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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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die Handwerker werden doch nicht weniger sorgfältig gearbeitet haben, auch wenn sie von überhöhten Spitzbögen noch nichts gehört haben“, wandte Margitta ein.
    „Da haben Sie recht. Am weiteren Schicksal des Klosters und seiner Gebäude waren nicht die altmodischen Baumeister, sondern Martin Luthers Thesen schuld“, sagte er lächelnd.
    Margitta schaute Nostitz forschend an, ob er sich über sie lustig machen wolle.
    Er bemerkte ihren Blick. „Nein, nein, das ist mein voller Ernst“, stellte er nachdrücklich fest, „mit Durchsetzung der lutherisch reformierten Kirche, die im 16. Jahrhundert auch in Mecklenburg zur Landesreligion erhoben worden war, fielen die Klöster der Säkularisierung zum Opfer. Doberan war meines Wissens eines der reichsten Klöster des Landes und die Herzöge dürften begehrlich nach seinem Vermögen gegriffen haben.“
    Margitta schien immer noch skeptisch, deshalb setzte Nostitz lächelnd hinzu: „Ich denke, solche und ähnliche Umstände haben die Reformation in ganz Europa beschleunigt. Auch wenn die Geschichtsschreiber der römisch-katholischen Kirche den unmoralischen Ablasshandel anlasten und dieses einträgliche Geschäft für ihren Niedergang verantwortlich machen, ist ihr schneller Einflussverlust eine Folge der Glaubenseinstellung der jeweils herrschenden Fürstenhäuser gewesen und die ist zumeist in Abhängigkeit des Füllungszustandes fürstlicher und königlicher Geldschatullen geraten.“
    „Sie sind Katholik?“ Margitta hatte ungewollt die Stimme gehoben und räusperte sich jetzt.
    „Lassen Sie uns nicht über Glaubensdinge streiten, Mademoiselle. Ich spreche nur gern aus, was ich denke“, gab Nostitz diplomatisch zurück.
    „Dann lassen Sie mich die Geschichte zu Ende bringen, Graf. Das Kloster wurde aufgehoben, die Schätze und Ländereien unter den Begehrlichen verteilt und die Gebäude blieben so lange sich selbst überlassen, bis praktische Köpfe meinten, die Steinmassen, die hier herumstehen, könnten doch einer viel sinnvolleren Verwendung zugeführt werden.“
    „Ich bewundere Ihren Scharfsinn, Mademoiselle. Genaugenommen zog man am mecklenburgischen Hof in Betracht, auch das Münster zur Backsteingewinnung abzubrechen. Der profanen Methode zur Werbung von Baumaterial waren nämlich schon Kreuzgang und Abtei anheimgefallen. Aber die bessere Hälfte des damaligen Landesfürsten warf ihr ganzes Gewicht in die Waagschale der Entscheidung und so blieb uns dieses Kleinod der gotischen Backsteinarchitektur erhalten.“
    „Ich hoffe, Sie unterstellen der hohen Frau keine Fettleibigkeit“, versetzte Margitta in einem Moment, wo die Freude am Witz ihren Kummer verdrängt hatte. „Frauen verfügen über ein Gespür für das Richtige“, sagte sie und hob stolz den Kopf.
    „Das will ich auf gar keinen Fall bestreiten! Auch dürfte es eine Rolle gespielt haben, dass die Kirche vor der Aufhebung des Zisterzienserklosters bevorzugte Grablege des mecklenburgischen Fürstenhauses war“, gab Nostitz freundlich zu bedenken.
    „Ja, mir sind die Sarkophage nicht entgangen, und die vielen Reliquien mögen den Herzog an die Bedeutung des Münsters erinnert haben“, mutmaßte Margitta. In ihren Augen leuchtete jedoch der Schalk.
    „Wahrscheinlich wollen Sie mich auf die Probe stellen, ob ich bei der Erwähnung der Windel des Christuskindes andächtig auf die Knie falle und mich dreimal ehrfürchtig bekreuzige?“
    Margitta lachte zu Johannas Freude ungekünstelt. „Dann halten Sie die als heilig verehrten Gegenstände auch nur für Hokuspokus, der von alters her den unwissenden Gläubigen vorgegaukelt wird“, stellte sie zufrieden fest.
    „Nun, nicht alle, aber bei der Windel bin ich mir ziemlich sicher.“
    Nostitz’ Antwort erntete allgemeines Gelächter. Die kleine Gesellschaft schlenderte an der Südseite des Münsters entlang und war an einer von Pappeln gesäumten Straße angelangt. Die schien an einem Durchbruch der Klostermauer zu enden, hinter der eine Erhebung aufragte. Der Buchenberg, wenn auch bescheiden in seinen Dimensionen, aber für die Topographie Mecklenburgs unbestritten ein Berg, zeigte sich von feinen Linien überzogen, auf denen Ausflügler unterwegs waren. Die Bergkuppe krönte ein hübscher textiler Pavillon, der, wie könnte es anders sein, von Buchen eingerahmt wurde.
    „Wenn ich heute noch tanzen soll, weigere ich mich kategorisch, dort hinaufzukraxeln“, sagte Margitta und nahm damit allen Vorstößen die Spitzte, die sich dafür

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