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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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ein, weder dem Grafen noch Borowsky rein zufällig über den Weg zu laufen. Franz hoffte, er finde zuvor Fakten in den Unterlagen, die das untermauerten, was er sich auf dem Weg nach Doberan zurechtgelegt hatte. So folgte er Christian in eines der Flügelgebäude und erklomm wieder die Treppe, die er gestern eiligen Schrittes verlassen hatte. Erleichtert stellte er fest, dass Christians Unterkunft nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zum väterlichen Schlafzimmer lag, somit auch weit genug entfernt war von Trebbows Zimmer.
    „Wie geht es unserem Herrn Rittmeister“, erkundigte er sich vorsichtig.
    „Er sah heute etwas blass und hohlwangig aus. Den Ritt zum Strand ließ er ausfallen. Gegen Mittag hat er nach dir gefragt. Offensichtlich war er sehr zufrieden über deine frühe Abreise.“
    Franz nickte versonnen, genau so hatte er sich das vorgestellt. Obwohl es ihn brennend interessierte, ob der verkaterte Mann um Margitta herumscharwenzelt sei, verkniff er sich die Frage. Es stand zu befürchten, seine auflodernde Eifersucht würde ihn von der Aufgabe ablenken, die vor ihm lag.
    Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und streckte die Beine unter dem Tisch. Unterdessen zog Christian eine Flasche Branntwein hinter seinem Bett hervor und zauberte mit taschenspielerischer Geschicklichkeit zwei Gläser auf den Tisch. Franz grinste. Ihn hatten solche unterhaltsamen Einlagen seines Freundes oft genug fasziniert, nur nach dem Krieg war Christian nicht mehr derselbe junge Mann gewesen, mit dem er gemeinsam erwachsen geworden war. Der Aufenthalt an der See und die Liebe taten Christian augenscheinlich gut. Er hatte sich in einen fröhlichen Menschen zurückverwandelt.
    „Auf Johanna“, prostete Franz augenzwinkernd. „Ich habe tatsächlich geglaubt, ich werde immer eine kleine Schwester behalten, die mich nicht ausstehen kann. Noch habe ich vermutet, sie werde zu einer solchen Schönheit heranreifen.“ Er stürzte den Branntwein hinunter, der es natürlich nicht mit der Qualität des Cognacs aufnehmen konnte, den Seine Königliche Hoheit gestiftet hatte, aber er entzündete ein angenehmes Feuer in seinem Magen. Er starrte das geleerte Glas anerkennend an, wehrte jedoch ab, als Christian nachschenken wollte.
    „Ich muss einen klaren Kopf behalten“, erklärte er. „Später komme ich gern auf dein Angebot zurück. Aber erst muss ich wissen, womit ich es hier zu tun habe.“ Statt sich mit Erklärungen aufzuhalten, hielt er den Aktendeckel hoch.
    „Was ist das?“, fragte Christian interessiert.
    „In wenigen Minuten werden wir es wissen. Es sieht so aus, als gebe es mehrere abgeschlossene Texte.“ Franz schob einen Stapel Papier in Christians Richtung.
    „Hier, damit du dich nicht langweilst“, bemerkte er mit einer einladenden Geste.
    Christian warf einen skeptischen Blick auf die Handschrift. „Französisch ist eigentlich aus der Mode gekommen“, stellte er seufzend fest, als er beim Durchblättern den Umfang der Aufsätze realisierte. Der Text war in einer sorgfältigen, aber sehr kleinen Schrift verfasst worden.
    „Deshalb solltest du deine Kenntnisse in Sprache und Schrift erst recht nicht verkümmern lassen. In Rostock hat man bereits Angst vor dem nächsten Krieg. Es ist also besser, wenn wir nicht aus der Übung kommen“, stellte Franz trocken fest.
    Christian fügte sich und vertiefte sich in die zugedachte Aufgabe. Franz tat das seinige. Eine Weile war nichts weiter als das Rascheln des Papiers zu hören.
    Je weiter sie sich in die Texte hineinarbeiteten, desto öfter warfen sie sich vielsagende Blicke zu. Inzwischen zierten Christians Wangen rote Flecke; für Franz ein untrügliches Zeichen, dass sein Freund aufgeregt war. Doch er war nicht weniger elektrisiert.
    Das, was da so fein säuberlich aufgezeichnet vor ihm lag, war nichts anderes als ein Dossier, ein Dossier für einen Auftraggeber, den ganz bestimmte Dinge interessierten. Ständig mischten sich Goltzows Worte, die das Schicksal des Kopflosen betrafen, in Franz’ Gedanken und er setzte sie ins Verhältnis zu den Fakten, die der Bericht in Hülle und Fülle enthielt.
    „Wo hast du, um Gottes willen, diese Sachen her“, flüsterte Christian. Nachdem er gleich in der ersten Woche mitbekommen hatte, man könne jeden Furz aus den Nachbarzimmern hören, einer der Hausgenossen, mit dem er Wand an Wand den Sommer verlebte, litt wohl unter Blähungen, war es ihm in Fleisch und Blut übergegangen, Geräusche zu vermeiden. Das äußerst sensibel

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