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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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scheinende Thema verpflichtete ihn geradezu, kein Wort nach nebenan oder auf den Flur dringen zu lassen.
    Franz umriss militärisch präzise seine Erlebnisse des frühen Nachmittags und eröffnete Christian, wer seiner Meinung nach in der Goldbank dem vermeintlichen Glück nachjagte.
    „Was haben die Eisenwerke von Merthyr-Tydfil, eine auf eisernen Schienen fahrende Hochdruckdampfmaschine und zerborstene gusseiserne Schienen mit deinem Bruder zu tun?“, fragte Christian leise, dennoch waren aus seiner Stimme Bestürzung wie Verwirrung herauszuhören.
    „Ich hoffe nichts“, erwiderte Franz ebenso leise. „Der Verfasser hielt sich nicht nur in Wales auf.“ Er deutete mit dem Kopf auf die Papiere, die Christian studiert hatte. „Sondern in den Kohlebergwerken und Maschinenbauanstalten bei Darlington, im Norden Englands. Weiß der Himmel, wie der da reingekommen ist. Wollten wir dem Bericht glauben, wird dort seit kurzem eine nützliche Maschine betrieben, die hier als Lokomotive bezeichnet wird. Die fährt auch auf Schienen, zieht gleich mehrere Wagen auf einmal hinter sich her und transportiert so Erze und Kohle. Ich kann mir vorstellen, dass das eine umwälzende Erfindung ist. Ein gewisser George Stephenson, ein Bergbauingenieur, soll sie gebaut haben. Schau, hier sind sogar Skizzen.“
    Er legte einige sehr ins Detail gehende Bleistiftzeichnungen nebeneinander.
    „Und so etwas funktioniert tatsächlich?“, fragte Christian und beugte sich stirnrunzelnd über den Tisch. Er kratzte sich hinter dem Ohr, während er die eigene Frage beantwortete: „In meinem Pamphlet steht, eine Maschine von Mister Trevithick habe bereits vor zwölf Jahren fünf Wagen, beladen mit 20.000 Pfund Eisenerz, von Merthyr-Tydfil nach Aberdare Junction gezogen. Sogar die Schienen hat der ..., der Spion“, er räusperte sich, um die Bedeutung des Wortes wirken zu lassen, „bis in jede Einzelheit beschrieben. Länge, Gewicht, Spurweite und Profil sind hier genau vermerkt. Eines macht mich allerdings stutzig.“
    „Was?“ Franz’ Augen leuchteten erwartungsvoll.
    „Er hier!“ Christian hob die eng beschriebenen Seiten in die Höhe, damit nicht noch einmal der „Spion“ über seine Lippen kommen musste, „wollte Trevithick überreden, lang gehegte Reisepläne zu ändern. Demnach lieferte Trevithick mehrere Dampfpumpen nach Peru, um die dortigen Silberminen rentabler zu machen. Der Mann stand kurz davor, selbst nach Peru aufzubrechen.“
    „Hm, wem käme eine Steigerung der Förderleistungen peruanischer Silberminen zustatten?“, fragte Franz.
    „Dem König von Spanien und seinen Staatsfinanzen vermutlich“, antwortete Christian, ohne lange zu überlegen.
    „Und damit könnte neben Ludwig XVIII. noch ein Bourbone seine Macht festigen“, stellte Franz fest. „Was denkst du? Wem wäre die finanzielle Gesundung Ferdinand VII. ein größerer Dorn im Auge, King Georg oder Kaiser Alexander?“
    „Mr. James Madison!“, erwiderte Christian prompt. Nach seinem Ausruf hielt er sich ärgerlich eine Hand vor den Mund.
    „Dem amerikanischen Präsidenten?“, fragte Franz erstaunt. Er zog die Brauen hoch, doch dann nickte er. „Das ist genial“, sagte er anerkennend. „Nachdem die Briten auf dem nordamerikanischen Festland nur noch Kanada beherrschen und Napoleon das Louisiana-Territorium an die Vereinigten Staaten verkauft hat, weil er seine Eroberungsfeldzüge hat finanzieren müssen, ist die junge Republik von spanischem Besitz umgeben. Außerdem ist die amerikanische Eroberung Kanadas vor kurzem recht kläglich gescheitert, wie wir von unseren englischen Kameraden wissen. In Zukunft wird sich der Landhunger der Amerikaner auf spanischen Besitz konzentrieren.“
    „Denken wir da nicht ein bisschen zu weit“, wandte Christian ein. „Wozu sollte das riesige Territorium nutze sein, es sind doch gar nicht genügend Menschen drüben, um es zu besiedeln. Außerdem habe ich von riesigen Bergen, heißen Wüsten und unendlichen Steppen mit blutrünstigen Wilden darin gehört. Nicht gerade ermutigend für Ackerbau und Viehzucht.“
    „Wer weiß? Vielleicht stehen wir vor einem Zeitalter, in dem Kriege und Seuchen keine Chance mehr haben, die Bevölkerung ganzer Landstriche heimzusuchen und erfolgreich zu dezimieren. Übrigens ich habe mich gegen die Pocken impfen lassen“, warf Franz ein. „Also wenn in Europa die bisher so wirkungsvolle wie makabre Regulierung der Bevölkerungsdichte nicht mehr zum Tragen kommt, wie sollen dann die

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