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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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hatte sie nicht erwartet. Sofort schalt sie sich für ihr Benehmen, versteckte sich jedoch hinter dem dünnen Store und sah beiden neugierig nach. Und richtig, sie verrenkten sich noch eine Weile die Hälse nach ihr. Nun zuverlässig verborgen, versuchte sie die Ereignisse im Park zu verfolgen, der dem Hause gegenüberlag. Aber dichter Baumbewuchs und üppige Grüngehölze verwehrten ihr den Einblick in die Anlage. Die Geräuschkulisse ließ auf ausgelassene Aktivitäten schließen, vermutlich wurde im Park Ball- oder Reifenfangen gespielt.
    Zwar brannte Johanna darauf, die Umgebung zu erkunden, war aber nicht so verwegen, allein in den Park zu gehen. Bis zur Rückkehr Elviras, die voraussichtlich das Programm für die verbleibenden Stunden des ersten Tages mitbrachte, wollte sie sich noch etwas nützlich machen.
    Die Einrichtung des Zimmers wich nur unwesentlich von der Ausstattung ab, die sie bereits im Nachbarraum vorgefunden hatte. Allein der wuchtige Lehnstuhl, der Baronin von Plessen über die vermisste Polsterliege hinwegtrösten könnte, fehlte hier. Die Schubfächer der Kommode klemmten beim Aufziehen ein wenig. Sorgfältig schichtete Johanna ihre seidenen Strümpfe und Schals, Hemdchen und Unterröcke in das Möbel, um dann verlegen festzustellen, für Elviras Wäsche sei nur sehr wenig Platz übrig geblieben. Doch ihre Gewissensbisse hielten nicht lange vor, schon beim Verteilen duftender Wässerchen, von Kämmen, Bürsten und Schleifen waren die beengten Verhältnisse im Wäschefach vergessen und ihre Gedanken vornehmlich mit der Wahl des Kleides beschäftigt, in dem sie sich zum Nachtmahl präsentieren wollte. Ihr Blick blieb an zwei Tischen und sechs Stühlen hängen. Vielleicht, dachte sie, speisen wir auch auf dem Zimmer? Johanna dachte an den unfreiwilligen Aufenthalt während der Reise zurück. War die Baronin immer noch unpässlich, blieb es undenkbar, dass Margitta und Johanna ohne Madame ausgehen durften. Johanna ging klugerweise davon aus, auch Elviras Begleitung ändere nichts daran.
    Sie setzte jedoch auf Baronin von Plessens Geltungsbedürfnis und spekulierte darauf, Madame werde es sich gewiss nicht nehmen lassen, schon heute Abend in die illustre Badegesellschaft einzutauchen. Zudem fiel ihr ein, dass Monique befohlen worden sei, das Dunkelblaue herzurichten.
    Elvira kehrte zurück. „Komm Johanna, Baronin von Plessen möchte uns in das Baderegime einführen“, sagte sie lächelnd.
    Johanna schaute fragend an sich hinunter. Elvira verstand ihren Blick.
    „Nein, nein! Wir gehen noch nicht aus. Jetzt beginnt erst einmal die Theorie“, meinte sie lachend, ergriff ihren Schützling beim Arm und zog Johanna ins Nachbarzimmer.
    Hier hatte die Zofe schon Beachtliches geleistet – das Zimmer wirkte nicht mehr wie eine Theatergarderobe.
    Johanna und Elvira setzten sich zu Mutter und Tochter. Die Baronin war noch damit beschäftigt, einige bedruckte Blätter zu ordnen. Nachdem sie sich mit einem kurzen Blick in die Runde vergewissert hatte, ihr werde jegliche Aufmerksamkeit zuteil, begann sie mit einem eindringlichen Vortrag, der nicht nur wegen ihrer einführenden Worte an eine Predigt erinnerte.
    „Nun, meine Lieben, wir sind hier zusammengekommen, um in den folgenden Wochen eine erfolgreiche Kur zu absolvieren, damit meine ich selbstverständlich einen medizinischen Erfolg.
    Da mir euer aller Wohlergehen am Herzen liegt und ich mir der Verantwortung der gern auferlegten Bürde bewusst bin, möchte ich, dass wir uns alle an bestimmte Regeln halten.“
    Die Mädchen nickten, als der Blick der Witwe über sie hinwegglitt.
    „Demoiselle Engelmann war so nett, diese Baderegeln zu beschaffen.“ Mit den bedruckten Blättern wedelnd machte Madame auf den höchst offiziellen Charakter der Instruktionen aufmerksam. „Deren Inhalt ich nun zur persönlichen Befolgung vortragen möchte. Autor besagter Zeilen ist der vielgerühmte Großherzogliche Geheime Medizinalrat und Leibarzt Doktor Samuel Gottlieb Vogel. Ich zitiere also:
    „ Verhalten vor dem Bade:
    Die beste Zeit zum kalten Baden ist der Vormittag in einer früheren oder späteren Stunde, wie sie dem Badegast am angenehmsten und bequemsten ist, nüchtern oder nach einem leichten Früh-stücke und nach erfolgter natürlicher Leibesöffnung“
    Baronin von Plessens Vortrag, der selbstredend um feierliche Ernsthaftigkeit bemüht war, geriet bereits hier ins Stocken, weil Margitta und Johanna zu kichern begannen.
    „Was gibt es da zu lachen“,

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