Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Stetten über das merkwürdige Verhalten seines Kameraden.
Trebbow antwortete nur mit einem tiefen Seufzer.
„Warum sind Sie auf eine so haarsträubende Geschichte gekommen? Sie hätten ihr doch nur nicht den Hof machen brauchen“, stellte Stetten nüchtern fest.
Trebbow ließ sich auf den Stamm eines entwurzelten Baumes fallen. Er vergrub sein Gesicht in beiden Händen und fluchte lästerlich: „Himmelherrgottsakra, ich habe mich tatsächlich verliebt! Dieses junge Ding lässt sich einmal von mir küssen und ich bekomme weiche Knie, das gibt es doch gar nicht!“
Stetten lachte schadenfroh. „Das geschieht Ihnen recht“, musste er noch loswerden, bevor er sich klarmachte, was ihm bevorstehen mochte. Margittas Bemerkung stieß ihm auf. Vor dem Gespräch mit Trebbow hatte er noch nicht begriffen, worum es dem Mädchen gegangen war, da war er lediglich verblüfft gewesen.
„Was haben Sie unterdessen aus der Gouvernante rausgequetscht?“
Trebbows Frage lenkte Stettens Gedanken auf das Thema, das ihn noch brennend interessiert hatte, bevor er sich Margittas Bissigkeit hatte gefallen lassen müssen.
„Was soll ich sagen“, erwiderte er schulterzuckend, „wir erinnern uns: Bevor wir mit dem Grafen zusammentrafen, sah die Engelmann aus, als ob sie unter Verstopfung leide. Aber auf dem Rückweg war sie wie ausgewechselt, sehr kühl und gelassen, das Selbstbewusstsein in Person. Ich habe überhaupt nichts aus ihr herausgebracht.“
„Ist Ihnen nicht dasselbe Verhaltensmuster bei Johanna aufgefallen? Sie war nur nicht kühl, sondern höchst erfreut.“
„Sie haben recht, Trebbow, und es gibt tatsächlich noch etwas Neues! Der Graf hat Franz einbestellt. Mein Freund hält sich zurzeit in Rostock auf, demzufolge dürften die nächsten Tage interessant werden.“
Trebbow antwortete mit einem gequälten Blick, der eine ähnliche Diagnose hätte zulassen können, die Stetten für Demoiselle Engelmanns Befinden unterstellt hatte. Er gab so etwas wie ein Grunzen von sich, aber er ließ sich doch noch zu einer Äußerung herab: „Ich denke, Klotz wird keine guten Nachrichten bringen.“
„Womit wir wieder einmal ungeteilter Meinung sind“, konstatierte Stetten besorgt.
„Meine Füße bringen mich noch um“, stöhnte Baronin von Plessen. Sie hatte sich bei dem ausgedehnten Spaziergang eine schmerzhafte Blase gelaufen. Das Korpus Delicti prangte auf dem ersten Gelenk ihrer rechten großen Zehe und machte Anstalten, größer und größer zu werden. Sie starrte das blasse Ding an, als ob ihr Blick Herr über ihre Körpersäfte werden könne.
Madame war bereits nervös, aber als das zweite Läuten vor der Mittagstafel durch das offene Fenster hereinwehte und das Gebimmel sie mahnte, nur noch eine Viertelstunde für den Abschluss ihrer Toilette zur Verfügung zu haben, wurde sie hektisch. Ihre Unterröcke raschelten ungeduldig, während sie durchs Zimmer humpelte, dabei die Zehe merkwürdig nach oben verrenkt.
„Monique, wie lange brauchst du noch für das Kleid“, fragte sie nun bereits zum dritten Mal.
Die Zofe ließ sich bei ihrer kniffligen Näharbeit nicht aus der Ruhe bringen. Bei der morgendlichen Anprobe eines der Lieblingskleider der Gnädigsten war es offensichtlich geworden, dass die Beteuerungen, abzunehmen, nur dem Wunsch von Madame entsprachen, aber keinesfalls den Tatsachen. Das Kleid musste ausgelassen werden und so hatte sich Monique bereits seit mehreren Stunden mit Nadel und Faden beschäftigt.
„Ich bin sofort fertig, gnädige Frau! Die Blase sollten gnädige Frau aufstechen lassen“, bemerkte sie nebenbei. „Ich kann das machen, wo ich die Nadel zur Hand habe“, bot sie zuvorkommend an und hob die blanke Nadelspitze anschaulich in die Höhe.
„Wenn mich jemand sticht, dann bin ich das selbst!“, erhielt sie herrisch zur Antwort.
Monique zog den Kopf ein, setzte die letzten Stiche, biss den Faden ab und reichte ihrer Herrin das klitzekleine Werkzeug, mit dem sie den Vormittag verbracht hatte.
Baronin von Plessen betrachtete das spitze Instrument misstrauisch. Sie humpelte zurück und plumpste in den Lehnstuhl.
„Ich brauche etwas aus Musselin, und wo steckt meine Tochter eigentlich!“
„Das weiß ich leider nicht, gnädige Frau, ich habe doch die ganze Zeit hier gesessen.“ Monique wagte nicht, missbilligend den Kopf zu schütteln.
„Ach ja richtig, autsch!“
„Eine Blase aufstechen, dürfte aber nicht wehtun, gnädige Frau.“
„Wenn man sich dabei nicht in
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