oder?«, fragte JamieTim und schaute betrübt aus der Wäsche, als ich den Kopf schüttelte. »Ach, Schneewittchen, das tut mir so leid! Ehrlich! Was machen wir denn jetzt mit dir?«
Ich kämpfte wieder mit den Tränen. Dabei durfte ich jetzt keinesfalls anfangen zu heulen, denn in zwei Stunden musste ich bei dem Shooting mit Rocco sein. Das erste hatte ich wegen des Sprengsatz-Anschlags verschieben müssen. Ein zweites Mal würde er sich nicht auf so etwas einlassen.
»Ich leg mich noch mal ein Stündchen aufs Ohr, damit ich auf den Fotos gut aussehe. Was anderes kann ich momentan sowieso nicht machen.«
Gerade als ich gehen wollte, klingelte es an der Tür. JamieTim öffnete und wuchtete zwei große Holzkisten herein. Die eine war randvoll mit Gemüse, in der anderen befanden sich Brot, Eier und Obst.
»Ich weiß, dass du momentan keinen Nerv für so was hast, aber schau doch trotzdem mal: Das sind die Kisten, die ich vom Ökohof bestellt habe. Die beliefern mich ab jetzt zweimal die Woche mit frischen Produkten. Ein Teil davon ist für den Veggi-Himmel , der andere für uns. Allerdings mag keiner von uns Äpfel. Wenn du willst, gehören sie dir ganz allein!«
Ich schnappte mir einen und biss im Hinausgehen hinein. Er schmeckte süß und saftig, der Saft tröpfelte mir sofort übers Kinn. Doch auch dieser kurze Genuss konnte mich nicht wirklich darüber hinwegtrösten, dass mit dem Anruf des Polizisten eine Welt für mich zusammengebrochen war. Nun war ich erneut das Kaninchen vor der Schlange, wehrlos ausgeliefert der Willkür einer gemeingefährlichen Irren.
»Das machst du super, echt cool!«, feuerte Rocco mich an, als ich auf Kommando einen Schmollmund machte, den Lippenstift auftrug, tat, als würde ich den Stick küssen, mich an einen Schminktisch setzte, mein Spiegelbild verliebt ansah, ein Glas Prosecco trank und einen wildfremden Typen anhimmelte – kurzum: mich total bekloppt benahm. Doch das schien dem Fotografen entweder nicht aufzufallen oder ihn nicht zu stören.
Meine Hoffnung ruhte auf dem Dreh mit Katharina Linke. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie sich für eine komplett hirnverbrannte Story hergeben würde.
Nach drei Stunden Schwerstarbeit war der Spuk
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