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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Weile, dabei starrte er sinnend den Wölkchen nach, die seiner Pfeife entstiegen. Er wirkte amüsiert, was Franz von Ernst eher nicht behaupten konnte.
    Ernst schaute seinen Schwiegervater missbilligend an, aber er verkniff sich eine bissige Bemerkung, Streit in der Familie war das Letzte, was er heute Abend gebrauchen konnte.
    „Wie hätte ich ahnen können, dass solche Diskrepanzen zwischen den Ratsherren und dem Professor bestehen. Ich kenne Josephi nur als kompetenten Kollegen, dem ich einiges zu verdanken habe“, resümierte Ernst und zog die Schultern missmutig hoch. „Nach dem Fiasko wird Charlotte mir Vorhaltungen machen, warum ich auf der Einladung des Professors bestanden habe.“
    Franz waren die nachträglichen Bedenken seines Freundes unverständlich. Vielmehr bedauerte er, dass Josephi nicht dazu gekommen war, den Wortbruch des Rates zur Sprache zu bringen.
    Unvermutet kribbelte seine Narbe und er griff sich verstohlen an die Brust. Dabei tastete er nach den Briefen, die geduldig ihrer Übersetzung harrten. Er hatte die Präsenz der kleinen weißen Geheimnisse, wie Borgwart sie genannt hatte, den ganzen Abend gespürt.
    Sollte er jetzt die Gelegenheit nutzen, Ernst mit den Briefen auf andere Gedanken zu bringen? Oder war die Situation alles andere als günstig, Johanns Verbleib zur Diskussion zu stellen?
    Kösters Anwesenheit war für Franz nicht das eigentliche Problem, vielleicht war sie sogar von Vorteil, wenn er zwanglos den tätowierten Neffen ins Spiel brächte. Er zauderte nicht länger.
    „Ach, Herr Köster, kann es sein, dass einer Ihrer Brüder in Rostocks Mauern lebt?“
    Ernst schaute erstaunt auf. Köster grunzte. Seiner Miene war nicht zu entnehmen, ob ihm die Frage Vergnügen oder Verdruss bereitete.
    „Ihnen ist wohl Köster der II. über den Weg gelaufen?“, fragte er und grinste daraufhin breit. Das ließ vermuten, es bereite dem Weinhändler Vergnügen, auf die verblüffende Ähnlichkeit angesprochen worden zu sein. „Ja, Sie liegen richtig, junger Mann, Köster der II. ist tatsächlich mein jüngerer Bruder. Sie werden uns gewiss berichten, wann und wo er Ihnen begegnet ist, und wie er einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen konnte, der Ihre Frage berechtigte.“ Köster lächelte und zog erwartungsvoll die Brauen hoch.
    Bei dem Gedanken an die Blicke im Dampfbad wurde Franz unwohl, doch er hatte damit angefangen und nun packte er den Stier bei den Hörnern. „Es war nicht Ihr Bruder, sondern Ihr Neffe, der für einen nachhaltigen Eindruck sorgte. Ich traf Ihre Verwandten zufällig im russischen Dampfbad.“ Während Franz sprach, musterte er Köster verstohlen. Doch der verriet mit keiner Regung, ob er zu den Neigungen seines Neffen oder zu der Dampfbadveranstaltung an sich irgendetwas wusste.
    Ernst hingegen stand die Verwunderung über den Verlauf der Unterhaltung wie mit Großbuchstaben auf die Stirn gedruckt.
    „Mein jüngerer Bruder ist stolzer Vater von drei Söhnen, Sie können mir nicht zufällig mit einem Namen aushelfen?“
    Auch das noch, dachte Franz, dem gerade die Hörner des Stiers zu entgleiten drohten, die er eigentlich hatte packen wollen. Nun musste er auf der Hut sein, nicht aufgespießt zu werden. Dennoch tastete er sich recht unvorsichtig vor, als er den Frontalangriff wagte. „Tja, seinen Namen kenne ich leider nicht, aber er hat ein interessantes Mal, vielleicht ist es auch eine Tätowierung, hier auf dem rechten Arm.“ Franz schob die rechte Schulter vor und deutete auf die Stelle.
    Nun verkehrte sich die Situation. Plötzlich zeigte sich bei Ernst der Ausdruck der Erkenntnis, aber Köster konnte mit Franz’ Beschreibung nichts anfangen. Er hob ratlos die Schultern.
    „Und ich glaubte schon, der Junge sei Ihnen aufgefallen, weil er in aller Öffentlichkeit mit seiner Waffe herumgefuchtelt habe. Hans-Georg, falls Sie Hans-Georg kennengelernt haben sollten, glaubt nämlich, seinen eher zarten Wuchs mit der Perfektion in der Kunst des Degenfechtens wettmachen zu können. Dabei pflegt er seine Gegner mit Finten zu überraschen, die er unmöglich auf dem Fechtboden der Universität gelernt haben kann. Ich kenne die Veranstaltungen dort, hab es selber mal mit zwei Semestern probiert. Aber seinerzeit hat mein Vater gemeint, ein ehrlicher Kaufmann komme auch ohne Latein und Paragraphen aus. Ich weiß auch nicht, wo der Junge sein Geschick mit dem Degen herhat. Außerdem beherrscht er die Waffe mit der Rechten ebenso gut wie mit der Linken, obwohl er

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