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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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0–7–0–6. Der siebente Juni, jener Tag, an dem Kati und Vilma aus diesem Haus geflohen waren und Jukka Ukkola die schlimmste Demütigung seines Lebens einstecken musste.
    Der Tresor war leer, keine Spur mehr von den Hängeordnern mit den Aufschriften »Kabinett«, »Sibirtek« und »Waffenhandel«, die Kati damals gesehen hatte. Das überraschte Kara freilich nicht: Ukkola wusste, dass er in der Klemme saß, natürlich hatte er die Dokumente, die für ihn eine Gefahr darstellten, vernichtet oder versteckt. Jetzt war höchstwahrscheinlich Alarm ausgelöst worden: Kurz nachdem Kati Soisalo den Tresor geöffnet hatte, war Ukkola in seinem Haus erschienen und hatte irgendetwas von einem Alarm gemurmelt.
    Kara stieg die Kellertreppe hinauf und stellte sich so ans Fenster, dass er den Weg vom Hof auf die Straße im Blickfeld hatte. Es verwunderte ihn, dass im ganzen Haus kein einziges Foto von Vilma zu sehen war. Von Minute zu Minute kam er immer mehr zu der Überzeugung, dass er Jukka Ukkolas Seelenleben gar nicht verstehen wollte. Wenn er den morschen Sandkasten und die völlig verrostete Schaukel betrachtete, weckte das unangenehme Gefühle.
    Sechzehn Minuten nach dem Öffnen des Tresors fuhr Jukka Ukkolas schwarzer Volvo durch die Öffnung in der Weißdornhecke auf den Hof. Kara trat blitzschnell vom Fenster weg und drückte sich an die Wand.
    Die Tür ging auf, Jukka Ukkola betrat sein Zuhause und bekam Leo Karas rechte flache Hand mit solcher Wucht ins Gesicht, dass er zu Boden ging. Kara packte ihn am Hemdkragen, zerrte ihn ins Haus und schloss die Tür.
    Ukkola spuckte Blut, seine Augen glühten, während er seine Möglichkeiten abschätzte. Von der Kraft her könnte er es mit dem eins fünfundachtzig großen und sehnigen Kara aufnehmen, aber der besaß viel mehr Erfahrungen bei Schlägereien, wie die ganze Latte von Verurteilungen wegen Körperverletzung verriet.
    Kara stieß Ukkola in einen Sessel. »Anita Arho hat gesagt, du wüsstest, wo Vilma ist. Angeblich hast du es die ganze Zeit gewusst.«
    Ukkola schaute ihn verblüfft an. »Darum geht es also. Du machst den Laufburschen für die Soisalo, das Weib hat auch dich für ihre Zwecke eingespannt.«
    »Wo?«
    Ukkola überlegte einen Augenblick. »Anita Arho weiß nicht, wovon sie spricht.«
    Kara griff nach dem prächtigen grellroten Samurai-Helm aus Metall und der Gesichtsmaske, die auf der Kommode lagen.
    »Vorsichtig!«, Ukkola sah nun das erste Mal besorgt aus. »Die sind beide,
Kabuto
und
Mempo
, von Hand gefertigt.«
    Kara setzte sich den drei Kilo schweren Helm auf und näherte sich Ukkola, der blitzschnell schaltete und die Gelegenheit beim Schopfe packte, er rollte sich aus dem Sessel auf den Boden, glitt zum Kamin, griff hinein und zog eine Neun-Millimeter-Pistole hervor, eine SIG Sauer P226. Kara schmiss die Samuraiausrüstung auf den Dielenfußboden, dass es krachte.
    Als Ukkola die Waffe in der Hand hielt, war er wieder ganz derAlte mit seiner maßlosen Selbstsicherheit. »Jetzt erzählst du Idiot mir äußerst detailliert alles, was du mit Soisalo und diesem Computerclown Karlsson sowohl über mich und Arbuzow als auch über das Kabinett herausgefunden hast.«
    Karas Hand schnellte nach vorn, packte Ukkola an der Kehle und drückte sie zusammen wie einen Staubsaugerschlauch. Ukkola röchelte, sein Gesicht verfärbte sich rot.
    »Dieser Kara ist noch verrückter als angenommen«, dachte er. Der stürzte sich auf ihn, obwohl er eine Waffe in der Hand hielt. Er war gezwungen, den Abzug zu drücken.
    Man hörte ein metallisches Klicken, als sich der Schlagbolzen der SIG Sauer bewegte.
    »Kati Soisalo hat mir von deiner Waffe erzählt. Seltsamerweise hast du nicht am Gewicht erkannt, dass ihr Magazin leer ist«, sagte Kara, nahm Ukkola die Waffe aus der Hand und stieß den Mann in den Sessel. Er nahm die Patronen aus seiner Tasche, steckte ein paar in das Magazin, lud durch und drückte die Pistolenmündung auf Ukkolas Hosenschlitz.
    »Wo?«
    »In Vittorio Veneto knapp hundert Kilometer nördlich von Venedig«, antwortete Jukka Ukkola.
    »Die Adresse?«
    »Ich weiß nur, dass Vilma derzeit in Vittorio Veneto die Vorschule im Sommer besucht. Aber ihr werdet das Mädchen kaum finden. Die italienische Polizei mischt bei der Sache mit.«
     
    Eine Viertelstunde später nahm Kara auf der Treppe zu Paranoids Wohnung hinauf immer zwei Stufen auf einmal. Obwohl die Zeit drängte, hatte er Kati Soisalo die neuen Informationen zu Vilma nicht per Telefon

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