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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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das nun auch wieder nicht“, knüpfte das Mädchen an. „Ich komme darauf, weil ich vergangene Woche Marie eingesperrt auf dem Herrenhausspeicher gefunden und sie dort oben beim Sprechen überrascht habe.“
    „Was?“ Frau Jessen rappelte sich sofort hoch. „Und das erzählst du mir erst jetzt?“
    „Wann haben wir schon mal Zeit, ungestört miteinander zu quatschen!“, verteidigte sich Anne gegen den Vorwurf. Dabei deutete sie verärgert in Richtung Vordertür.
    „Sei leise“, zischte Frau Jessen.
    Anne tat ihr den Gefallen, sie begann die Füße einzuseifen und zu massieren.
    „Ah, das machst du wirklich gut, mein Kind, ich könnte den ganzen Abend damit verbringen.“ Verzückt schloss Frau Jessen die Augen.
    Annes Daumenkuppen rollten eher mechanisch über die schlüpfrigen Fußsohlen. Sie dachte an Mutters sehr wortreichen Ausbruch zurück. „ Der hat sich nur vor der Schande verstecken wollen“ , hallte ihr noch im Ohr. Aber sie kam nicht dazu, zu fragen, was damit gemeint sei, eine Bemerkung kam ihr zuvor: „Komisch, ich frage mich, wieso im Dorf noch keiner etwas über Maries Auftauchen im Herrenhaus erzählt hat? Wo doch sonst immer alles durchgehechelt wird, was da oben passiert.“ Frau Jessen schaute ihre Tochter fragend an. „Scheint niemand mitbekommen zu haben, was?“, mutmaßte sie.
    „Auf dem Flur im ersten Stock sind wir dem jungen Herrn begegnet und unten in der Halle ist uns Elsi über den Weg gelaufen. Sie hat mir auch befohlen, Marie nach Hause zu bringen.“
    Anne hatte kaum das letzte Wort über die Lippen gebracht, da wurde ihr auch schon der Fuß entzogen, mit dem sie sich eben noch beschäftigt hatte.
    „Elisabeth Schulz hat dich im Herrenhaus zusammen mit Marie gesehen und dann weiß es noch nicht das ganze Dorf?“
    Hilflos mit den Achseln zuckend wusste Anne keine passende Erwiderung. „Na ja“, meinte sie unsicher, „ich hab zu Elsi in die Küche kommen sollen, vermutlich um ihr zu berichten, was sich genau zugetragen hat. Aber dann habe ich Frau Hagen hilflos in ihrer Kammer gefunden und den Rest kennst du. Du bist doch auch dabei gewesen und hast geholfen, die Kranke ins Bett zu schaffen. Da hat sich niemand dafür interessiert, warum Marie oben auf dem Speicher gewesen ist.“ In dem Moment fiel Anne ein, ihre Mutter sei die Erste und Einzige, der sie die Geschichte anvertraut hatte.
    „Ach richtig. Ich war auch ja auch da! Marie saß in der Ecke mit so ’nem schmutzigen Stoffding. Ich hab mich noch gefragt, wie Lore es zulassen kann, Marie immer noch mit Puppen spielen zu lassen, noch dazu mit einer so schäbigen.“ Frau Jessen schüttelte missbilligend den Kopf.
    „Die hielt sie schon in der Hand, als ich sie auf dem Speicher fand. Zuerst hörte ich ein Mädchen weinen und dann folgte eine ängstliche Stimme. Ich glaubte, helfen zu müssen und bin mit einem Knüppel in der Hand aufgetaucht. Ich hab Marie bestimmt einen höllischen Schrecken eingejagt.“
    Frau Jessen hörte aufmerksam zu. „Und du meinst, Marie hat wirklich gesprochen? Vielleicht war da noch jemand auf dem Speicher“, gab sie zu bedenken.
    Beim Gedanken an die unheimliche Situation und die Gesellschaft körperloser Wesen stellten sich dem Mädchen noch nachträglich die Nackenhärchen auf. Doch dann wanderten Annes Gedanken in die Welt zurück, die ihr vertraut war. Ihre Augen weiteten sich.
    „Vielleicht habe ich jemanden eingesperrt, ohne es zu wissen!“
    Frau Jessen wurde von Annes Aufregung angesteckt. Sie überlegte jedoch kurz, bevor sie unter einem Kopfschütteln antwortete: „Mach dir keine Sorgen, mein Kind. Wenn es so gewesen wäre, hätte der sich irgendwie bemerkbar gemacht und du kannst sicher sein, spätestens am nächsten Tag wäre bei der Arbeit darüber geklatscht worden.“
    Mutter hat recht, überlegte Anne. Sie beruhigte sich einigermaßen. Aber in der Sache, etwas über Marie herauszufinden, war sie noch keinen Schritt vorangekommen. Bisher hatte sie nur ihre Mutter mit Neuigkeiten versorgt.
    „Mama? Was hast du vorhin damit gemeint, Maries Vater hat sich vor der Schande verstecken wollen?“
    „Ach herrje, hab ich das wirklich gesagt?“, versuchte Frau Jessen abzuwiegeln.
    Anne steckte jedoch nicht zurück. „O ja“, sagte sie energisch, „und du erzählst mir auf der Stelle, was du weißt, sonst kipp ich dir das ganze kalte Wasser in den Bottich!“
    Frau Jessen fügte sich der Drohung. Sie lächelte, lehnte sich zurück und kramte in ihrer Erinnerung: „Es

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