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weißblau queer gestreift

weißblau queer gestreift

Titel: weißblau queer gestreift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brandl
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und Zuversicht. Ich bremse in Huberin-Höhe und wende mich meiner potenziellen Feindin zu: »Du, Traudl, darf ich dir das hier geben?« Ich halte ihr einen meiner Briefe vor die Nase.
    »Was ist das denn, Adelheid?«
    »Ach, lies es einfach.«
    Die Huberin sieht mich misstrauisch an und faltet den Zettel auf.
    Ich bin nun doch kurz davor, in die Pedale zu treten und das Weite zu suchen. Aber ich unterdrücke meine Fluchttendenzen. Ich will jetzt mutig sein. Außerdem, was soll mir denn schon passieren? Mit klopfenden Herzen blicke ich auf das alte, krumme Weiblein vor mir. Die Huberin kneift angestrengt ihre Augen zusammen, wobei sich ihr faltiges Gesicht noch mehr kräuselt. Ihre klobigen Hände zittern, während sie sich das Papier ganz dicht vor die Augen hält. Nun sieht sie wieder auf zu mir. »Magst du’s mir vorlesen, Adelheid? Ich seh so schlecht, und meine Lesebrille hab’ ich daheim.«
    Ich nehme den Brief und beginne, den Blick starr aufs Papier gerichtet, zu lesen. Als ich fertig bin, schaue ich zur Huberin. Sie wirkt ernst, aber nicht verärgert. Eher überfordert.
    »Oh mei«, sagt sie jetzt. »Oh mei«.
    »Was, oh mei?«
    »Oh mei. Diese Sach’. Ich komm’ bei dem allem nicht mehr mit. Das ist mir zu viel auf meine alten Tage …«
    »Ja, das ist wohl etwas viel im Moment.«
    »Ach, Adelheid, weißt, ich mach’ mir hauptsächlich Sorgen um die Zenz. Der soll’s ja gar nicht gut gehen.«
    Ich überlege. Ob die Huberin weiß, dass ich der Winkelmoser Zenz eine Watschn gegeben habe? Hoffentlich nicht.
    »Hm. Hast du was Neues von ihr gehört? Ich habe nur mitbekommen, dass sie ins Krankenhaus gebracht wurde.«
    »Ja, ja. Sie liegt jetzt auf der Intensiv. Hat einen Schlaganfall gehabt. Da hilft jetzt nur noch beten. Ach Adelheid, es passieren schlimme Dinge auf dieser Welt … Und du, reiß dich fei künftig ein wenig ’zam, gell? Was du für eine Aufregung ins Dorf gebracht hast! Schau, dass du dein Leben in den Griff kriegst. Sonst musst du’s am End’ bereuen, wenn du vor den Herrgott trittst.«
    »Ähm ja. Schon recht. Ich werd jetzt weiter meine Zettel verteilen. Servus, Traudl.«
    »Servus.«
    Ich fahre weiter und biege ab in den Lindenweg. Während ich die Zettel in die Briefkästen stecke, denke ich noch einmal über die Huberin nach. Immerhin. Ging doch. Ein Zusammentreffen mit ihr hatte ich mir wesentlich schlimmer vorgestellt. Ich sollte wirklich mehr mit den Leuten reden. Auch wenn es mühsam ist.
    Ich versorge noch zwei Straßen mit meinen Briefen, dann ist mein Briefvorrat zu Ende. Also mache ich kehrt und fahre zu meinen Eltern. Lust habe ich keine, den beiden zu begegnen. Aber ich brauche das Auto, wenn ich nach Deggendorf will. Außerdem … recht viel dümmer daherreden, als es meine Mutter kürzlich getan hat, ist kaum noch möglich. Vielleicht ist der schlimmste Sturm ja bereits vorbei?
    Ich stelle mein Fahrrad in der Einfahrt ab und gehe auf die Terrasse. Dort sitzt mein Vater. Wie gewohnt mit einem Glas Bier in der Hand und einer Zigarette im Mund.
    »Servus, Papa.«
    »Servus.«
    »Ist die Mama auch da?«
    »Nein.«
    »Wo ist sie denn?«
    »Die hat heut’ ihr Treffen mit den Weibern vom Frauenbund. Vorn im Gemeindesaal.«
    »Ach so … Bist du eigentlich grantig wegen mir?«
    Mein Vater zuckt mit den Schultern und nimmt einen Schluck Bier. »Ich reg’ mich da nicht auf. Das ist deine Sach’, Adelheid. Aber gerade gescheit hast du dich dabei nicht angestellt.«
    »Ich weiß … Und die Mama? Regt sie sich arg auf?«
    »Ach, mei. Freilich. Die hat immer Angst davor, was die Leut’ denken und reden. Will immer gut dastehen vor allen.«
    »Na, Hauptsache, sie kriegt’s nicht wieder mit dem Herzen.«
    »Ah geh. Die soll sich nicht so aufregen. Dann bleibt auch der Blutdruck normal … Was machst du eigentlich hier, Kind? Brauchst das Auto?«
    »Ja. Ich muss was besorgen. Soll ich dir einen Tabak mitbringen?«
    »Nein, ich hab’ noch. Holst aber für deine Mutter einen Schokolad’. Den mit Rum. Vielleicht beruhigt’s der ein bisschen.«
    »Mach ich. Servus, Papa.«
     
    ◊◊◊
     
    Das Saugen und Putzen hat mich wieder etwas entspannt. Jetzt ist die Wohnung schön sauber und ich fühle mich auch selbst etwas aufgeräumter. Obwohl ich schon noch aufgewühlt und wütend bin. Aber ich sollte nicht mehr so viel nachdenken. Ich bringe jetzt schnell den Müll raus und nehme dann ein heißes Bad. Es ist ja schon spät geworden und ich möchte heute früh ins Bett. Mal sehen,

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