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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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öffnete der Himmel seine Schleusen.
    Die versengten zerfetzten Kleider der Helfer durchnässten innerhalb weniger Sekunden. Verdreckt, verschwitzt, erschöpft, brauchten alle eine Weile, um die plötzliche Entspannung der Situation zu begreifen. Doch als die Flammen nicht mehr so hoch schlugen und sich stattdessen beißender Qualm ausbreitete, wurde es für alle offensichtlich: Der Kampf gegen das Feuer wurde belohnt. Die Mühle schien gerettet.
    Ob Graf, Verwalter, Köchin, Magd und Knecht, Handwerker oder Küster alle stimmten in den aufbrausenden Jubel ein, der freilich gegen das Unwetter nur ein dünnes Stimmchen sein konnte.
    „Der Allmächtige hat wirklich Sinn für Dramatik“, entfuhr es Stein, aber sofort verbot er sich die lästerlichen Gedanken.
    Als kleine Rinnsale von der Traufe des Mühlendaches plätscherten, wagten es die Männer, das Dach zu räumen. Stein gönnte allen Beteiligten eine wohlverdiente Pause, denn der Regen prasselte unangenehm heftig.
    Die Teichfläche verwandelte sich in eine brodelnde Masse, in die ebenso viele Tropfen hinein- wie herauszuspringen schienen. Doch ihr Aufbegehren währte nur kurz. Sie alle mussten sich dem Gesetz der Schwerkraft beugen, wurden schließlich vom Teichwasser verschlungen.
    Die Frauen suchten Schutz auf der windabgewandten Seite der Mühle. Sie drängten sich frierend unter dem Dachüberstand zusammen, während die Männer das Gebälk noch so weit auseinanderrissen, wie es der Platz erlaubte. Wenig später überließen auch sie sich der Genugtuung, als Sieger heimkehren zu können. Breitbeinig standen sie um das Trümmerfeld herum, aus dem nur noch vereinzelt Flammen leckten.
    Es entsprach der menschlichen Natur, dass die Freude über den übermächtigen Helfer schon bald der Skepsis wich.
    „Na, wenn dat man nich ’n bäten wat tau väl is“, mutmaßte ein Knecht, der den Wasserstand des Teiches im Auge behalten hatte, vielmehr an seinem Fuß zu spüren bekam. Hatte er vorhin noch vier Zoll oberhalb der Wasserfläche gestanden, so bekam er jetzt nasse Füße. Auch die übrigen Männer bemerkten den rasant steigenden Pegel.
    „Das Wehr muss geöffnet werden ...“
    Den Rest konnten niemand mehr verstehen, weil es im Getöse eines weiteren Donnerschlages untergegangen war. Stein stellte seinen Haken zur Seite und bedeutete einigen Männern mitzukommen. Sie folgten ihm über die hintere Brücke und umrundeten den Teich. Am Wehr vermissten sie das sonst übliche Plätschern des Baches, der eigentlich unter dem Druck der Wassermassen, die unablässig vom Himmel fielen, ein erhebliches Rauschen hätte von sich geben müssen.
    Wieder sprang die Beleuchtung allgegenwärtiger Blitze ein und offenbarte, dass der Wasserdurchfluss zum natürlichen Bachbett zu einem spärlichen Rinnsal zusammengeschrumpft war.
    „Der untere Durchfluss ist vermutlich verstopft! Oder hat jemand das Schott verschlossen?“
    Steins Frage wurde nur mit Schulterzucken beantwortet.
    „Dann los, kurbelt das verdammte Ding hoch, sonst kriegt die Mühle noch nasse Füße.“
    Das Schott folgte ächzend dem Zwang alter, aber funktionstüchtiger Mechanik, rückte Zoll um Zoll höher, nur der logische Erfolg blieb aus. Das dünne Rinnsal schwoll immer noch nicht zu einem ansehnlichen Bach.
    „Da muss irgendetwas vors Sieb geschwemmt sein!“, schlussfolgerte Stein kopfschüttelnd. Langsam wurde der Wasserstand dramatisch, verschärfte sich von Minute zu Minute, weil mit dem Hochziehen des Schotts die Überlaufhöhe heraufgesetzt worden war.
    Doch die Mühle bereitete dem Verwalter nicht die größte Sorge. Das Bauwerk war auch auf noch höhere Wasserstände eingestellt. Vielmehr beunruhigte ihn der Rückstau von Teich und Bach in die Koppeln. Sollte der Bach die Weiden überschwemmen, das unruhige Vieh pausenlos unterwegs sein, könnten die Herden die Grasnarbe der ohnehin mageren Wiesen zertreten und in eine Modderlandschaft verwandeln. Da die Futtersituation bereits angespannt war, wäre dieser Fall fatal.
    „Wir müssen den Durchfluss wiederherstellen, vorher rührt sich keiner weg! Ihr beiden ...“, damit sprach Stein die Männer zu seiner Linken an, „holt die Haken von der Brandstelle. Sammelt alles zusammen, von dem ihr meint, es könnte uns hier behilflich sein. Und bringt mir die Preußen mit, vielleicht muss noch jemand tauchen.“
    Die Männer zogen die Schultern hoch und trabten los. Inzwischen hatte es sich empfindlich abgekühlt, so dass der Aufenthalt im

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