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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Jahr 1989 waren entsetzliche Fehler begangen worden.
    ***
    Das Kühlsystem in den oberirdischen Betonsilos der Anlage B125 in Sellafield würde in drei Stunden nicht mehr funktionieren, also genau ab 15.00 Uhr. So lautete die Drohung der Terroristen. Der hochradioaktive Atommüll in einundzwanzig Stahltanks würde etwa neun bis zwölf Stunden später anfangen zu kochen und trotz der Schutztanks binnen kurzem das Lüftungssystem derAnlage überlasten. Die Folge wäre eine Explosion und ein schwerer atomarer Unfall.
    Die Mitglieder der Ermittlungsgruppe des SIS im Lageraum der dritten unterirdischen Etage von Legoland waren sich der Situation sehr genau bewusst. Sie zerrte an ihren Nerven. Betha Gilmartin konzentrierte sich darauf, ruhig zu atmen, als Clive Grover das Blatt mit der soeben auf der Facebook-Seite »Fluchtgeschwindigkeit« eingegangenen Nachricht las.
    »Sie wollen hundert Kilogramm waffenfähiges Plutonium-239 und zehntausend Kilo verschiedener, nicht näher bestimmter Elemente aus der strategischen Reserve seltener Elemente und Metalle.«
    Stimmengewirr erfüllte den Raum.
    »Woher zum Teufel wissen sie überhaupt, dass wir so eine Reserve haben?«, sagte Betha Gilmartin und bemühte sich, möglichst ruhig zu bleiben. »Sie wurde doch erst vor ein paar Jahren ganz geheim wieder neu geschaffen. Die müssen über diese Dinge bestens im Bilde sein.«
    Sie bemerkte den fragenden Gesichtsausdruck einiger Kollegen. »Die strategische Reserve Großbritanniens an seltenen Elementen und Metallen wurde in den neunziger Jahren nach dem Ende des Kalten Krieges aufgelöst, doch schon bald erwies sich das als Fehler. China strebt bereits seit fünfzehn Jahren eine Monopolstellung bei der Produktion seltener Elemente an. Jetzt haben die Chinesen schon einen Anteil von fünfundneunzig Prozent bei den Metallen der seltenen Erden. Deshalb wurde die strategische Reserve kürzlich sowohl in den USA als auch bei uns neu aufgebaut.«
    »Was genau enthält diese Reserve?«, fragte Grover.
    »Alles Mögliche«, antwortete der Leiter der Technischen Abteilung des SIS und atmete hörbar durch die Nase ein. »Helium, Indium, Chrom und Kobalt, Iridium, Germanium, Beryllium, Neodym, Diamanten, Molybdän und vieles andere. Ohne die gehen in der Hightechindustrie die Lichter aus.«
    »Warum braucht jemand zehn Tonnen davon?«, fragte Grover und schaute dabei auf die Liste der Forderungen.
    »Vielleicht bekommt man derzeit nicht genug auf dem freien Markt. Vielleicht hat China schon einen großen Teil davon einkassiert«, schlug jemand als Erklärung vor.
    »Mich interessiert mehr, warum die Terroristen nur hundert Kilo waffenfähiges Plutonium haben wollen«, sagte Betha Gilmartin.
    »Die Menge reicht für den Bau von über zehn Kernwaffen«, erwiderte der Leiter der Technischen Abteilung.
    Betha Gilmartin wurde immer nervöser. »Manas, der Diener von Mundus Novus, war am Anschlag in Marcoule beteiligt, und ein und derselbe Cracker ist in die Datensysteme von Sellafield und Marcoule eingebrochen. Es könnte also gut sein, dass Mundus Novus hinter beiden Anschlägen steckt. Ich kann einfach nicht an Zufall glauben, wenn zwei derart ähnliche Objekte in derselben Woche ausgeraubt werden.«
    »Möglich ist alles«, widersprach Grover und lachte kurz. »Denkt mal daran, dass der Leiter der Kernenergiebehörde von Kasachstan kürzlich über die Hälfte der Uranvorräte seines Landes gestohlen hat. Mit seinen Helfern hat er die Eigentumsrechte an ganzen Uranbergwerken über Offshore-Firmen ins Ausland übertragen und dabei Dutzende Milliarden Dollar verdient. Auf dem Gebiet von Kasachstan befinden sich annähernd zwanzig Prozent der weltweiten Uranvorräte.«
    »Kasachstan … Was hat das denn damit zu tun!«, entgegnete Betha Gilmartin ungehalten.
    Die vierzig Mitglieder der Ermittlungsgruppe verstummten, als Betha Gilmartins Sekretär aus dem Lift in den Lageraum trat. Der Mann ging zu ihr, reichte ihr einen Zettel und sagte ein paar Worte so leise, dass nicht einmal Clive Grover sie hörte, der nur einen Meter entfernt war.
    Betha Gilmartin setzte sich hin und dachte einen Augenblicknach, die Stille verdichtete sich, die ganze Gruppe versammelte sich um sie.
    »Der Premierminister hat beschlossen, auf die Forderungen der Terroristen einzugehen«, verkündete sie schließlich.
    »Auch in Bezug auf das Plutonium?«, fragte Grover. Gilmartin nickte.
    »Ist die Evakuierung von Sellafield schon angeordnet worden?«, erkundigte sich der

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