Weiss
Zentiliter Chardonnay und für Ukkola ein großes Bier und setzte sich in einen Sessel mit Blick auf die Tür der Herrentoilette. Sie war fürchterlich aufgeregt. Jonny hatte auf Ukkolas Rechnern nichts gefunden, was ihr helfen würde, die strafrechtlichen Ermittlungen zu vereiteln, die er eingefädelt hatte. Es war also von entscheidender Bedeutung, dass dieses Treffen ein Erfolg wurde.
Kati Soisalo kostete ihren Wein. Ukkolas nur allzu vertraute Gestalt tauchte erst am Eingang auf, als ihr Glas schon halb leer war.
»Du wolltest mich sprechen?«, sagte sie und schob ihrem Exmann das Bier hin.
»Du sitzt in der Klemme, und zwar schlimmer als je zuvor, und nur ich kann dir helfen. Vielleicht wäre das der richtige Augenblick, über die Rückkehr nach Pitäjänmäki nachzudenken. Nur wenige Leute bekommen die Chance, eine schwere Unterschlagung mit einer Zahlung in Naturalien zu sühnen«, erwiderte Ukkola, warf seine Jacke aufs Sofa, ließ sich neben sie fallen und trank in einem Zug das halbe Glas aus.
»Du kannst mir nur helfen, indem du deinem Leben ein Ende setzt«, dachte Kati Soisalo, sagte aber: »Warum wolltest du mich sprechen?«
»Ich weiß, dass du heute Dimitri Arbuzow getroffen hast. Und dass Vilma am Leben ist«, entgegnete Ukkola.
Hass schlug in ihr hoch, Kati Soisalo spürte, wie ihr Gesicht rot anlief. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre sie handgreiflich geworden, aber nicht jetzt. »Wie lange weißt du es? Wo ist Vilma? Was ist mit ihr … passiert?«
»Ich weiß es seit einem knappen Jahr, aber Einzelheiten kenne ich auch nicht. Es ist übrigens gut, dass du diese Information so gelassen nimmst. Ich habe dir bisher nichts davon gesagt, weildeine Einstellung zu Vilmas Verschwinden so emotional ist. Dimitri Arbuzows Aktivitäten werden in der KRP schon lange beobachtet, aber wir können nicht gegen seine Menschenhändlerorganisation vorgehen, um ein einzelnes Kind, egal wer es ist, zu retten. Es sind koordinierte internationale Ermittlungen im Gange, Finnland ist nur ein kleiner Teil des ganzen Komplexes …«, sagte Ukkola und trank sein Glas aus.
Kati Soisalo ging zum Tresen und bestellte noch ein Bier und ein Glas Weißwein. Was war das für ein Mensch, der zusah, wie seine Tochter Entführern ausgeliefert war, und die Mutter in dem Glauben ließ, ihr Kind wäre tot? So eine krankhafte Gefühllosigkeit hätte sie nicht einmal Jukka Ukkola zugetraut.
»Wenn du mich betrunken machen willst, solltest du härtere Sachen ausgeben«, spottete Ukkola, als Kati Soisalo das volle Bierglas vor ihn stellte. Dann lächelte er kurz der Kellnerin zu, die vorüberging.
»Was wollte Arbuzow?«
»Er hat verlangt, dass ich die Suche nach Vilma aufgebe. Und er hat gedroht, dass ihr sonst etwas passieren wird.«
Ukkola sagte nichts dazu, sondern fragte nur in schroffem Ton: »Willst du dich daran halten?«
»Nein«, dachte Kati Soisalo, antwortete aber: »Das muss ich ja.«
Plötzlich stand Ukkola auf, und Kati Soisalo erschrak, wollte er schon gehen? »Wegen der Ermittlungen gegen mich möchte ich noch …«
»Darüber reden wir gleich, ich gehe erst mal pinkeln.«
Endlich! Kati Soisalo wartete, bis sich die Tür der Herrentoilette schloss, und holte dann aus ihrer Schultertasche Paranoids Mini-Laptop. Sie griff nach Ukkolas Jackett, suchte sein Handy und wurde schon nervös, fand es aber schließlich in der Brusttasche. Rasch das Micro-USB-Kabel anschließen, sie musste Paranoids Spionageprogramm schnell genug auf das Telefon überspielen.Ihre Finger zitterten, sie drückte die falsche Taste, noch einmal, dann endlich erschien auf dem Display ein farbiger Balken zum Zeichen dafür, dass …
Im selben Augenblick ging die Toilettentür auf, Ukkola betrat das Restaurant und rieb sich dabei die Hände. Kati Soisalo zog hastig das Kabel aus Ukkolas Telefon, es blieb keine Zeit, alles wieder ordentlich an seinen Platz zu legen, sie ließ das Handy in eine seiner Jackentaschen fallen und steckte den Minilaptop blitzschnell in ihre Schultertasche.
Ukkola setzte sich wieder und wirkte noch überheblicher als sonst. »Eine Weile kann ich noch Einfluss auf den Verlauf der Ermittlungen in deiner Angelegenheit nehmen, aber die Sache geht bald an den Staatsanwalt, und dann musst du selber sehen, wie du klarkommst. Wenn du mir deine Möse noch allzu lange vorenthältst, kann ich dir vielleicht auch nicht mehr helfen.«
»Ich muss jetzt los, ein Mandant hat eben angerufen, als du auf dem Klo warst, ein Notfall«,
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