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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Dorfgemeinschaft jenen befriedigenden Nachklang, einer Katastrophe entgangen zu sein.
     
    Durch die bunten Scheiben der Kirche drang nur mattes Licht nach draußen. Die Schutzbedürftigen hatten sich zu Füßen des Altars versammelt und saßen zusammengekauert beim Schein einiger Kerzen beieinander.
    Das tosende Unwetter war in ihre friedliche Zusammenkunft gedrungen und hatte mit seiner Gewalt angstvolle Unruhe gestiftet. Kleine Kinder schauten verstört aus verweinten Augen. Einige hatten ihren Kopf schutzsuchend in den Schoß der Mutter gebettet und schliefen nun erschöpft. Die Frauen beteten stumm oder versuchten, die Kinder und sich selbst mit Liedern zu beruhigen. Das gemeinsame Gebet war lange verklungen, jetzt saßen sie beisammen, suchten nicht nur bei Gott, sondern in der vertrauten Gemeinschaft Trost.
    Die Frauen wussten vom Pastor, was geschehen war und hatten in Gedanken mit allen Beteiligten gegen das Feuer gekämpft. Wenn sie sich im Moment auch um die Gesundheit ihrer Angehörigen am meisten sorgten, so drängte sich fortwährend die Angst um die gemeinsame Lebensgrundlage in ihre Gedanken.
    Wie sollten die Dorfbewohner ihren Unterhalt bestreiten, versänke das Gut in Schutt und Asche?
    Das Zentrum des Gutes war eben nicht nur eine Ansammlung von Gebäuden verschiedenster Mach- und Bauart, die man hätte wieder aufbauen können.
    Es war das Leben allgemein, das Zusammenspiel von Pflanze, Tier und Mensch, das in einem Kreislauf, in einer Art Mikrokosmos, in einem fort von neuem begann.
    Menschen, die sich bei Gefahr in Kirchen flüchteten oder ihr nacktes Leben retteten, indem sie vor einem entfesselten Feuersturm einfach davonliefen, konnten ihren Tieren nicht mehr helfen, die den Elementen ausgeliefert blieben. Überlegtes Handeln war nicht ersetzbar durch tierischen Instinkt; und keine menschliche Hand war imstande, vom Gewitterguss geknickte Getreidehalme wieder aufzurichten.
    In dieser Nacht drohte der Mikrokosmos des Gutes aus dem Gleichgewicht zu geraten und es schien den Frauen schier endlos, wie sie unter bangem Warten ausharren mussten. Endlich wurde die Tür zur Kirche aufgestoßen und ein erlösender Satz machte die Runde: „Kommt Kinder, steht auf! Wir können nach Hause gehen.“
     

Johanna und das Meer
     
    Die Hektik des frühen Morgens war überstanden. Erwartungsvolle Freude machte sich breit. Vergessen war Baronin von Plessens Gezeter, das Monique ständig angetrieben ... und dann die in aller Eile arrangierten Frisuren als inakzeptabel verworfen hatte.
    Vergessen war Moniques tränenüberströmtes Gesicht. Sie hatte unbeabsichtigt ein Ohr ihrer Herrin mit einer heißen Brennschere berührt und war für die Unachtsamkeit mit einer schallenden Ohrfeige bestraft worden.
    Der Wagen fuhr vor!
    Johanna bemerkte Baronin von Plessens prüfenden Blick, der augenscheinlich der Reinlichkeit ihrer Equipage galt. Der gestrige Eindruck des Gefährts war dank des abendlichen Einsatzes von Kutscher und Diener auf das Sorgsamste getilgt worden. Schwarz glänzend stand die Karosse auf der Promenade bereit. Die angespannten Pferde, heute nur zwei an der Zahl, machten einen zufriedenen Eindruck. Ihr Fell schimmerte kupfern in der Morgensonne.
    Johannas Freude gipfelte in Aufregung, als die Damen in der Kutsche Platz genommen hatten und sich der Wagen endlich in Bewegung setzte. Auf der breiten Promenade herrschte großer Betrieb. Die Kutscher der vielen Karossen und Cabriolets mussten verdammt aufpassen, damit die Räder ihrer Gefährte nicht aneinandergerieten. Johanna erkannte rechts das Kaufhaus wieder, in dem sie gestern zu Abend gegessen hatten. Farbige Markisen senkten sich über bodentiefe Fenstertüren. Zu dieser Stunde schritt freilich noch kein kaufwilliger Kunde in die Läden. Dann verlangsamte die Kutsche die Fahrt, die doch kaum begonnen hatte
    „Was ist nun schon wieder“, stöhnte Madame. Sie machte sich aber nicht die Mühe, nach Gründen für das langsame Vorankommen zu forschen, sie hatte etwas anderes entdeckt: „Schaut es euch gut an, Mädels, das ist das großherzogliche Sommerpalais.“
    Baronin von Plessens Aufforderung störte Johannas Gedanken, die inzwischen um andere Dinge kreisten. Das Mädchen beschäftigte, wie Christian von Stetten und sein gut aussehender Freund die Damen in der langen Wagenkolonne ausfindig machen wollten.
    Trotzdem folgte ihr Blick der Bewegung, die Baronin von Plessens Schirm beschrieb. Im kleinen Ausschnitt des Wagenschlages konnte Johanna

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