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Weiss

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Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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das an den Fingern einer Hand abzählen.
    »Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Ihre Tochter in Belgrad wohnt. In der Regel steckt man die Kinder nach einer Entführung in einen sogenannten Tunnel, das heißt, sie werden derart oft verkauft und woandershin gebracht, dass es unmöglich ist, ihrer Spur zu folgen. Und am Schluss kann es passieren, dass man sie beispielsweise bei Internetversteigerungen in irgendeinen beliebigen Ort der Welt verkauft.«
    »Da bin ich anderer Meinung«, entgegnete Kati Soisalo schroff. »Es kann sehr wohl sein, dass Vilma in Belgrad wohnt, schließlichliegt das in einem anderen Land, nicht in Kroatien. Hier in Belgrad leben fast zwei Millionen Menschen, und bis nach Dubrovnik sind es immerhin dreihundert Kilometer.«
    Kommissarin Jovana Ćebić schaute sie mit einem Lächeln voller Mitgefühl an: »Die Chance, dass Ihre Tochter gefunden wird, ist – das muss ich leider so sagen – statistisch gesehen äußerst gering. Seit ihrem Verschwinden sind schon …«
    »Ich kenne die Statistiken.« Kati Soisalos Stimme wurde noch lauter. »Meine Tochter wurde aber gestern in Belgrad gesehen, das ist Fakt. Und jetzt möchte ich erfahren, was Sie unternehmen wollen, um sie zu finden.«
    »Sie sind hier in Serbien«, erwiderte Marković. »Hier ist es nicht so einfach, jemanden zu finden. Die Kriege nach dem Zerfall Jugoslawiens haben Hunderttausende von Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Viele von ihnen konnten immer noch nicht in ihr Zuhause zurückkehren. In den Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien gibt es weiterhin fast eine halbe Million Flüchtlinge. Am schlimmsten ist die Situation hier, in unserem Land leben über achtzigtausend Flüchtlinge, und dazu kommen noch über zweihunderttausend Serben, die aus dem Kosovo geflohen sind. Die meisten von ihnen sind bei Verwandten untergekommen, aber man findet hier auch Tausende Flüchtlinge, die schon jahrelang in verschiedenen zweifelhaften Flüchtlingslagern leben müssen. Elend gibt es eben auch hier in Europa, da braucht man gar nicht bis nach Afrika zu schauen.«
    »Jetzt sollten Sie sich erst mal beruhigen«, bat Kommissarin Ćebić. »Wir tun selbstverständlich alles, was in unseren Kräften steht. Das Foto Ihrer Tochter und eine Beschreibung ihrer Begleiter wurden nicht nur der Polizei, sondern auch schon den Flughäfen, der Grenzwacht, den Grenzübergangsstellen, Hotels, Bahnhöfen und so weiter geschickt … Und die Ermittlungen der Kriminalpolizei laufen natürlich auf Hochtouren.«
    »Ich werde Belgrad nicht mit leeren Händen verlassen.«
    Jovana Ćebić legte ihre Hand auf Kati Soisalos Knie. »Wir untersuchen schon seit Jahren die Aktivitäten von Bogdan Bojanić, dem serbischen Verbindungsmann zur Balkan-Route. Das ist kein Geheimnis, auch die Presse weiß davon und behält Bojanić sehr genau im Auge. Er ist wahrhaftig kein Robin Hood, den das Volk liebt. Wenn die Hauptschuldigen der Balkan-Route gefasst werden, kann es durchaus sein, dass sie uns in der Hoffnung auf mildere Urteile ihre Verbrechen gestehen. Vielleicht wird sich dann auch das Schicksal Ihrer Tochter aufklären. Das kann man nie wissen.«
    »Genau darin liegt das Problem«, sagte Kati Soisalo. »Ich will es jetzt erfahren und nicht erst in ein paar Jahren.«
    ***
    Die ganze Welt zitterte und ratterte, als Sabrina Pianini die Augen öffnete. Sie lag auf einer schmalen Pritsche, die sich zu bewegen schien. Plötzlich tauchten Bilder wie Momentaufnahmen aus ihrem Gedächtnis auf: die Blutspritzer auf dem Plastikbeutel über der Pistole des Killers, die Rosendornen, die in ihre Hand eindrangen …
    Sie fühlte sich immer noch benommen von der Injektion, die man ihr in der Via Bellavista gegeben hatte. Panik kündigte sich an. Wohin brachte man sie und warum? Lag sie in einem Lkw? Die Taschenlampe an der Decke erleuchtete den Raum nur dürftig, und das Motorengeräusch übertönte alles. In diesem Loch stank es wie in einer Latrine.
    Sabrina Pianini erschrak jedes Mal, wenn sich etwas bewegte, sie versuchte sich zusammenzurollen, aber die Pritsche war kaum dreißig Zentimeter breit. Sie drehte den Kopf zur Seite und sah im dämmrigen Licht etwas: zierliche Hände, Beine und einen kleinen Kopf. Da lag ein Kind! Dann entdeckte sie auf der Pritsche darüber eine ähnliche Gestalt und direkt unter der Decke noch eine dritte. In diesem Container wurden entführte Menschentransportiert! Als sie die traurige Wahrheit begriff, überkam sie entsetzliche

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