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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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verwehrten den Tieren einen Blick zur Seite.
    Nach einer Weile rief der Kutscher dem Diener zu: „Geh und hol das Tafelzeug der Gnädigsten, ich hab hier alles im Griff.“
    Die Rinder setzten ihren Weg unbeeindruckt und sehr gemächlich fort. Sie trotteten leider in dieselbe Richtung, die zur Reiseroute der Plessens gehörte.
    „Verflixt, jetzt kann ich dem lahmen Haufen hinterherzockeln. Hätte der Gnädigsten nicht hinter dem nächsten Dorf schlecht werden können“, fluchte der Kutscher. Kurz darauf feixte er schadenfroh, als er des Zustandes der herrschaftlichen Picknickdecke gewahr wurde. Respektlos, wie Hornvieh nun mal ist, hatte es keinen Bogen um die Leckereien der Damen gemacht. Der Diener war immer noch damit beschäftigt, die verstreuten Gegenstände einzusammeln. Die Decke konnte er allerdings nicht im Koffer verstauen, denn sie machte, im wahrsten Sinne des Wortes, einen beschissenen Eindruck.
    Baronin von Plessen wagte es, den Kopf aus dem Schlag zu stecken. „Will Er hier festwachsen?“, herrschte sie den Kutscher an. Der deutete nur mit dem Kopf in Richtung Diener.
    „Ach du lieber Himmel, meine schöne Decke. Dieses nichtsnutzige Viehzeug hat überhaupt keinen Sinn für den Kunstfleiß“, maulte sie. „Sieh Er zu, wie Er damit zurechtkommt, Monique wird sich in Doberan darum kümmern.“ Damit kümmerte sich Baronin von Plessen nicht weiter um das gute Stück und wartete ungeduldig auf die Fortsetzung der Reise. Sie wich aber doch noch einmal erschrocken zurück, als ein Nachzügler der Herde in den Wagen hineinschaute und das Kutschenfenster mit seiner langen rauen Zunge abschleckte, so dass ein schmieriges Muster an der Glasscheibe zurückblieb.
    „Herrgott, bringen die Bauern ihrem Viehzeug überhaupt keine Manieren bei?“ So Baronin von Plessens Kommentar.
    Die Mädchen kicherten. Der erste Schreck, als sie noch glaubten wirklich in Gefahr zu sein, war bereits vorüber. Geblieben war nur ein Erlebnis, worüber sie später ihren Freundinnen berichten konnten. Selbstredend würden sie dann nicht darauf verzichten, die Gefährlichkeit ihrer Reise hervorzuheben.
    Mit einem Ruck setzten das Schaukeln der Karosse und die Unpässlichkeit Baronin von Plessens wieder ein.
    „Was werden die Leute sagen, wenn wir derart derangiert in Doberan ankommen? Ich bin ja in meinem Leben schon viel gereist, aber solche Verhältnisse blieben mir bisher erspart“, jammerte sie.
    „Darüber würde ich mir nicht den Kopf zerbrechen, Mutter. Die anderen Badegäste dürften auch keine besseren Wege vorgefunden haben. Im Gegenteil, alle werden uns in Erinnerung des eigenen Erlebens bedauern und uns dazu beglückwünschen, endlich angekommen zu sein.“
    „Ich hoffe sehr, du hast recht, mein Kind.“ Die Baronin fuhr mit dem angestrengten Fächern fort.
    Die Damen waren zwar gedanklich bereits in Doberan, jedoch das Gespann erst vor dem nächsten Dorf. Der Kutscher zügelte die vier Pferde bereits bei den ersten Häusern und stemmte seine Füße fester ein. Sein Körper war angespannt, sein Blick wachsam nach vorn gerichtet, denn dieses, wie jedes andere Dorf in Mecklenburg, hatte in punkto „Straße“ einen berüchtigten Ruf. Der Wagen hatte aufgeschlossen, unterdessen verteilte sich die voraustrottende Herde auf die einzelnen kleinen Höfe und wurde kleiner und kleiner.
    „Verdammter Mist, ich seh vor lauter Hornvieh nicht, wohin ich fahre. Wir müssen anhalten und abwarten, bis die Kühe in den Ställen verschwunden sind.“
    Das Gefährt hielt folgerichtig an. Bevor Madame empört den Kopf herausstecken konnte, sprang der Kutscher vom Bock und blieb gleich knöcheltief in einer übel riechenden Pampe stecken. Was Wunder, wo die Jauche unzähliger Dunghaufen der Höfe und Büdnereien ständig auf die „Straße“ floss. Die gut und gerne 160 Beine, die gerade hindurchgestapft waren, hatten alles gut durchgequirlt und eine eklige Masse hinterlassen, unter der sich Löcher und Steine hinterhältig vor dem aufmerksamen Kutscherauge verbargen.
    „Gnädige Frau, ich muss warten, bis die Tiere von der Straße sind. Ihro Gnaden wollen doch sicherlich nicht in diese Brühe kippen.“ Der Hinweis des Kutschers genügte, um die Angriffslust der Witwe einzudämmen. Sie nickte nur huldvoll.
    Inzwischen war auch der Kuhhirte im Dorf angelangt. Er fand nur vorsichtig tastend den Weg über die äußerst schlüpfrige Angelegenheit und schwankte hin und wieder bedenklich, weil er auf einem unsichtbaren Stein

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