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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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den Tisch.
    „Meine Herren, bitte entschuldigen Sie mich, ich muss einen dringenden Krankenbesuch machen.“
    Sogleich erboten sich Franz und der Pastor, mitzukommen, und wenig später verließ man zu dritt das Haus.
    Vor einer Schnitterkate wurden Stein und sein Gefolge von einem älteren Tagelöhner empfangen. Er wies die Männer in eine Kammer, in der ein junger blonder Bursche auf einem Strohsack lag. Sein genaues Ebenbild hockte daneben. Als der gesunde Bursche den Pastor erblickte, weiteten sich seine Augen sorgen- und angstvoll. Er murmelte etwas Unverständliches. Sein Blick verriet, er schicke ein stummes Gebet für seinen Bruder gen Himmel.
    Der Tagelöhner hatte eine Laterne dabei, die er über dem Kranken hin und her schwenkte.
    „Mi dücht, hei is in Delirium“, nuschelte er.
    Stein bat um mehr Licht und beugte sich über den Kranken, der tatsächlich nicht bei Bewusstsein war. Der Junge lag ohne Hemd auf seinem Strohsack, seine Haut war gerötet und auf der Schulterpartie mit Bläschen übersät. Sein Körper fühlte sich brennend heiß an.
    Stein presste die Lippen aufeinander. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass eine eingeschleppte Fieberseuche grassierte und die Leute während der Kornernte dahinraffte. Seine erste Frage betraf daher die Herkunft der Geschwister.
    „Wir sind aus dem Brandenburgischen, Herr, aus dem Oderbruch.“
    „Hat es dort eine Seuche gegeben, als ihr weggegangen seid oder habt ihr unterwegs Kranke gesehen.“
    „Nein, Herr.“
    „Hat dein Bruder schon mal unter Sumpffieber gelitten?“ Stein war nicht medizinisch geschult, doch er wusste, auch Mücken können Fieber auf Menschen übertragen. Sollte es ein solches Fieber sein, war wenigstens die Seuchengefahr gebannt. Diese Art Fieber, so meinte er jedenfalls, verbreite sich nicht über die Luft oder von Mensch zu Mensch.“
    „Nein, Herr.“
    Der Tagelöhner hatte inzwischen seine Lampe auf einen Schemel gestellt und knetete seine Mütze zwischen den Fingern. Franz fiel die Unruhe des Mannes auf.
    „Herr?“ Der blonde Bursche nahm augenscheinlich all seinen Mut zusammen und fragte mit bebenden Lippen: „Muss Adam sterben?“ Er schluckte schwer und sah auf das Häufchen Elend zu seinen Füßen.
    „Dat heff ik nich wüsst, dat man dor von ok dod bliewen künn!“, platzte der Tagelöhner heraus.
    Alle im Raum starrten den alten Mann an.
    „Was?“ Stein machte einen Satz nach vorn und packte ihn beim Kragen. „Was hast du nicht gewusst?“ Drohend schaute er dem Mann ins Gesicht.
    „Na ja ...“, wand sich der Gefragte und schaute sich hilfesuchend nach dem Pastor um.
    „Red schon!“
    „Er, der Bursche da“, der Alte zeigte auf den Jungen im Stroh, „er wollte nicht auf mich hören und da hab ich mir gedacht, er wird schon sehen, was er davon hat.“
    Stein stöhnte und schrie den Mann an: „Sprich nicht in Rätseln, sag endlich, was du mit dem Jungen gemacht hast!“
    „Ich? Ich hab doch nichts gemacht!“, verteidigte sich der Alte empört. „Na ja. Ich dachte, es wird schon nicht so schlimm sein, aber als ich jetzt den Herrn Pastor gesehen habe, da hab ich es doch mit der Angst bekommen.“
    Stein wollte sich schon in ohnmächtiger Wut auf den Mann stürzen, als der Pastor mit seiner salbungsvollen Stimme eingriff.
    „Hans, wo und wie lange hat der Junge gearbeitet?“
    Stein wollte entnervt dazwischenfahren, aber Hans’ Antwort war schneller: „Auf dem Rübenacker, Hochehrwürden, von morgens bis abends. Sechzehn Stunden werden es wohl gewesen sein.“
    „Hat er einen Hut aufgehabt?“
    „Nein, Hochehrwürden.“
    „Und sein Hemd hat er bei der Arbeit auch ausgezogen?“
    „Ja, Hochehrwürden.“
    „Dann ist mir die Sache klar. Der Junge hat einen Hitzschlag, seine Haut ist von der Sonne verbrannt“, schlussfolgerte Warkentin.
    „Heff ik dat nich seggt?“ Verwundert blickte Hans in die Runde. Stein hätte voller Wut auf ihn einschlagen mögen, doch er zog nur scharf die Luft ein. Die Erleichterung über die harmlose Ursache der Erkrankung hielt nur kurz an, Sorge um den Jungen verscheuchte sie.
    „Hans, geh rauf zum Herrenhaus und lass dir alte Laken von den Frauen geben – und du, wie heißt du überhaupt.“ Stein blickte Adams Bruder an.
    „Maximilian Preuß, Herr.“
    „Sehr treffend.“ Stein lachte nervös. „Du gehst zum Brunnen und holst ein paar Eimer Wasser – und Hans, bring noch Essig mit!“
    Man trollte sich. Stein, der es gewohnt war, dass seinen Anweisungen sofort

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