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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Wochen unser Domizil sein.“ Baronin von Plessen richtete ihren Oberkörper kerzengerade auf. Auch wenn ihr die Reise körperlich zugesetzt hatte, jetzt verbarg sie ihre tatsächliche Verfassung hinter einer zur Schau gestellten Würde. Selbst Johanna begriff die Maskerade und bewunderte die Selbstdisziplin ihrer Gönnerin.
    Am Logierhaus, vor dem die kleine Gesellschaft gerade angekommen war, wurde die Witwe mit ihrem Gefolge auf das Freundlichste empfangen. Johannas Herz klopfte, als sie der vielen Menschen gewahr wurde, die auf der Promenade spazieren gingen oder auch zu Pferde unterwegs waren. Offene Wagen mit vergnügt dreinschauenden Insassen schienen von Ausfahrten heimzukommen. Ausnahmslos alle Passanten lächelten den Neuankömmlingen zu, sendeten mit einem Kopfnicken oder dem Heben des Hutes einen stummen Gruß an ihre Adresse.
    Von einem Parkgelände trieb fröhlicher Lärm herüber, der sicherlich während eines ausgelassenen Spiels entstand.
    Sofort boten sich Hausdiener der herrschaftlichen Dienerschaft an, bei der Entladung des Gepäckes behilflich zu sein, um die schwere Bagage hinauf in die Zimmer zu bugsieren.
    Die Damen folgten einem livrierten Diener in das Innere des gastlichen Hauses. Johannas Blicke huschten aufmerksam hin und her. Rechts von der Eingangshalle konnte sie in einen großen Raum hineinschauen, der von Menschen angefüllt war. Ihr blieb jedoch verborgen, welches gemeinsame Interesse die Versammelten einte, die um einen großen Tisch geschart mit gebannten Blicken die dortigen Ereignisse verfolgten. Ihre Aufmerksamkeit wurde von anderer Seite in Anspruch genommen.
    „Madame von Plessen, welche Ehre Sie mit Ihren reizenden Töchtern in Doberan begrüßen zu können.“
    Madame überspielte den Affront mit einem liebenswürdigen Lächeln. Sie beherrschte auch diese Maske mit Perfektion, obwohl sie dem älteren Herrn am liebsten ihren griffbereiten Fächer über den kahlen Schädel gezogen hätte, weil er es gewagt hatte, die dreißigjährige Demoiselle Engelmann als eine ihrer Töchter einzuordnen. Natürlich beeilte sie sich, den Sachverhalt und die verwandtschaftlichen Verhältnisse bzw. Nichtverhältnisse aufzuklären.
    „Meinen wärmsten Dank, Monsieur, auch im Namen meiner Tochter.“ Damit schob sie Margitta vor, die sofort wohlerzogen knickste. „Ich darf Sie jedoch darauf aufmerksam machen, diese reizende junge Dame ist ...“, Baronin von Plessen wandte sich Johanna zu, die einnehmend lächelnd genauso artig knickste, „mein Mündel für die nächsten Wochen. Sie hat zu meiner Unterstützung ihre Gouvernante mitgebracht.“ Damit war Elvira an der Reihe, ihre Herkunft preiszugeben.
    Daraufhin ließ es sich der ältere Herr nicht nehmen, die Damen in die erste Etage zu begleiten und die Zimmer vorzuführen. Einigermaßen versöhnt durch sein persönliches Engagement ließ Madame Gnade vor dem eigenen Maßstab walten. Sie verzieh dem Herrn, der sich auch so schnell als möglich zurückzog.
    Nur der Gesellschaft beider Mädchen überlassen fasste die Baronin ihre ersten Eindrücke zusammen: „Ich habe zwar nicht erwartet, die Gästezimmer wie mein Boudoir oder den heimischen Salon ausgestattet vorzufinden, aber die Einrichtung erscheint mir doch einigermaßen spartanisch, noch nicht einmal ein gepolsterter Diwan oder ein Sofa für kurze Entspannungen wird uns hier geboten.“
    Schon untersuchte sie Kissen, Laken und Unterbetten einer breiten Schlafstatt, die mit einem Baldachin überspannt und mit reichlich Stoff behangen war.
    „Na ja! Wir werden schon zurechtkommen, nicht wahr, Margitta, Liebes?“
    Ihre Tochter zog eine Schnute. „Ich gedachte, mit Johanna zusammen ein Zimmer zu nehmen.“
    „Soso! Und ich teile derweil mit Demoiselle Engelmann das Lager oder was hast du sonst noch für Vorschläge anzubieten! Anstatt bei dem regen Zuspruch des Seebades froh darüber zu sein, zwei Zimmer mit Blick zur Promenade für uns beanspruchen zu dürfen, hat die junge Dame auch noch Sonderwünsche! Ist dir überhaupt klar, mein liebes Kind, dass ich die Zimmer schon kurz nach Ostern habe reservieren müssen?“
    Das gescholtene Mädchen zog die Schultern hoch. Auch Johanna gestand sich ein, die Verteilung der Lagerstätten nach Margittas Wunsch wäre für Baronin von Plessen unzumutbar.
    Die Träume der Mädchen entpuppten sich auf einmal als das, was sie waren – Träume. Weder Johanna noch Margitta hatte sich vor der Ankunft den Kopf darüber zerbrochen, wie man sich

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