Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
sind. Pah, das Geld verdienen Sie doch mit dem Verkauf von ein paar Scheffeln Korn.“
Der Graf zog die Brauen nachdenklich zusammen. Ach ja, richtig, dachte er, das ist der Herr Zarnekow. Hat mir erzählt, irgendwo in der Mecklenburgischen Schweiz ein Gut gekauft zu haben.
Da Zarnekow kein vormals belehnter Ritter war, musste er auf jeden seiner teuer erworbenen Quadratruten Steuern zahlen. Der Graf erinnerte sich seines Privilegs der Steuerbefreiung auf seine ritterschaftlichen Hufen erst, nachdem er offensichtlich darum beneidet worden war, nannte er doch ein Dutzend sein Eigen, wobei eine jede 185 Hektar zählt.
„So können Sie das nicht sehen, Herr Zarnekow“, wandte der Graf ein. „Außerdem scheint es Ihnen recht gut zu gehen, wo Sie die Sommerfrische hier genießen können und nicht dauernd Ihrem Verwalter auf die Finger gucken müssen. Im vergangenen Krieg hat die Ritterschaft zur Unterstützung der heroischen Aufgabe freiwillig auf die Hälfte der Steuerbefreiung verzichtet und Kriegskontributionen haben wir genauso leisten müssen wie Sie alle.“
Der Graf hatte offenbar dem Großteil der Herrenrunde aus der Seele gesprochen. Er lächelte zufrieden über die breite Zustimmung.
„Womit wir wieder beim Anfang des Staatswesens, bei den Gesetzen wären. Ich wüsste nicht, dass das Auswanderungsverbot für Mecklenburger Landeskinder aufgehoben worden wäre.“
„Wenn es nicht bereits geschehen ist, wird es über kurz oder lang dazu kommen, vorausgesetzt Herr Maltzahns Idee setzt sich erst einmal durch.“
„Da sei Gott vor!“, bekannte jemand inbrünstig.
Und mein Einfluss in der Ritterschaft, dachte Graf Klotz.
Bereits am Morgen hatten der Graf und Borowsky ihre Teilnahme an der Table d’hôte im Salongebäude abgesagt. Solche Rücksichtnahme hatte sich Oberhofkoch Medini ausbedungen. Der Maestro hatte in Doberan die allgemeine Sitte eingeführt, sich gnädigst und rechtzeitig abzumelden, wenn ein Gast seiner Kunst nicht bedurfte.
Nun harrten die Männer in einem Separee des Posthauses auf das Eintreffen Borowskys geheimnisvollen Geschäftspartners.
Der Graf brütete vor sich hin. Das anregende Gespräch im Bade hatte ihn von den beunruhigenden Nachrichten, die ihm sein Sohn Franz überbracht hatte, ablenken können. Die Stille des kleinen Salons taugte dazu nicht und erneut überfielen ihn Schreckensvisionen, die ihm bereits in der vergangenen Nacht den Schlaf geraubt hatten. Trotzdem versuchte er, seine Gedanken auf das Gespräch zu lenken.
„Worin sehen Sie eine Gefahr ...“, fragte er aus seinen Überlegungen heraus.
Borowsky schreckte auf, doch weil sein Begleiter keinen alarmierten Eindruck machte, beruhigte er sich sofort. „Sie beziehen sich auf das Geplauder der Honoratioren, wobei ich mich unverschämterweise einfach einschließe?“
Der Graf lachte. „Wenn Sie nicht dazugehörten, mein lieber Nachbar, wer dann? Wir leben in einer Zeit, in der Geld mehr bedeutet als ein Titel und eine hochwohlgeborene Herkunft.“
„Letztere kann ich glücklicherweise nachweisen“, scherzte Borowsky. „Doch die Herrschaft des Geldes wird nie enden und deshalb sind wir ja auch hier.“ Er zwinkerte verschwörerisch. „Aber ehrlich, Graf, ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass man der Leibeigenschaft etwas Philanthropisches abgewinnen könnte. Ich hoffe für die vielen Betroffenen in Mecklenburg, der Tag der Freiheit wird nicht der Anfang einer allgemeinen Verelendung.“
Der Graf machte eine unwillige Handbewegung, als ob er damit die Vision freier Bauern und Knechte ein für alle Mal auslöschen könne.
„Wenn es nach mir ginge, brauchte sich niemand zu fürchten“, sagte er scharf, „bei mir gäbe es diesen Tag nicht. Damit das Elendsgespenst gar nicht erst auftaucht, wäre es doch für alle Beteiligten am besten, wenn alles so bliebe, wie es ist!“, schlug er vor.
Borowsky lächelte gequält. „Ich habe befürchtet, dass Sie so etwas sagen, Graf. Aber bedenken Sie: Geld regiert die Welt! Der Fortschritt wird sich nicht ewig aufhalten lassen, auch wenn er um Mecklenburg erst einmal einen Bogen schlagen sollte. Wenn es wohlfeiler wird, Maschinen statt Menschen für sich arbeiten zu lassen, dürfen Sie den Anschluss nicht verpassen. Sehen Sie sich Maltzahn an. Der Mann wird vor seinem Entschluss alles gründlich durchkalkuliert haben. Gewiss hat er einen Ochsengöpel oder sogar eine Dampfmaschine und einen mechanischen Dreschkasten angeschafft, die Bestellung der
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