Weiss
stellvertretenden Leiter der KRP.
Sie hatte vorhin mit Dimitri Arbuzow gesprochen. Seiner Ansicht nach wusste dieser Leo Kara, dass Ukkola sich mehrmals mit einer Frau getroffen hatte, die Fidel genannt wurde. War es Ukkola, der auch das verraten hatte? Es war nur eine Frage der Zeit, dass Kara ihre Identität ermittelte.
Das erste Mal in ihrer reichlich dreißigjährigen Laufbahn hatte Anita Arho Angst. Es war an der Zeit, sicherzustellen, dass Eero Palomaa und Jukka Ukkola weder ihr noch dem Kabinett Schaden zufügen konnten. Sie würde Verbindung zum FSB aufnehmen und Palomaa einen Besuch abstatten.
Eine Stunde später saß Anita Arho am Beratungstisch in Eero Palomaas Kanzlei, studierte die Unterlagen und schaute dann auf. »Weitere Fragen dürfte es meinerseits nicht geben. Die Buchführung ist bis hinters Komma auf dem aktuellen Stand, wie immer.«
»Natürlich«, erwiderte Palomaa erleichtert und hob die linke Hand auf seinen Bauch, um den Gürtel etwas zu lockern. Vom Stress bekam er Bauchschmerzen.
»Eine Frage«, sagte Arho in ihrem strengsten Tonfall. »Ist es möglich, dass die Polizei über Kivijalka dem Kabinett und seiner Aufgabe auf die Spur kommt? Laut Jukka Ukkola wissen die KRP und die Zentralstelle für Ermittlungen zur Geldwäsche bereits von den Zahlungen, die Kivijalka und Severnaja an Viktor Hofman sowie Severnaja an Kivijalka geleistet haben.«
»Das Kabinett ist in Sicherheit«, antwortete Palomaa, ohne zu zögern. »Der größte Teil der Geschäfte Viktor Hofmans war ganz legal, ich kann die Rechnungen und auch die anderen Belege vorweisen, die mit unseren Zahlungen im Zusammenhang stehen. Die Überweisungen von Severnaja an Kivijalka habe ich als Raten der Teilzahlung für fünf Mähdrescher getarnt, und die stehen in Litauen. Ich bezweifle stark, dass die KRP Interesse daran hat, sie zu sehen, da die von mir ausgefertigten Unterlagen bis auf den letzten Punkt in Ordnung sind.«
»Ausgezeichnet«, stellte Arho fest. »Dich braucht man nicht einmal zu bitten, künftig ganz unauffällig zu agieren, führe einfach wie bisher dein normales, unbemerktes Leben. Und mach weiter deine gute Arbeit.«
Palomaa bewegte seinen einhundertdreißig Kilo schweren Körper mühselig. Er drückte auf den am Schreibtisch angebrachten Knopf, das elektrische Türschloss surrte, und Anita Arho verschwand im Treppenhaus und mit ihr der Zigarrengestank.
Eero Palomaa mochte es, unangenehmen Dingen aus dem Weg zu gehen, daneben interessierte er sich auch für Männerchorgesang, Kirchenarchitektur und Kaffeehäuser in Mitteleuropa, oder vielmehr für das Gebäck in den Cafés, das sich leider genauso unausweichlich auf seinen Hüften niederließ wie die Sonne abends am Horizont. Jahrzehntelang hatte er sich damit befasst, auf professionelle Weise unangenehme Dinge zu vermeiden, nun wardie Zeit gekommen, sich auf andere Interessengebiete zu konzentrieren.
Mit der Behauptung, die KRP werde dem Kabinett nicht auf die Spur kommen, hatte er Arho die Wahrheit gesagt. Ihm selbst könnten die Behörden jedoch sehr wohl auf die Spur kommen. Die Ereignisse der letzten Tage zeigten ganz ohne Beschönigung, dass sich die Schlinge um seinen Hals allmählich zuzog: Der Mann vom UNODC flog von Wien extra nach Finnland, um Kivijalka zu überprüfen, die Bordelle von Severnaja waren aufgedeckt worden, Marat Krylow hatte man umgebracht, und nun flatterten sogar die Nerven von Anita Arho, die sonst stets einen kühlen Kopf bewahrte, noch kühler als einer, der Bomben entschärfte.
Alles war bereit. Wenn man Problemen aus dem Wege gehen wollte, war das der springende Punkt: Widrigkeiten durften nie überraschend auftreten. Eero Palomaa hatte schon lange in die eigene Tasche gewirtschaftet, seit fast zwanzig Jahren hatte er Gelder des Kabinetts auf seine Bankkonten in Liechtenstein, Gibraltar und auf den Bermudas überwiesen. Von Anfang an. Selbst ein Dummkopf begriff, dass die Arbeit als Verwalter von fast ausschließlich mit illegalen Mitteln beschafften Geldern jederzeit ein unangenehmes Ende nehmen könnte, und Eero Palomaa war nicht dumm. Zu seinem Glück lagen die Stärken von Anita Arho auf anderen Gebieten, jedenfalls nicht bei den Feinheiten der Buchführung, und sie hatte als Einzige die Konten von Kivijalka kontrolliert.
Eero Palomaa hatte vor Jahren eine Villa in der Nähe von Perpignan in Südfrankreich gekauft und vermutete, dass ihn dort am Rande des Schwimmbeckens nicht einmal der kirgisische Killer finden
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